Liebe braucht keine Hexerei (German Edition)
ihren Mann vergossen.
„So, ich denke nun“, fährt Mrs. Barclay unerwartet fort, „dass alles gesagt wurde und wir alle wieder an unsere Arbeit gehen können.“
Doch David schüttelt seinen Kopf und hebt den Arm, um die Leute zurückzuhalten.
„Halt, Mutter, nicht so schnell. Eine Sache ist noch offen.“
Alle schauen sich aufgeregt an und ein hitziges Gemurmel zwischen den Mitarbeitern lässt vermuten, dass David mit seiner Bemerkung voll ins Schwarze getroffen hat.
„Mrs. Robertson, sicher ist es ganz in Ihrem Sinne, und so wie ich die Sache sehe, auch im Sinne der gesamten Belegschaft, wenn ich noch einen Schluck von diesem − Wie nannten Sie ihn doch gleich? − Anti-Agressions-Trank nehme. Ich möchte nur sichergehen, dass diese Sache endgültig vom Tisch ist und niemand mehr auf dumme Gedanken kommt.“
David sieht mich auffordernd an und wartet auf eine Reaktion von mir. Allerdings hindert mich meine Verblüffung daran, etwas darauf zu erwidern. Das kann er doch unmöglich ernst meinen?
„Also bitte, Jennifer“, fordert David mich auf, etwas zu sagen, „wo ist dieses Zeug?“
„Ähm … es ist in deinem Büro. Die Thermoskanne …“, antworte ich zaghaft.
„Na schön“, bemerkt David und schaut nun wieder zu seinen Mitarbeitern. „George, bitte seien Sie doch so freundlich und holen Sie die besagte Kanne aus meinem Büro. Und bitte beeilen Sie sich.“
„Wird gemacht!“, erwidert George und macht sich eilig auf den Weg.
Es wirkt beinahe so, als mache sich große Erleichterung unter den Angestellten breit. Beschwingt reden sie leise miteinander und einige von ihnen reiben sich die Hände oder machen befreite Gesten. Auch Mrs. Barclay und meine Tante stehen erwartungsvoll da und tuscheln miteinander.
Ich schaue David an, dessen Blick bereits die ganze Zeit auf mir ruht.
„Das habe ich niemals verlangt. Du weißt das“, flüstere ich ihm leise zu.
„Sicher doch“, antwortet er und macht einen Schritt auf mich zu, um mir die Arme um die Hüften zu legen. „Aber es ist die einzige Möglichkeit, um diesem Spuk endlich ein Ende zu setzen. Deine Tante wird niemals Ruhe geben und die Belegschaft sicherlich auch nicht. Und selbst meine Mutter scheint zu glauben, dass nur dieser Zaubertrank mich heilt.“ David grinst bei diesen Worten und zieht mich näher zu sich heran. Mir fällt gar nicht auf, dass sämtliche Aufmerksamkeit in diesem Gebäude sich inzwischen auf uns beide richtet. „Dabei kann man meine Krankheit gar nicht heilen, denn ich bin einfach nur liebeskrank.“
„Dann solltest du besser nichts von diesem Gebräu nehmen“, gebe ich zu bedenken, „denn es verstärkt deine Gefühle nur noch mehr.“
„Falls das möglich ist, dann soll es so sein“, erwidert er mit einem breiten Grinsen.
George kommt atemlos in den Stall zurück.
„Hier ist die Kanne!“, ruft er begeistert und hält sie in die Höhe. Alle blicken andächtig auf sie, als wäre sie der Heilige Gral. Fehlt nur noch, dass sie zu leuchten beginnt. Doch bevor ich mich möglichen Halluzinationen hingeben kann, wird mir die Thermoskanne von George überreicht. Ich beginne, den Schraubverschluss zu öffnen und registriere, dass es plötzlich totenstill im Stall ist. Nur Charly schnauft genüsslich ins Heu, das er bis eben noch ununterbrochen gefressen hat. Aber auf einmal schaut auch er hoch und lässt von seinem Futter ab, als wüsste er, dass nun etwas ganz Entscheidendes passiert. Jetzt, wo sich alle Blicke auf mich richten, merke ich, dass meine Hände zu zittern beginnen. Diese ungewollte Aufmerksamkeit macht mich ganz nervös. Auch bin ich mir nicht sicher, ob ich David mit dieser Mixtour vergifte. Kann ich meiner Tante hier vertrauen?
„David, wir müssen das nicht machen“, sage ich und hoffe, ihn davon wieder abbringen zu können.
„Doch, das müssen wir“, antwortet David leichtsinnigerweise und hält mir den Becher der Kanne hin, den ich ihm zuvor in die Hand gedrückt habe. Langsam befülle ich das kleine Blechgefäß und achte sorgsam darauf, dass ich dabei nicht zu sehr zittere. Allerdings gelingt es mir nur mäßig, meine Aufregung unter Kontrolle zu halten. Der Geruch der warmen Flüssigkeit steigt mir in die Nase. Es riecht nach faulen Eiern. Mein Gott, was ist das für eine Giftmischung?
„Das reicht schon, Rosinchen“, ruft meine Tante von Weitem, als könne sie von dort etwas erkennen. Aber wahrscheinlich hat sie ihr zweites Paar Augen über uns an die Decke geheftet. Denn
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