Liebe die bleibt
angedeuteten Diener. „Bitte Fräulein Leila, nehmen Sie Platz… Ich darf Sie doch so nennen?“
Ich sage nichts und setze mich etwas ratlos auf den mit Samt überzogenen Biedermeierstuhl.
„Darf ich Ihnen ein kleines Eierlikörchen anbieten, meine Gnädigste?“
„ Ja, sehr gern… aber bitte nur einen kleinen…“
Herr Finkenhuber zwinkert mir spitzbübisch zu und rückt nun endlich mit der Sprache heraus.
„Sie sind mir sehr sympathisch Fräulein Leila… das muss ich schon sagen…“
Ich nicke aufgeschlossen, begradige meinen Rücken und warte auf weitere Details.
„Eigentlich suche ich ein Zimmermädchen… keine gewöhnliche Putzfrau… Sie verstehen?“
„Nein“, sage ich bedauernd.
„Ich zahle Ihnen hundert Euro die Stunde…“ Der Herr Kommerzialrat blickt mich lauernd an.
„Das klingt, als wäre an ihrem Angebot eine Bedingung geknüpft“, erwidere ich unbeeindruckt, obwohl ich mich gedanklich bereits auf der Flucht befinde.
Herr Finkenhuber steht auf und holt aus einer antiquierten Kommode ein Gewand hervor, das sich bei genauerem Hinsehen als Zimmermädchentracht entpuppt.
„Das ist die Bedingung“, sagt er. „Ich möchte, dass Sie diese Tracht bei Ihrer Arbeit tragen… und ich würde Sie gern bei Ihrer Arbeit beobachten… wobei ich anmerken möchte, dass es sich bei Ihrer Arbeit um leichtere Tätigkeiten handelt. Staub wischen, Tee servieren, Kleider bügeln , Blumen gießen, mich mit Ihrer Anwesenheit beglücken, und das einmal die Woche jeweils eine Stunde lang… Sie brauchen keine Angst zu haben, dass ich Ihnen gegenüber zudringlich werde, das liegt nicht in meinem Interesse. Ich gebe Ihnen das Ehrenwort eines Ehrenmannes.“
Das ist ja schon beinahe die halbe Miete, sinniere ich.
„Darf ich das Kleid einmal anprobieren?“
Herr Kommerzialrat ist hocherfreut und zeigt mir das Badezimmer.
„Die Rüschenschürze und das Häubchen muss ich noch mal nachbügeln, aber Bluse und Rock passen perfekt… oder haben Sie noch etwas zu bemängeln?“, erkundige ich mich scheinheilig, als ich mich Herrn Finkenhuber präsentiere, mir dabei betulich über meinen schwarzen knielangen Rock streiche und das Material der gestärkten Bluse lobpreise.
„Sie sehen entzückend aus, Fräulein Leila, das Gewand steht Ihnen vorzüglich!“
Ja, das finde ich auch, für 400 Euro im Monat kann man das tragen, denke ich einsichtig.
Ich vereinbare mit Herr Kommerzialrat, dass ich jeweils am Mittwochabend um 18.00 Uhr bei ihm erscheine und mein Tagwerk im gewünschten Ornat verrichte.
Beschwingt trete ich den Heimweg an. Es ist bereits spät, aber noch nicht spät genug, um meine anstehenden Besorgungen für Herrn Seidel zu erledigen. Ich muss zwei Stationen mit der U- Bahn fahren, um zum nächsten großen Supermarkt zu gelangen. Mit Plastikeimer, Schrubber, Besen, Kehrschaufel, und diversen Putzutensilien ausgestattet, trete ich den Rückweg an, und zwar zügig, um die U-Bahn noch zu erreichen. Als wäre ich einer Putzkolonne entflohen, eile ich mit meinen Utensilien klappernd die Treppe zur Station hinunter. Eine halbe Stunde später bin ich endlich wieder zu Hause.
Was für ein Tag!
Erschöpft streife ich mir die Schuhe von den Füßen und schlurfe steifbeinig in die Küche. Ich gönne mir ein Glas von dem billigen, guten Rotwein und überprüfe die eingegangenen Anrufe auf meinem Anrufbeantworter. Weitere zehn Anrufe. Bei den Anfragen, die ihre Telefonnummern angeben haben, rufe ich sofort zurück. Dass es sich dabei hauptsächlich um männliche Single-Haushalte handelt, war weniger Zufall, als vielmehr eine wirtschaftliche Auslese von mir. Frauen erwiesen sich als knauserig, sie waren nicht bereit, meinen Stundenlohn von mindestens zehn Euro zu akzeptieren.
Morgen also habe ich nicht nur vier Vorstellungsgespräche, sondern auch meinen ersten Arbeitstag bei Herrn Seidel, den Flugkapitän.
„Auf gutes Gelingen!“, proste ich gutgelaunt meiner prächtig gedeihenden Yucca-Palme zu. Danach dämmere ich mit einem zufriedenen Schmunzeln vor mich hin, wobei ich mir über meine jetzige Situation Gedanken mache. Tja, manchmal zwingt einen das Unglück zu einem neuen Leben, was sich im Nachhinein vielleicht noch als Glücksfall herausstellt, denke ich und schlafe ein.
„Tschakka!“, rief ich aus, als ich am nächsten Tag mein letztes Vorstellungsgespräch erfolgreich hinter mich gebracht hatte.
Nun hatte ich sieben Putz-Jobs in sieben verschiedenen
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