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Liebe bringt die höchsten Zinsen

Liebe bringt die höchsten Zinsen

Titel: Liebe bringt die höchsten Zinsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon F. Freiheit
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bröckelte ab, ein Regenrohr hing halb verrostet herunter. Auf der Metalltreppe zum Eingang fehlte eine Stufe.

       Stefanie stoppte ihren geliehenen schwarzen Golf, stieg aus und ging auf die Rezeption zu. Die Tür war verschlossen, ihr Klopfen blieb ohne Resonanz.
       Hinter einem der Wohnwagen hörte Stefanie Stimmengewirr. Sie ging darauf zu – und war im Nu von einer Gruppe nackter Menschen umringt. Fröhlich begrüßte der Trupp den „Neuankömmling."
       Verlegen fragte Stefanie: „Wo finde ich Frau Schumann?"
       Statt einer Antwort feixte einer der Nackten lautstark: „Ausziehen!"
       Die anderen stimmten im Chor mit ein; ihr unmissverständlicher Refrain schallte über den Platz.
       Eine ältere Nudistin stoppte schließlich die Albernheiten und wies auf den Wohnwagen neben der Rezeptionshütte. „Fragen Sie da drin nach. Die Kathi kann Ihnen weiterhelfen."

    Verstört betätigte Stefanie eine verrostete Glocke am Eingang zum Wohnmobil. Die Tür öffnete sich einen spaltbreit und heraus schaute eine Frau mit nassen blonden Haaren. Ihr Körper war nackt, ihr Gesicht als Clownmaske bemalt. Ihre Augen blickten erstaunt auf die Besucherin.
       Die Frau bemerkte auch Stefanies irritierten Blick. Sie deutete auf ihr Gesicht: „Moin, moin. Habe gleich 'nen großen Auftritt: Kindergeburtstag, unten am Wasser..."

       Stefanie war unsicher, ob sie an der richtigen Adresse gelandet war: „Ist das wirklich der ‚Lindendeich'?"
       „Wollen Sie in diesem Aufzug einziehen?"
       „Was haben Sie gegen mein Kostüm?"
       „Wir haben einen anderen Dresscode - hier trägt man eher Sonnencreme...", sagte die Rezeptionistin und strahlte Stefanie so unbeschwert an, dass diese nicht anders konnte, als ihr Lachen zu erwidern.
       „Dann leg ich mal die Jacke ab – meinen Sie das reicht?"
       „Fürs Erste schon. Womit kann ich dienen?"
       Bevor Stefanie antworten konnte, fügte die Frau im Türrahmen bedauernd hinzu: „Wenn Sie einen Platz für ihr Zelt suchen: Wir sind leider völlig ausgebucht."
       Das Gesicht der Frau kam Stefanie trotz der Bemalung bekannt vor. Sie konnte sich jedoch nicht daran erinnern, die andere jemals kennengelernt zu haben.
       „Ich bin auf der Suche nach Sabine Schumann."
       Die andere verblüfft: „Was wollen Sie von ihr?"
       „Es ist privat."
       „Wenn Sie nicht vom Finanzamt sind, dürfen Sie rein. Moment noch!"

       Sie zog sich einen Bademantel über, öffnete die Tür. Mit einer einladenden Handbewegung bat sie Stefanie in den Wohnwagen – und stutzte: „Sind wir uns irgendwann schon mal begegnet?"
       Stefanie verneinte: „Nicht, dass ich wüsste."

       Der Raum war eng und unaufgeräumt. Am Kopfende in einer Ecke lehnte ein Surfbrett mit den Initialen „KS", in einem Regal waren Siegerpokale aufgereiht. „Die hab ich mit Karate gewonnen." Auf dem Tisch lagen zahlreiche Perücken, im Regal Schminkutensilien.
       Auf einem Blumenständer ganz hinten in einer Ecke stand eine Vase mit goldverziertem Deckel; darauf festgeschraubt die metallene Miniatur eines Adlers mit ausgebreiteten Schwingen.
       „Also, was wollen Sie - von meiner Mutter?"
       „Sie...sie ist Ihre Mutter...?"
       „Wo liegt das Problem?"
       „Sie ist wohl auch...", Stefanie zögerte, „...sie ist wohl auch meine Mutter."
       „Wie bitte?"
       Stefanie öffnete ihre Handtasche und nestelte den Brief ihres Vaters heraus. Wortlos suchte sie das Blatt mit dem Hinweis auf ihre Mutter und reichte es weiter. Die Frau mit der Maske las und unterbrach immer wieder, um Stefanie ungläubig anzustarren. Sie gab ihr den Brief zurück, schüttelte den Kopf:
       „Dann müssten wir ja Geschwister sein?"
       Stefanie: „Ich glaube, ich muss mich setzen."
       Die Frau: „Ich glaub' ich muss meinen Auftritt absagen."
       Es entstand eine peinliche Stille.
       Stefanie versuchte die Situation retten: „Wo ist Sabine...ich meine: Wo ist - unsere Mutter?"
       Die Rezeptionistin deutete wortlos auf die Vase mit den Schwingen. Stefanie verstand nicht: „Wie meinen Sie das?"
       „Da drin. Da drin ist Mama."
       „In dieser Urne?"
       „Spricht 'was dagegen?"
       „Nein, nein. Ich meine nur... war sie sehr krank?"
       „Überhaupt nicht! Sie hatte mich zu einem Karatewettkampf nach Holland begleitet. Als wir eine Straße in Amsterdam überquerten..." Die Frau von der Ostsee

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