Liebe auf den ersten Biss
gehören.«
Und ich so: »Vergiss es, Loser. Deine Haare sind voll platt.« Was stimmte. Er hatte nur einen Stachel ganz vorn, und sein Styling-Gel hatte schon vor Stunden versagt. In seinem Plastikmantel sah er ein bisschen aus wie eine von diesen schwarz lackierten Garderoben, wie man sie in Chinatown sieht, aber das war nicht der wahre Grund, wieso ich ihn nicht zu meinem Dunklen Lord und seiner Gräfin mitnehmen konnte. Es ging einfach nicht. Sie würde bestimmt ausrasten, wenn sie feststellen müsste, dass ich ihre wunderbare Gabe nutze, um mich vor einem Freund wichtigzumachen. Also ich so: »Das ist total geheim.« Aber Jared fing an zu schmollen und brütete gleichzeitig vor sich hin, was er gut hinkriegt, weil er übt, also kam ich mir langsam vor wie ein übelriechendes soupgon aus pürierten Arschlöchern, wie Lautreamont es so treffend formulierte. (Halt's Maul, Lily sagt, auf Französisch klingt es viel romantischer.)
Also habe ich ihn mitgenommen, hab ihm aber gesagt, dass er draußen warten soll, auf der anderen Straßenseite. Aber als wir am Block vom Dunklen Lord um die Ecke kamen, stand da mitten auf der Straße ein Typ im gelben Trainingsanzug. Stand einfach nur da – Kapuze hochgezogen, Kopf gesenkt, als wollte er ewig so stehen bleiben. Und dann drehte er sich ganz langsam zu uns um.
Jared so: »Plapperrapper«, voll in mein Ohr, und kicherte dieses hohe Kleinmädchenkichern, das er manchmal drauf hat und worauf andere Typen hin und wieder voll allergisch reagieren. (Was auch der Grund ist, wieso Jared immer ein langes Messer in seinem Stiefel hat. Er nennt es seinen Wolfszahn. Glücklicherweise stärkt das Ding nicht sein Selbstvertrauen, und Jared ist immer noch ein totaler Schisshase, aber er genießt die Aufmerksamkeit, wenn ihm ein Türsteher das Ding draußen vor dem Club abnimmt.)
Jedenfalls waren meine Vampirsinne wohl irgendwie geschärft, denn ich hab gleich gemerkt, dass das kein normaler Hiphopper sein konnte, der da mitten auf der Straße stand, im Dreihundert-Dollar-Trainingsanzug, am Weihnachtsabend, gegen Mitternacht, also hab ich Jared beim Arm gepackt und ihn wieder um die Ecke gezogen.
Und ich so: »Okay, Alter: Schotten dicht. Brücke hoch. Klappe halten.«
Also linsen wir um die Ecke, diesmal total heimlich, und der Typ in Gelb geht rüber zum Eingang vom Loft, und in dem Moment kommt jemand raus. Es ist der verdreckte, alte Suffkopf mit seinem fetten, rasierten Kater, und er hat sein Ding rausgeholt, als wenn er pinkeln will, worauf ich anblicksmäßig problemlos noch mal sechzehn Jahre hätte verzichten können. Und der Gelbe schüttelt ihn wie eine Lumpenpuppe, reißt seinen Kopf an den Haaren zurück und beißt ihm in den Hals. Und da kann ich sehen, dass es kein Hiphopper ist, sondern irgend so ein faltiger, weißer Vampir. Seine langen Zähne hätte man sogar vom All aus sehen können. Und der Katermann zappelt und schreit und pisst im hohen Bogen alles voll, und ich kann hören, wie der fette Kater hinter der Tür faucht, und Jared greift nach meiner Tasche und zieht mich weg, die Straße runter. Mehr konnte ich also nicht sehen.
Und Jared voll so: »Wow.«
Und ich so: »Yeah.«
Sobald wir ein paar Blocks weit weg waren, hab ich mein Handy gezückt und die Gräfin angerufen, aber bei ihr ging gleich die Mailbox an. Jetzt sitzen wir also in einer Weihnachtssondervorstellung von Nightmare before Christmas im Metreon, trinken eine riesige Cola Light, um unsere Nerven zu beruhigen, und warten auf einen Rückruf von meinem Vampirnest. (Jared hat seinen Inhalator vergessen und keucht, seit wir den Überfall gesehen haben. Es ist so was von peinlich. Die Leute gucken, und ich bin zwei Sitze abgerückt, damit sie nicht denken, ich hol ihm einen runter oder so.) Ich bin ganz benommen vor Angst und bösen Ahnungen, und die Zeit zieht sich hin wie eine nässende Entzündung an einem schlecht gestochenen Augenbrauenpiercing. Also warten wir. Ich wünschte, wir hätten was zu kiffen dabei. Später mehr.
Ach, ja, und Mom hat mir einen grünen Glücksbär zu Weihnachten geschenkt! Voll süß.
»Bist du sicher, dass das hier die Stelle ist, wo du ihn abgestellt hast?« Jody sah sich am Embarcadero um. Weit und breit war kein Mensch zu sehen. Die Stricher und Straßenkünstler waren auch schon lange weg. In der Ferne hörte sie die Bay Bridge summen, ein Nebelhorn muhte drüben in Alameda. Ein Nahverkehrszug rülpste aus einem Tunnel auf die Straße hinaus, Richtung
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