Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
heiteres. Kann meine Anwesenheit dies verursacht haben? Ich dachte, meine Aura verschreckt alle?
„So, so, Miss Robertson. Ich denke, vor Ihnen sollte man sich in Acht nehmen. Ihre Vorstellung an diesem Tag hat mich ganz schön verwirrt. Obwohl ich Sie eigentlich von meinem Grundstück hätte verweisen müssen, habe ich Ihnen tatsächlich eine Anstellung gegeben. Wie ist Ihnen das nur gelungen, mich auf diese Weise breitzuschlagen? Ich konnte meine Entscheidung danach überhaupt nicht mehr nachvollziehen. Aber Sie scheinen mit ihrer Persönlichkeit sehr überzeugende Signale auszusenden. Mir blieb so gesehen gar nichts anderes übrig.“
Er lacht bei seinen letzten Worten. David Barclay kann lachen. Der gefürchtete Choleriker hat auch liebenswerte Seiten. Also kann er doch gar kein so schlechter Mensch sein.
„Sie hatten noch Glück, Mr. Barclay. Normalerweise arbeite ich mit schwarzer Magie. Allerdings gehören Innenhofbesetzungen zu meinen weltlichen Spezialitäten.“
„Verstehe. Dann bin ich für die Zukunft ja gewarnt. Ich hoffe nicht, dass ich mit dieser Magie Bekanntschaft machen muss“, bemerkt er schmunzelnd.
„Keine Angst, meine Zauberkünste benutze ich nur in absoluten Notsituationen.“
„Bei diesen außergewöhnlichen Talenten sollte es sicher kein Problem für Sie sein, einen Augenblick dieses Pferd hier ruhig zu halten, bis ich wieder zurück bin.“
Lächelnd hält er mir die Zügel wieder hin.
„Oh, Mr. Barclay, ich flehe Sie an. Bitte lassen Sie mich nicht mit dem Pferd allein. Irgendwie habe ich kein Händchen für Tiere. Sie mögen mich nicht. Ich weiß auch nicht, woran das liegt, aber immer, wenn ich einem Tier zu nahe komme, reißt es aus. Wenn Sie ihr Pferd für die kommenden Wochen nicht mehr benötigen, dann können Sie jetzt selbstverständlich ruhig gehen. Vielleicht kommt es eines Tages von allein zurück. Bitte tun Sie, was immer Sie tun müssen, aber sagen Sie später nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt.“
Mr. Barclay lacht belustigt. Wer hat mir eigentlich erzählt, er könnte nicht lachen? Vielleicht besitze ich ja doch übernatürliche Kräfte.
„Passen Sie auf, Miss Robertson. Das ist fast so einfach wie Magie.“
Er nimmt meine Hand und legt die Zügel hinein.
„Sie müssen die Zügel nur kürzer halten. So ist es richtig. Jetzt schließen Sie fest Ihre Hand und stellen sich neben das Pferd. Sie müssen sich in die Augen schauen können. Sehen Sie. Ist doch gar nicht so schlimm. Und jetzt schön so stehen bleiben und nicht bewegen, bis ich wieder da bin.“
Langsam schleicht Mr. Barclay davon und dreht sich dabei einige Male kontrollierend nach uns um. Ängstlich schaue ich dem Pferd in das große schwarze Auge. Es spitzt seine Ohren und schaut auf mich herab. Habe ich gerade Freundschaft mit einem Pferd geschlossen? Es scheint mich plötzlich zu akzeptieren. Wie versteinert stehen mein neuer Freund und ich geschlagene zehn Minuten regungslos im Hof und warten, bis ich das erste Mal wage, mit meiner anderen Hand vorsichtig über den Hals des Pferdes zu streichen. Es beugt den Kopf zu mir herab und knabbert an meinem schulterlangen Haar. Ich bin fassungslos. Das muss ich unbedingt meiner Tante berichten. Vielleicht ist mir meine Aura abhanden gekommen.
Nach einer halben Ewigkeit kommt Mr. Barclay endlich zurück.
„Na bitte. Das hat doch wunderbar geklappt. Nur weiter so, Miss Robertson, und Sie haben eine steile Karriere als Pferdeflüsterin vor sich.“
Lachend löst er die Zügel aus meiner verkrampften Hand, schwingt sich auf das Pferd und reitet wieder davon.
Aufgezäumt und abgezügelt
Inzwischen sind zwei Monate vergangen und ich habe mich recht gut eingelebt. Eh ich’s mir versah, hatte ich noch ein paar neue Freundschaften geschlossen. Aber meine wertvollste Freundschaft, die seit Beginn elementaren Bestand hat, ist die zu Charly, David Barclays Pferd. Seit jenem Tag bin ich regelmäßig zu seiner Box getrottet und habe ihn mit Mohrrüben und Äpfeln versorgt. Wenn er mich in den Stall kommen hört, scharrt er aufgeregt an der Holztür seiner Box.
Als ich meiner Tante während unserer regelmäßigen Telefonate von meiner für mich so sonderbaren Freundschaft zu einem Tier berichtete, wusste sie sofort eine Erklärung dafür. Mein Leben nähme eine ungeahnte Wendung. Auf dem Gebiet der Hellseherei ist sie natürlich Expertin. Sie ist eine Hexe. Zwar eine sehr moderne und besenlose, aber sie liest aus Kaffeesätzen, aus Händen,
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