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Liebe im Schnee

Liebe im Schnee

Titel: Liebe im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S. Fischer-Fabian
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für oaner, dein Schriftsteller? A junger Dachs oder a alter Zausel?«
    »Das ist kein Konkurrent für dich«, meinte Kirsten und gab dem Florian im Vorbeigehen einen Kuß. Eifersucht war was Schönes. Besonders beim anderen. »Ist ein guter Endsechziger.«
    »Die san d’ gefährlichsten, die wo in d’ zwoate Jugend kemma. Richtig stierig kenna die werdn.« Er stellte die beiden Eimer etwas lauter in die Ecke, als es unbedingt notwendig gewesen wäre.
    Daraufhin bekam er noch einen Kuß von der Kirsten.
    Blitzblank aufgeräumt war alles, als sie den schweren Riegel vor die Tür schoben. »So«, sagte der Florian, »jetzt g’hört s’ wieder die Almgeister, d’ Hütten.«
    Es war sieben Uhr. Die Sonne hatte sich über das Massiv im Osten geschoben. Die Gipfelketten leuchteten in einer Purpurglut, die beinah kitschig wirkte. Das Licht sprühte über die Firnfelder des großen Gletschers. In den Tälern brauten Nebel. Langsam verblaßte das Rot. Der Himmel brannte in gelben, violetten, türkisblauen, silbergrauen Feuern. Jetzt spiegelten Milliarden Kristalle des in der Nacht gefallenen Neuschnees das Licht. Eine blendende, diamantene Helle breitete sich aus, zog die Schatten aus den Klüften und modellierte die Berge mit ihren Gipfeln, Schultern, Satteln, Kaminen, Scharten, Bändern, Rissen und Wänden. Plastisch standen sie vor dem brennend blauen Hintergrund des Himmels. Es war wie bei einem Symphoniekonzert, wenn im Finale die Hörner einsetzten, die Posaunen und die Trompeten.
    Sie standen auf ihre Stöcke gestützt und staunten über das Wunder. Schweigen umgab sie. Kein Vogel sang, kein Baum rauschte, kein Quell sprudelte — das Schweigen war bodenlos, absolut. Und nichts mehr erinnerte an die weiße Hölle der vergangenen Nacht...
    Sie fuhren mit äußerster Vorsicht zu Tal. Der Florian spurte. Kirsten folgte in fünfzig Meter Abstand. Je höher die Sonne stieg, um so größer wurde die Gefahr losbrechender Lawinen. Immer wieder verhielt der Florian und musterte kritisch das Gelände. Sie hielten sich fern von den Wächten und vermieden es, steile Hänge anzuschneiden. Sie bevorzugten die abgewehte Windseite der Grate, machten große Umwege, stiegen mit den Skiern über dem Rücken felsige Rinnen hinauf.
    Sie sprachen nichts und riefen einander nichts zu. Schon der
    Schall allein kann Lawinen auslösen, hatte der Florian gemeint. Ihre Bretter rauschten durch den tiefen Schnee. Auf verdächtigen Hängen waren sie hellwach wie die Jäger auf der Pirsch. Sie hatten die Fangriemen ihrer Sicherheitsbindungen gelöst, um aus den Skiern schlüpfen zu können, wenn der Hang ins Rutschen kommen sollte. Sie waren auch bereit, sich blitzschnell herumzuwerfen, um der Lawine in Schußfahrt zu entkommen.
    Sie umfuhren einige Moränenhügel und passierten ein enges Tal. Von seinem sonnenseitigen Hang hatte sich eine Lawine gelöst und den Talboden mit unförmigen Schneeklumpen bedeckt. Sie stampften über die Klumpen hinweg und gewannen den Talausgang. Es war eine Schinderei. Kirsten blieb einen Moment stehen, rang nach Luft und schaute zurück. Ein Flugzeug kreiste über ihnen am Himmel.
    Da blieb ihr das Herz stehen: hinter ihr, in etwa dreihundert Meter Entfernung, brach ein Schneebrett ab, es riß eine tiefe Furche in den oberen Teil des Hanges, die Massen des frisch gefallenen Schnees gerieten in Bewegung, wälzten sich erst schlangenförmig, dann auf immer breiterer Front, abwärts, eine gewaltige Wolke stieg auf, Donner grollte, dann traf sie die Druckwelle, aus der Luft herab rieselte mit feinem Singen der Schnee, und wieder Stille ringsum...
    Kirsten spürte, wie ihre Knie weich wurden. Rumms, da saß sie schon auf dem Hosenboden. Der Florian kam zurück. Er reichte ihr die Hand und zog sie hoch. Sein Blick ging über den Talboden, den sie eben passiert hatten.
    »A bisserl früher, Madi«, sagte er, »und mir hätten den Petrus zum Trauzeugen g’habt.«
    Der Florian Leitner war ein Gemütsmensch...
    Von nun an ging es rasch. Sie erreichten die Baumgrenze. Ein Lärchenwald nahm sie auf. Zu ihrer Linken rauschte der Gletscherbach. Die Heustadl, an denen sie vorbeifuhren, trugen riesige Schneekappen. Sie kreuzten zahlreiche Wildspuren. Sie querten den Hang unterhalb des Berghotels »Edelweiß« und erreichten schließlich die Bergstation des Madelejochliftes.
    Girgl, der Liftwart, saß vor dem Stationshäuschen und machte seine Brotzeit. Als er die beiden Läufer erkannte, stand er auf und kam auf sie

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