Liebe auf den ersten Biss
Baseballstadion, leer. Ein Polizeiwagen kam aus der Market Street, streifte sie mit seinem Licht, dann fuhr er am Fähranleger vorbei in Richtung Fisherman's Wharf. Tommy winkte den Cops.
»Ja. Genau hier hab ich gestanden, als meine Uhr losging. Er wog fast eine Tonne. Man hätte mehrere Leute gebraucht, um ihn wegzuschaffen.«
Jody sah auf den Pflastersteinen etwas schimmern und ging in die Hocke, um es aus der Nähe zu betrachten. Irgendwelche Metallspäne. Sie leckte an ihrer Fingerspitze und pickte ein paar gelbliche Krümel auf. »Es sei denn, jemand hätte ihn zersägt.«
»Wer sollte so was tun? Wer würde eine Statue zersägen und die Einzelteile mitnehmen?«
»Ist doch egal. Vielleicht Diebe, vielleicht die Müllabfuhr. Sollte jemand die Figur zersägt haben, gibt es nur zwei Möglichkeiten. Falls es Tag war, wurde Elijah hier draußen in der Sonne gegrillt. War es dunkel, ist er frei.«
»Es war nicht Tag, oder?«
Jody schüttelte den Kopf. »Eher nicht.« Ein paar Meter weiter sah sie ein helles Muster auf dem Pflaster und bückte sich. In den Fugen fand sie feines, gräuliches Pulver. Sie nahm etwas davon zwischen Daumen und Zeigefinger und schüttelte den Kopf. »Ganz sicher nicht.«
»Was? Was ist das?«
Sie wischte ihren Finger an der Jeans ab und griff in ihre Jackentasche. »Tommy, weißt du noch, wie ich dir auf den Kopf zugesagt habe, dass du die Hure nicht leergetrunken hast, weil sie nicht mehr da wäre, wenn du es getan hättest?«
»Jep.«
»Nun, der Grund ist folgender: Wenn ein Vampir jemanden leertrinkt … wenn wir jemanden leertrinken, verwandelt er sich in graues Pulver. Ich kann dir nicht erklären, wieso, aber so sieht es aus. So fühlt es sich an.« Sie deutete auf die Fugen zwischen den Pflastersteinen.
Tommy kniete nieder und berührte das Pulver, blickte auf. »Woher weißt du das?«
»Was meinst du wohl, woher ich es weiß?«
»Wahrscheinlich hast du schon mal jemanden umgebracht.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Nicht viele. Und sie waren krank. Sterbenskrank. In gewisser Hinsicht habe ich ihnen einen Gefallen getan.«
»Ach. Und deshalb fandst du das mit der Nutte auch nicht so schlimm?«
Sie holte ihr Handy aus der Jackentasche, dann hielt sie es hinter ihren Rücken und druckste herum, sah ihre Fußspitzen an wie ein kleines Mädchen, das sich der Frage ausgesetzt sah, wer wohl Mamas Lampe kaputt gemacht haben könnte. »Bist du sauer?«
»Ich bin etwas enttäuscht.«
»Wirklich? Das tut mir leid. An meiner Stelle hättest du es genauso gemacht.«
»Ich bin nur enttäuscht, dass du mir nicht vertraut hast.«
»Du hast dich mit deinem Vampirsein schwergetan. Ich wollte dich nicht belasten.«
»Aber es ging doch nicht um Sex, oder?«
»Absolut nicht. Nur ums Essen.« Sie hielt es nicht für nötig, ihm zu erzählen, dass sie den alten Mann geküsst hatte. Das würde nur alles durcheinanderbringen.
»Na, dann ist es wohl okay. Wenn dir nichts anderes übrig blieb.«
Er stand auf, und sie kam zu ihm gelaufen und küsste ihn. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich bin. Es lag mir schrecklich auf der Seele.«
»Tja, nun …«
»Moment mal.« Sie hielt einen Finger in die Luft und schaltete mit großer Geste ihr Handy ein.
»Willst du deine Mom anrufen und ihr sagen, dass sie recht hatte? Dass du tatsächlich eine Rumtreiberin bist?«
»Ich ruf die Kleine an.«
»Abby?«
»Ja. Ich muss ihr sagen, dass sie sich von unserer Wohnung fernhalten soll. Elijah rückt uns bestimmt bald wieder auf die Pelle.«
Jody betrachtete die kleinen Symbole an ihrem Handy, das auf Netzsuche war. »Aber sie hat doch gesagt, sie kann heute Abend nicht kommen. Weil Weihnachten ist.«
»Ich weiß, dass sie das gesagt hat, aber ich glaube, sie kommt trotzdem.«
»Wieso?«
»Ich glaube, sie steht auf mich. Ich habe sie gestern Abend gebissen.«
»Du hast Abby gebissen?«
»Ich hab's dir doch gesagt. Ich war verletzt. Ich brauchte …«
»Mein Gott, du bist so was von blutgeil.«
»Ich wusste, dass du sauer wirst.«
»Na ja, verdammt … es geht um Abby. Ich bin ihr Dunkler Lord.«
»Guck mal. Eine Nachricht auf meiner Mailbox.«
Elijah Ben Sapir schleuderte den zuckenden, pissesprenkelnden Trunkenbold über die Straße, wo er vom Garagentor der Gießerei abprallte, bis zum Kantstein flog und mit dem Kopf den Außenspiegel eines ordnungswidrig geparkten Mazda abschlug. Der alte Vampir lief breitbeinig, spreizte die Arme ab wie ein billiges Kinomonster, damit
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