Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
legt Karten und hat ständig Vorahnungen. Das kann mitunter ziemlich nerven, weil sie grundsätzlich alles besser weiß.
George betritt den Stall, gerade als ich Charly wieder einmal mit Leckereien verwöhne.
„Wenn du ihn weiter so mästest, wird er noch zu dick. Ich weiß nicht, ob Mr. Barclay davon so begeistert wäre, wenn er wüsste, dass du sein Pferd überfütterst.“
George ist hier als Vorarbeiter angestellt und er hat die Verantwortung für alle Tiere, die sich auf diesem Hof befinden. Er nimmt seine Aufgabe sehr ernst. Daher kann ich mir nicht sicher sein, ob meine außerplanmäßigen Fütterungen von Charly unter uns bleiben. Veronica übt einen ziemlich großen Druck auf alle Mitarbeiter aus und es ist nicht auszuschließen, dass George ein wenig für sie herumspitzelt. Aus diesem Grund beschließe ich, zukünftig etwas vorsichtiger bei meinen geliebten Fütterungsaktionen vorzugehen. Auf keinen Fall möchte ich mir diese einzigartige Freundschaft mit dem ersten Tier in meinem nunmehr dreiunddreißigjährigen Leben untersagen lassen müssen.
„Nein, keine Angst, ich habe ihm nur eine kleine Möhre gegeben. Mehr nicht. Wollte sowieso gerade gehen“, betone ich und mache mich auf den Weg nach draußen.
„Du hast es gut, kannst jetzt Feierabend machen. Ich hab gleich einen dringenden Termin und nun soll ich Charly für Mr. Barclay satteln, weil Mr. Downey nicht mehr da ist. Oder würdest du vielleicht...?“
Ich?! Ein Pferd aufsatteln?! Weiß ich, wie das geht? Das kann doch eigentlich nicht so schwer sein, oder?
„Ja, klar. Ich mach das schon. Geh nur“, biete ich George freimütig an. „Kein Problem.“
Glaube ich.
„Wirklich? Das ist ja großartig von dir. Vielen Dank. Du hast einen gut bei mir.“
Ich werde dich daran erinnern, falls du mich in Sachen Charly bei Mr. Barclay anschwärzen solltest.
„Ja, ja, nun geh schon, bevor ich es mir anders überlege.“
Kaum habe ich mich umgedreht, ist George auch schon verschwunden. Vielleicht hätte ich ihn wenigstens fragen sollen, wo ich die Ausrüstung für Charly finde? Verlassen und verloren stehe ich nun im Stall und biege mich in alle Richtungen. Dann kommt mir eine wirklich kluge Idee in den Sinn: nämlich in der Sattelkammer nachzusehen. Und tatsächlich, ich werde fündig. Unter Dutzenden von Sätteln finde ich, dank der akribischen Beschriftung, auch Charlys Sattel nebst Zaumzeug und Putzgegenständen. Blindlings werfe ich mir die Zügel über den Kopf, den Sattel über den Arm und angle mir mit der freien Hand den Koffer mit den Putzutensilien. Mühsam schwanke ich mit meiner Last aus der Sattelkammer. Doch plötzlich verfange ich mich mit dem linken Bein im Zügel, dessen einer Teil inzwischen nachlässig von meiner Schulter zu Boden gerutscht ist. Wie eine Schlinge zieht sich der andere Teil des Zügels um meinen Hals zu, denn mein Bein hat sich in den zu Boden hängenden Schlaufen komplett verstrickt, und somit ziehe ich meinen Knoten um den Hals noch fester zu. Ich verliere das Gleichgewicht und falle samt Sattel und Koffer zu Boden. Mein Kopf schlägt auf dem harten Stein auf. Doch das merke ich kaum. Das muss an meinem unverbesserlichen Dickkopf liegen. Denn als wäre nichts gewesen, stehe ich sofort wieder auf und klopfe mir den Staub von meiner Kleidung. Ein kleiner Sturz, na und! Ich werde es doch wohl noch schaffen, ein Pferd aufzuzäumen!
Ein paar Minuten später steht Charly mit gespitzten Ohren in der Stallgasse und lässt sich genüsslich von mir striegeln. Soweit, so gut. Viel falsch machen konnte ich dabei nicht. Aber jetzt kommt der schwierigere Teil. Das Aufsatteln. Wie herum kommt wohl dieses blöde Ding? Ein paar Mal wechsle ich die Stellung des Sattels auf Charlys Rücken. Ich drehe ihn von links nach rechts, schiebe ihn nach vorn, dann wieder weiter nach hinten. Die Zeit vergeht mit angestrengtem Nachdenken. Ich überlege hin und her und schlussendlich schaffe ich es tatsächlich, mich für eine Richtung zu entscheiden. Die meiner Meinung nach optimalste Lösung für die Position des Sattels auf dem Rücken des Pferdes ist zwar etwas abweichend von dem, was ich bisher so gesehen habe, aber es erscheint mir trotzdem irgendwie richtig. Daher ziehe ich optimistisch den Sattelgurt um Charlys Bauch fest zu. Gleichzeitig kontrolliere ich, ob seine Augen aus der Augenhöhle hervorquellen, für den Fall, ich hätte den Gurt zu fest um seinen Bauch gezogen. Dem scheint aber nicht so, daher widme ich mich frohgemut
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