Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe bringt die höchsten Zinsen

Liebe bringt die höchsten Zinsen

Titel: Liebe bringt die höchsten Zinsen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Egon F. Freiheit
Vom Netzwerk:
zog es über ihren Kopf und hängte es über die geöffnete Autotür. Dann griff sie nach ihrem frisch gereinigten, trockenen Kostümrock.

       Ihre Gedanken kreisten um die Ereignisse der letzten 24 Stunden: Der Tag war schlecht gelaufen für sie. Zuerst der Schock am Krka-See, jetzt die ungewollte Dusche aus den Wolken...
       Und hatte nicht Daniel soeben auch noch einen unerlaubten und unverschämten Blick auf ihren halb entkleideten Körper geworfen?
       „Starren Sie mich nicht so an. Höher, Sie Voyeur!"
       Daniel riss die Jacke übertrieben weit hoch, so dass er Stefanie nicht mehr sehen konnte - aber auch nicht die japanische Reisegruppe, die hinter ihrem Rücken einem Bus entstieg. Die Touristen hatten in ihrem Fahrzeug das Ende des Wolkenbruchs abgewartet. Amüsiert betrachteten sie jetzt die Szene und zückten begeistert ihre Fotoapparate: Ein seltenes Motiv – diese blonde Frau, die sich auf einem Parkplatz bis auf die Unterwäsche vor ihnen umzog und ihnen ihren weitgehend nackten Rücken zukehrte.
       „Kroatien ist berühmt für seine Freikörperkultur", verriet der japanische Reiseleiter schmunzelnd seiner Gruppe; „in Europa ist sowieso vieles anders."
       Stefanie hörte erst jetzt das Klicken der Kameras und die Kommentare der Fotografen. Erstarrt drehte sie sich in Zeitlupe herum - und sah die freundlich lächelnden Asiaten. Entsetzt riss sie ihren Kostümrock, in den sie gerade gestiegen war, über Knie und Hüfte in die Höhe.
       Wütend zischte sie Daniel an: „Wirtschaftsjournalist! Da kann ich nur lachen. Zu blöd, eine Jacke richtig zu halten!"

50. Ein Schock zerstört die letzte Hoffnung

       Empört und trotzig stapfte sie voran zum Gebäude der Stadtloggia von Sibenik, dem Bürgermeisteramt. Hier würde sie endgültige Gewissheit über das Bauprojekt erlangen. Vielleicht war es doch kein Luftschloss, hoffte sie – als könnte das Unabwendbare noch aufgehalten werden.

       Für alle Grundstücksfragen, im Ort wie auf den vorgelagerten Inseln des Verwaltungsbereichs, war im Büro des Bürgermeisters Frau Agata Vesna zuständig. Sie prüfte Anträge, forderte Änderungen ein und erteilte Baugenehmigungen – wenn alle Auflagen erfüllt waren.
       Die Beamtin war noch in ein anderes Gespräch vertieft; die Neuankömmlinge mussten warten. Vor ihnen an der Wand prangte eine Karte mit Abbildungen der Naturparks und der besonderen Baudenkmäler des Landes.

    ***

       Kroatien ist ein kleiner Staat mit rund viereinhalb Millionen Einwohnern. Er beherbergt 23 Naturschutzgebiete. Drei davon stehen als Weltkulturerbe unter dem Schutz der UNESCO. Die Landschaft ist weitgehend karg, der Wohlstand abhängig vom Tourismus.

       „Im Dezember 2011 ließen die Kroaten die Sektkorken knallen, als in Brüssel der Beitritt Kroatiens zur Europäischen Union für 2013 erklärt wurde", erinnerte Daniel „als 28. Staat. Das versprach noch mehr Touristen und mehr Wohlstand."
       Stefanie zuckte zweifelnd die Achseln: „Da kann man nur hoffen, dass Nr. 28 kein zweites Griechenland wird. Bei all den Schutzsuchenden wird's bald zu eng unter dem EuroRettungsschirm."
       Daniel musste lachen. „Natürlich haben einige auf reichhaltige Subventionen aus Brüssel spekuliert, die das Land über Nacht verändern würden. Doch im Grunde sind wir Kroaten eher traditionsbewusst und heimatorientiert. Wir lieben unser Land, so wie es ist. Nichts kann unsere Überzeugung besser beschreiben als die erste Strophe unserer Nationalhymne."
       „Und die wäre?"
        „Unser schönes Heimatland,
        heldenhaftes liebes Land,
        alten Ruhmes Vätererbe,
        ewig sollst du glücklich sein."

    ***

       Frau Vesna war von kräftiger Figur, ihr Haar war silbern und hochgesteckt. Ihre Augen blickten prüfend und hellwach. Sie war, nach fast 20 Jahren in dieser Funktion, erfahrener als alle Bürgermeister von Sibenik zusammen.
       Der altgedienten Beamtin eilte zudem der Ruf absoluter Unbestechlichkeit voraus. So war es Sibenik in den vergangenen Jahren gelungen, Glücksritter und Spekulanten fern zu halten und insbesondere die Inseln in den Naturparks und die vielen anderen Schutzgebiete und Weltkulturerben der Region zu bewahren.
       Frau Vesna bot den beiden Stühle an. Daniel redete mit der Beamtin in seiner Muttersprache und übersetzte für Stefanie die Dialoge mit der Baureferentin.
       Zweimal stellte er die Frage nach dem Baugelände und nach einer

Weitere Kostenlose Bücher