Liebe braucht keinen Ort
unterbevölkert ist. Sie brauchen Leute, Familien, viele Kinder. Wir könnten uns dort ein Leben aufbauen.«
»Nein, das könnten wir nicht.«
»Warum nicht?«
»Weil es kein Omura gibt! Das war es, was ich dir sagen muss, Liza. Die ganze Sache ist eine einzige Lüge.«
Damit traf er sie völlig unvorbereitet. »Ich … ich verstehe nicht recht. Es ist doch auf allen Landkarten unserer Galaxie verzeichnet. Ich habe es selbst gesehen.«
»Ja, der Planet, den ihr Gliese 581 C nennt, existiert wirklich, aber soweit man weiß, gibt es dort kein Leben. Wir haben ihn uns nur als einen plausiblen Ort ausgesucht. Omura und alles, was darüber bekannt ist, wurde von A bis Z erfunden.«
»Ich verstehe immer noch nicht«, sagte Liza. »Aber ich weiß, dass wir füreinander bestimmt sind, und wenn du nicht hierbleiben kannst, dann komme ich mit dir mit, wenn sie dich wieder nach Hause schicken, wo immer das auch sein mag.«
»Du kannst nicht mit mir gehen, Liza«, antwortete er. »Du kannst es nicht, weil du schon da bist. Die Außerirdischen – ich, Mia, wir alle –, wir sind überhaupt keine Außerirdischen. Wir sind Zeitreisende aus der Zukunft. Wir kommen von dieser Erde!«
Sie schwieg sehr lange. Er beobachtete, wie die Verwirrung sie ergriff, während sie zu verstehen versuchte, was er ihr gerade erzählt hatte. Schließlich schaute sie zu ihm auf. »Wenn du von der Erde bist, wieso musst du dann hier bei uns Kunst und Literatur studieren? Oder stimmt das auch nicht?«
»Nein, das ist wahr. Wir kopieren alles systematisch und schicken so viel zurück, wie wir nur irgend können.«
»Warum?«
Er packte sie an den Schultern und starrte ihr unverwandt in die Augen. »Wenn ich es dir sage, Liza, dann musst du mir versprechen, es niemandem zu erzählen. Nicht deiner Familie, nichtdeinen Freunden, auch nicht dem Major, niemandem. Es ist ein furchtbares Versprechen. Du wirst mich dafür hassen, dass ich es dir abverlange, aber ich habe keine andere Wahl.«
Sie lehnte sich an ihn und spürte, wie seine Arme sie umfingen. »Nichts könnte mich dazu bringen, dich zu hassen. David. Ich verspreche dir, das Geheimnis für mich zu behalten, was immer es ist.«
»Wir kopieren das alles, weil es bald einen katastrophalen Meteoriteneinschlag geben wird. Beinahe alles wird dabei zerstört werden, und was nicht zerstört werden wird, wird nie wieder so sein wie zuvor. Wenn man es so sieht, komme ich wirklich von einem völlig anderen Planeten. Ich bin auf der Erde geboren, aber 1500 Jahre in der Zukunft.«
Liza schloss die Augen. Zum ersten Mal spürte sie keine Wand der Zurückhaltung mehr zwischen sich und David. Seine Seele floss so frei in die ihre wie Wasser ins Meer.
»Wie lange noch?«, fragte sie. »Wie lange noch, bis der Meteorit einschlägt?«
»Wir wissen es nicht genau. Die Zeit ist nicht so zuverlässig, wie man meint. Irgendwann, noch zu deinen Lebzeiten.«
Jetzt verstand sie, warum seine Gefühle ihn immer in zwei Richtungen zu zerren schienen. Aber dieses Verständnis hatte sie einen schrecklichen Preis gekostet. Nun spürte sie die schwere Bürde des Wissens, dass ihre Welt zerstört würde. Sie wusste es und konnte nichts dagegen tun.
»Aber du musst doch wissen, wann der Meteorit einschlägt«, sagte sie.
David runzelte die Stirn. »Nein, wir wissen es nicht sicher. Es ist sehr schwierig, ein Ereignis genau auf eine bestimmte Zeit festzulegen. Als der Meteorit aufschlug, hat er alles bestehende Wissen gelöscht. Unsere Computer können ihre Berechnungennur auf Grundlage der Daten machen, die wir seither gesammelt haben. Wir haben ungeheure Informationslücken.«
Liza klammerte sich fest an ihn. »Ich möchte immer noch mit dir mitgehen«, sagte sie. Sie erinnerte sich an all die geflüsterten Berichte über diejenigen, die Beziehungen zu Außerirdischen gehabt hatten und verschwunden waren. »Sie haben auch andere in die Zukunft reisen lassen, oder?«
»Ja.«
»Dann machen wir das auch.«
»So einfach ist das nicht, Liza.«
»Wie meinst du das?«
»Der Zeitsprung ist zu groß. Die meisten Auswanderer können sich nicht an ihr neues Leben anpassen. Sie bekommen dann bei uns oft Probleme mit Alkohol und Drogen. Ganz zu schweigen von Selbstmord und Arbeitslosigkeit.« Er schaute ihr angespannt ins Gesicht. »Wie könnte ich es zulassen, dass du dieses Risiko eingehst?«
Sie sah den Schmerz in seinen Augen, die Zerrissenheit, die sie von Anfang an gespürt hatte. »Das wird uns nicht
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