Liebe fuer ein ganzes Leben (Rosen-Reihe)
sie los und saß zum ersten Mal ohne jede Hilfe auf. Schneller, als sie es sich je zugetraut hätte, galoppierte sie durch den Wald. Sie mußte Hilfe holen, doch weit und breit gab es keine Häuser. Es blieb ihr gar nichts anderes übrig, als auf das Gut zurüc kzukehren.
Als sie endlich die Stallungen erreichte, fiel sie fast aus dem Sattel. "Mein Großonkel", stammelte sie unter Tränen. "Mein Großonkel ist verunglückt." Stockend berichtete sie dem Stallme ister, was geschehen war, dann brach sie bewußtlos in seinen Armen zusammen.
* * *
Als Daniela wieder zu sich kam, lag sie auf ihrem Bett. Mamsell Wendt tupfte ihr mit einem feuchten Tuch das Gesicht ab. "Was ist mit meinem Großonkel?" fragte die junge Frau und versuchte, sich aufzurichten.
"Das weiß ich noch nicht", erwiderte die alte Frau. "Die Mä nner sind noch nicht zurückgekehrt."
"Wir waren oben auf dem Plateau der Steilküste. Ein Düsenj äger raste über uns hinweg. Daimon galoppierte auf den Abgrund zu. Ein Stück des Felsabsturzes brach ab und..." Fast im Zeitlupentempo sah Daniela die Schreckensszene noch einmal vor sich. Der Schrei ihres Großonkels gellte noch immer in ihren Ohren.
"Versuchen Sie etwas zu schlafen", bat Gudrun Wendt. "Do ktor Brandt wird sicher bald hier sein. Er wird Ihnen etwas zur Beruhigung geben."
"Ich will nicht schlafen", schluchzte Daniela verzweifelt. "Wie kann ich schlafen, wenn..."
"Aber Sie brauchen jetzt Ruhe, Frau von Castan." Weder Mamsell Wendt noch Daniela hatten gehört, daß Andrea Wieland hereingekommen war. Die junge Frau setzte sich neben Daniela aufs Bett. "Ihr Cousin ist mit den anderen Männern zum Strand gefahren", sagte sie und strich sanft über Danielas Hand. "Glauben Sie mir, es wird alles getan, um Herrn von Castan zu helfen."
Aber für Richard von Castan kam jede Hilfe zu spät. Der N otarzt, der nur wenige Minuten nach Philipp und den anderen Männern an der Unglücksstelle eintraf, konnte nur noch den Tod des Gutsherrn feststellen.
"Es tut mir leid, Herr von Castan, Ihr Onkel ist tot", sagte er zu dem jungen Mann, der neben dem Veru nglückten kniete.
"Furchtbar!" Philipp fuhr sich mit den Händen durch die wei ßblonden Haare. "Ich kann es nicht fassen. Heute morgen beim Frühstück sprachen wir noch über ein Stück Land, das verkauft werden sollte. Er..."
"Vielleicht ist es für Sie ein Trost, wenn ich Ihnen sage, daß Ihr Onkel nicht leiden mußte", meinte der Arzt. "Er muß sofort das Bewußtsein verloren h aben."
"Mein Onkel war voller Tatendrang. Ständig machte er Pläne für die Zukunft." Philipp schien völlig verstört. Mit zitternden Fingern nahm er die Hände seines Onkels und faltete sie über de ssen Brust. Er flüsterte dem Toten etwas zu, doch keiner der Umstehenden konnte die Worte verstehen. Mit einem Seufzen stand er schließlich auf. Flüchtig griff er sich in die Jackettasche, dann ließ er die Hand sinken. "Armer Onkel", stammelte er und wandte sich ab.
Dr. Brandt hatte Daniela ein leichtes Beruhigungsmittel geg eben. Obwohl sie überzeugt gewesen war, nicht einschlafen zu können, hatte das Mittel schon nach wenigen Minuten seine Wirkung getan. Erst am späten Nachmittag wachte sie auf. Durch die Fenster schien die Nachmittagssonne. Verwirrt blinzelte sie.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis der jungen Frau einfiel, was geschehen war. Wieder sah sie Daimon und ihren Onkel in den Abgrund stürzen. Entsetzt preßte sie die Hände vor die Augen.
Fast lautlos betrat Frau Wendt das Zimmer. "O, Sie sind wach", sagte sie. "Doktor Brandt hat mir den Auftrag gegeben, hin und wieder nach Ihnen zu sehen."
"Habe ich lange geschlafen?"
"Ja, es ist fast fünf Uhr."
"Was ist mit meinem Großonkel?" Daniela versuchte im G esicht der Wirtschafterin zu lesen. Gudrun Wendt schien um Jahre gealtert zu sein. "Ist er im Krankenhaus?"
In diesem Augenblick kam Philipp ins Zimmer. "Ich werde mit meiner Cousine reden", sagte er. "Vielleicht sollten Sie sich auch etwas hinlegen. Sie sehen aus, als würden Sie jeden Moment z usammenbrechen."
"So fühle ich mich auch", gab die alte Frau zu und ließ Daniela mit ihrem Cousin allein.
"Onkel Richard ist tot, nicht wahr?" Daniela schlug aufschluchzend die Hände vors Gesicht. Sie konnte es nicht fassen. Es war erst wenige Stunden her, da hatte ihr Großonkel sie gefragt, ob sie auf Castan bleiben wollte.
"Nicht weinen, Daniela." Philipp strich sanft über die Hände der jungen Frau, dann setzte er sich zu ihr aufs Bett. "Er ist g
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