Liebe bringt die höchsten Zinsen
ursprünglich in ungezählten Terrassen auf einem 70 Meter hohen Kalkfelsen entstanden ist. Eine Architektur aus verschiedenen Jahrhunderten: mit imposanten Festungsmauern und altehrwürdigen Kirchen, mit malerischen Plätzen und prächtigen Palästen.
„Die Straßen und Bauwerke spiegeln die Geschichte dieser Stadt wieder", erläuterte Daniel, „die Einwohner von Sibenik waren seit jeher mutig und kämpferisch. Sie haben viele Belagerungen und Angriffe überstanden. Sogar eine türkische Eroberung konnten sie verhindern - eine Besetzung durch die Italiener nach dem Ersten Weltkrieg aber nicht."
Er zögerte: „Und jetzt ist erneut ein Besatzer im Anmarsch, dieses Mal aus Mailand. Und den kann auch die doppelte Stadtmauer nicht abhalten..."
Stefanie stellte sich vor, wie Silvio durch das Tor der alten Stadtmauer schritt. Je länger sie darüber nachdachte, desto wütender wurde sie.
Daniel steuerte sein Fahrzeug in die Altstadt von Sibenik und parkte auf einem großen Platz unweit der St.-JacobsKathedrale.
Erste Wolken zogen auf und schwebten drohend am Himmel. Das Wetter hatte gedreht, als wollte es Stefanies Stimmung entsprechen. Vorsorglich spannte Daniel das Verdeck über sein Cabrio. Er griff nach dem Flyer mit der Werbung für das angebliche Bauvorhaben und steckte ihn ein.
Die Wolken wurden dunkler und dichter. Sie begleiteten die beiden auf dem Weg zum Bürgermeisteramt.
Mit einem mehr als mulmigen Gefühl lief Stefanie schweigend neben Daniel her. Sie war angespannt und wütend auf sich selbst: Wie konnte ich nur auf solch einen Typen wie Silvio hereinfallen? Wieso hab' ich mich blenden lassen? Was war ich doch für ein naives und dummes Wesen – so blöd kann man nur einmal im Leben sein... Und für ein Scheinresort sollen wir auch noch Millionen zahlen! Das ist doch alles nicht zu fassen.
Ganz plötzlich öffnete der Himmel alle Schleusen: Ein Wolkenbruch ergoss sich über Sibenik - so schlagartig und so heftig, wie Stefanie es noch nie erlebt hatte. Der Regen drang durch den dünnen Stoff ihres Trachtenkleids und eroberte mit seiner ersten Angriffswelle alle Falten und Nähte.
Sie hasteten unter die Markise eines Buchgeschäfts. Vor ihnen trotzte die Jahrhunderte alte Kathedrale dem Unwetter. Das Nordportal mit den steinernen Löwen und Säulendarstellungen von Adam und Eva stand offen und lud sie ein zum Schutz vor den Unbilden des Wetters.
„Nichts wie rein..."
Völlig durchnässt sprangen beide in das imposante Gotteshaus.
Stefanies Blick wanderte über die Seitenaltäre in die Höhe: Über ihnen spannte sich das berühmte Tonnengewölbe.
Daniel wies auf die besondere Kunst der Baumeister hin: „Seine Marmorplatten greifen so geschickt ineinander, dass das Deckengewölbe völlig ohne Mörtel oder andere Verbindungen auskommt."
Sie vergaß für einen Augenblick ihre nasse Kleidung. „Wenn man bedenkt, dass Architekten dies alles schon vor rund 600 Jahren ersonnen und gebaut haben..."
Überwältigt von der Schönheit der Kathedrale stand sie bewegungslos am Rande eines der drei Kirchenschiffe. Daniel war dicht an sie herangetreten. Minutenlang ließen sie die ungewöhnliche Architektur der Renaissance-Kirche auf sich wirken.
Daniel flüsterte Stefanie ins Ohr: „Ein Ort, um zu heiraten."
„Kann ich mir kaum vorstellen."
Der romantische Moment war vorbei. Der Mann an ihrer Seite resignierte.
Die Bankerbin blickte auf ihr nasses Trachtenkleid hinunter. „So kann ich unmöglich zum Bürgermeister."
„Willst du in ein Hotel und dich schnell umziehen?"
„Was für'n Quatsch."
Der Wolkenbruch war so schnell vorüber, wie er gekommen war. Stefanie stürmte aus der Kirche zum Auto, dicht gefolgt von Daniel. „Gib mir bitte den Schlüssel..."
Von der Rückbank fischte sie ihr gereinigtes Kostüm heraus und reichte Daniel die trockene Jacke: „Halten Sie! Aber so, dass mich niemand sieht."
Daniel wunderte sich, dass sie ihn auf einmal wieder mit „Sie" anredete. Aber so ist sie nun einmal, sagte er sich. Und die Enttäuschung über den Betrug kann sie offensichtlich nicht allein bewältigen; die lässt sie jetzt an mir aus. Was soll's, sie hat es schwer genug.
Kopfschüttelnd breitete er die Jacke als Sichtschutz vor ihr aus. Stefanie begann, sich auf dem Parkplatz umzuziehen. Vorsichtig krempelte sie ihr nasses Dirndl hoch. Sie
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