Liebe braucht keinen Ort
Sie nicht mitmachen wollen.«
Liza, David, der Polizist und der Ballonfahrer, der versprochen hatte, mit ihnen aufzusteigen, schauten einander an.
»Ich bin die Einzige, die diesen Ballon identifizieren kann«, sagte Liza zu David, »aber du musst nicht mitgehen. Bleib hier und warte auf mich, mir wird schon nichts passieren.«
David nahm ihre Hand. »Ich lass dich nicht allein.«
Schließlich sagte der Ballonfahrer: »Also dann, auf geht’s!«
Obwohl der Ballon mit Luftdüsen und einem modernen Steuermechanismus ausgerüstet war, stiegen sie unerträglich langsam auf. Liza versuchte unterdessen, von oben in die Gondeln der am Boden verbliebenen Ballons zu spähen. Saß Rani in einer davon? Es war keine Zeit mehr geblieben, um das herauszufinden. Jede verlorene Minute brachte sie und Hunderte von Menschen auf dem Jahrmarkt dem Tod ein Stück näher.
Als der Ballon endlich zur Oberkante der Klippe aufgestiegenwar, konnten sie sechs andere Ballons ausmachen. Zwei hatte Liza schon beobachtet und ausgeschlossen. Vier blieben noch übrig. Sie reichte David ihr Telefon. Der gab die Anweisungen des Majors an die anderen weiter. Liza schloss die Augen und versuchte, den Kopf frei zu bekommen. Wieder sah sie den Ballon aus ihren Träumen, seine leuchtenden Farben und das komplizierte Muster. Als sie die Augen wieder aufschlug, hatte der Fahrer sie viel näher an die anderen Ballons hinmanövriert. Liza wusste sofort, welcher Ballon es war. Sie wusste auch, dass es der war, in dem Rani mitfuhr, denn selbst auf diese Entfernung konnte sie ein Ende des safrangelben Saris im Wind flattern sehen.
O Rani, warum konntest du nicht diesmal, nur dieses eine Mal, das Angebot eines aufregenden Jungen ablehnen, dich auf eine spannende Fahrt mitzunehmen?
Stumm streckte Liza die Hand nach der Kante der Gondel aus und umklammerte das Geländer, um wieder ins Gleichgewicht zu kommen.
Der Plan des Majors sah vor, dass der Fahrer ihren Ballon zwischen den des Anarchisten und die Menschenmenge am Boden manövrieren sollte, um dann den Anarchisten zu zwingen, auf einen unbewohnten Landstrich auszuweichen. Bis der Fahrer das geschafft hatte, war es Major Dawson gelungen, Informationen über die Reichweite des Dienstgewehrs aufzurufen, das der Polizist bei sich trug, sowie ein Diagramm eines Ballons zu schicken, der dem ähnelte, in dem sich Rani und der Anarchist befanden.
Sie waren nun nah genug herangekommen und konnten Rani und den jungen Mann erkennen, den sie Etienne genannt hatte. Etienne konnte es mit ihrem eigenen Piloten nicht aufnehmen, der es mit Leichtigkeit schaffte, in Schussweite zu kommen. Liza hatte sich gezwungen, nicht zuzuhören, als David die Einzelheiten zum Plan des Majors weitergab und dem Polizisten erklärte,wohin er schießen sollte, damit der Ballon rasch zu Boden stürzte, ohne dass der Anarchist die Gelegenheit bekam, die biochemischen Sporen freizulassen oder zurückzufeuern.
»Er ist jetzt sehr nah am Meer«, informierte David den Major gerade.
»Dann folgt ihm schnell und schießt«, wies der Major sie an. »Wenn er seine Bombe über dem Wasser zündet, bekommen wir es mit einer ökologischen Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes zu tun.«
Liza zitterte am ganzen Leib. Es war eiskalt hier oben. Als sie den Polizisten anschaute, bemerkte sie, dass ihm der Angstschweiß auf der Stirn stand. Er war noch jung, nicht viel älter als David, und er hatte offensichtlich nicht vorgehabt, die Dienstwaffe innerhalb seiner Berufslaufbahn je abzufeuern.
»Okay«, sagte der Ballonfahrer, »in etwa einer Minute sind wir in Position.«
Die Stille war unerträglich. Als sie schon beinahe da waren, erstarrte der Polizist. »Bist du sicher, dass es der richtige Ballon ist?«, fragte er Liza. »Ich kann nicht – ich werde nicht – schießen, ohne dass du es sagst.«
Sie musste ihm das Startsignal geben. Sie wusste, dass sie es tun musste, aber sobald sie es machte, wäre Ranis Leben zu Ende. Sie schaute zur anderen Gondel hinüber. Sie waren so nah, dass sie und Rani einander in die Augen blicken konnten. Die Intensität ihrer Gefühle bildete eine Brücke für alles, was in ihren beiden Herzen war. Liza spürte Ranis Gedanken so stark, als wären es ihre eigenen.
Wieder der verkehrte Junge. Meine Schuld, Liza. Nicht deine.
Rani wandte ihren Blick nicht ab, sie küsste ihre Fingerspitzen und tippte dann damit auf ihr Herz.
Liza spürte ein ungeheures Beben, als hätte Rani ihr mit diesereinen Geste ihre ganze
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