Liebe im Schnee
knisterte das Feuer, sang der Florian. Wie in einem deutschen Heimatfilm. Von der dritten Strophe an sang sie mit.
»Was braucht denn a Skihaserl no?
A G’wicht wiara Floh
Und an Polsterpopo
Daß ‘s unscheniert hifalln ko!
Was braucht denn a Skihaserl no?
A Nas, die guat schnaubt,
Und an Schnee, der guat staubt,
Daß ‘s skifahren kunnt überhaupt.«
Der Flori machte ein letztes Mal Schrumm-Schrumm. Dann legte er die Gitarre auf die Bank. Klong! sagte die Gitarre, und er sagte:
»Woasst, Madi, was ‘s Skihaserl jetzt braucht?«
»Nein!«
»Dann werd’ i dir’s sagen: a Nacht voller Ruh, a paar Hüttenschuh und a pfundige Wärmflaschen dazu.«
»Hast du eine Wärmflasche?« Kirsten fragte es, weil sie irgend etwas fragen wollte.
»Nicht direkt«, meinte der Flori etwas rätselhaft.
Dann sprang Kirsten auf und räumte den Tisch ab. Sie stellte das schmutzige Geschirr auf den Herd. Es war viel schmutziges Geschirr. Sehr viel sogar. Das konnte man nicht so stehenlassen. »Das kann man nicht so stehenlassen«, sagte sie, »da muß gleich abgewaschen werden.« Abwaschen war die Rettung! Sie wusch ab und ab. Doch irgendwann war auch die letzte Pfanne geschrubbt, der letzte Topf gescheuert, der letzte Becher abgetrocknet. Sie überlegte, ob sie noch den Fußboden naß auffeudeln sollte, da wurde sie vom Florian unterbrochen.
»Schläfst oben oder unten?«, fragte er.
»Oben, nein unten, das heißt oben.«
»Also oben. Dann hau i mi glei’ unten hi’.«
Er rollte sich in fünf Pferdedecken. Wie eine Mumie wirkte er auf seiner Matratze. Kirsten drehte den Hahn der Karbidlampe zu. Es wurde mit einem Schlag finster. Sie öffnete die Lüftungsklappen an der Herdtür. Ein rötlicher Schimmer erfüllte die Hütte. Sie zog sich einen dicken Pullover an. Und noch so einiges. Sie stieg mit dem Fuß auf das untere Bett, in dem Florian lag, und schwang sich auf das obere Bett.
Sie lag auf dem Rücken und starrte mit offenen Augen an die Balkendecke. Der Widerschein der Flammen spielte auf den Balken. Der Sturm hatte eine kleine Pause eingelegt. Er mußte sich auch mal ausruhen. Ein fernes Donnern drang an ihr Ohr.
»Lawinen«, kam die Stimme des Florian von unten.
Kirsten durchschauerte es wohlig. Sie beugte sich über die Bettkante und guckte nach unten. »Liebst du mich, Florian?«
»Ja freili.« Er griff hinauf und suchte nach Kirstens Hand.
Sie dachte an ihre Mutter in Hamburg. An den Vater unten im Tal. An Trine. An Jan. Nur an das rothaarige Barmädchen Kiki, die heute abend in der »Sonne« Dienst hatte, dachte sie nicht. Plötzlich war sie eingeschlafen. Der Florian spürte es an ihren tiefen, regelmäßigen Atemzügen. Da drehte er sich zur Wand. Mitternacht zeigten die Leuchtziffern seiner Armbanduhr.
Um ein Uhr wachte Kirsten auf. Sie weckte den Florian durch einen sanften Fußtritt und flüsterte: »Hier oben ist es kalt.«
»Dann kimm nunter und laß mi aufi!«
Sie packten ihre Decken und wechselten die Betten. Gegen zwei Uhr war das Feuer heruntergebrannt. Kirsten wachte erneut auf. »Hier unten ist es noch kälter, Flori.«
»Dann kimm wieder aufi!«
Der Florian erhob sich knurrend. Sakra, war das ein Umstand! Er tappte auf Strümpfen zum Herd und legte ein paar Scheite auf die Glut. Er ging zum Bett zurück. In der oberen Koje lag inzwischen wieder Kirsten. Hoffentlich paßte ihr das jetzt.
»Flori?« kam ihre Stimme von oben.
»Jetzt gibst a Ruah!«
»Was hat das Skihaserl da noch gebraucht in der letzten Strophe?«
»Wieso?«
»Ach, nur so...«
»Na halt a Nacht voller Ruh, a paar Hüttenschuh ...«
»... und eine Wärmflasche dazu.« Ein ganz kleiner Seufzer schwebte durch den Raum.
In diesem Moment bewies der Skilehrer Florian Leitner aus Himmelsjoch, daß seine lange Leitung gar nicht so lang war.
Das neunte Kapitel
KONSUL BREMER IST STARK BEFREMDET
Als Kirsten sich wie eine Seidenraupe aus ihren sechs Pferdedecken schälte, hatte der Florian den Frühstückstisch bereits gedeckt. Im Herd bullerte das Feuer. Es roch angenehm nach geröstetem Brot. Eine merkwürdige Stille herrschte. Sie dachte lange über den Grund nach. Dann wußte sie es: der Sturm hatte sich gelegt. Es schneite auch nicht mehr. Das sah man durch die Fensterscheiben, deren Läden zurückgeklappt waren.
Dann flog die Tür der Hütte auf, und der Florian kam herein. Er stellte den Eimer mit Schmelzschnee: neben den Herd und sagte: »Servus, Madi! Bist ausg’schlafen?«
Sie rutschte von ihrer obersten
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