Liebe im Spiel
sie mit verschlagenem Blick. “So, du gehst also mit ihm essen, ja? Warum hat er dich eingeladen?”
Sie zuckte gespielt gleichgültig die Schultern. “Vermutlich um meine Gesellschaft zu genießen.”
“Ha! So einer doch nicht.” Er schüttelte den Kopf und schlug sich mit der Faust in die Handfläche der anderen Hand. “Er ist nicht nur zum Kartenspielen gekommen. Die Sache geht tiefer.” Plötzlich veränderte er sich, sein Lächeln wurde warm, um seine Augen bildeten sich Lachfältchen, wie immer, wenn er versuchte, seinen ganzen Charme spielen zu lassen.
“Du könntest es heute Abend herausfinden”, sagte er. “Du bist ein sehr hübsches Mädchen, weißt du - man merkt, dass er scharf auf dich ist. Du könntest es aus ihm herausholen - mit etwas Überredungskunst.”
“Oh?” Natasha hatte das Gefühl, irgendetwas Schleimiges würde ihr über den Rücken kriechen. In seiner netten Art war Lester viel unangenehmer als in seiner ekelhaften. “Mit welcher Überredungskunst genau? Soll ich vielleicht mit ihm schlafen?”
“Natürlich nicht!” Der beleidigte Ausdruck wirkte beinahe echt. “Als ob ich so etwas vorschlagen würde!”
“O nein, Lester, so etwas würdest du natürlich niemals tun”, erwiderte sie voller Sarkasmus.
“Du bist die Anständigkeit in Person, nicht wahr?”
Hastig schob er die letzten Papiere in den Tresor und knallte die Tür zu, drehte am Kombinationsschloss und schwang, das Bücherbord wieder an seinen Platz davor. “Es wird Zeit, dass du endlich lernst, nicht mehr so ausfallend zu sein, mein Mädchen”, warnte er sie und streckte ihr den Finger drohend entgegen. “Irgendwann könnte ich mich dazu entschließen, dir eine Lektion zu erteilen.”
“Oh? So wie du Hugh Garratt eine Lektion erteilen wolltest?” erwiderte sie. Sie stieß sich vom Schreibtisch ab und ging zur Tür. “Jedenfalls habe ich jetzt zu arbeiten. Ich bin nur Debbie zuliebe heraufgekommen. Sie hat sich Sorgen um dich gemacht. Wie eine anständige Frau ihre Zeit an einen Typen wie dich verschwenden kann, werde ich nie begreifen.”
Natasha betrachtete sich kritisch im Spiegel. Sie hatte sich das hellblonde Haar locker aufgesteckt, was sie zwar etwas streng wirken ließ, aber ihre feinen Gesichtszüge betonte. Das Kleid war neu. Sie hatte es seit einiger Zeit im Schrank hängen, es bisher aber noch nie angezogen. Ein silberfarbenes Seidenkleid mit Spaghettiträgern, dessen glatter Stoff auf ihrem gertenschlanken Körper bis zu den Knöcheln schimmerte. Es war ein Kleid, unter dem man nicht sehr viel tragen konnte. Dazu hatte sie eine Halskette aus mehreren Dutzend Strängen winziger Staubperlen angelegt. Ihre Füße steckten in silberfarbenen Sandaletten mit Pfennigabsätzen, in denen sie um einige Zentimeter größer wirkte.
Sie spürte vor Aufregung ein Flattern im Magen, und die blauen Augen, die ihr aus dem Spiegel entgegenblickten, hatten einen seltsamen Glanz. Sie musste ein paar Mal tief durchatmen, um sich so weit zu beruhigen, dass sie das Apartment verlassen und die Stufen zum Kasino hinuntergehen konnte.
An diesem Abend war der Assistenz-Manager im Dienst, Lester hatte man seit dem Nachmittag nicht mehr gesehen. Es war fast acht Uhr, als Natasha durch den Gesellschaftsraum ging und dabei einige Stammgäste freundlich begrüßte. Sie hatte beabsichtigt, bei Hughs Ankunft zufällig im Spielsalon zu sein, vielleicht mit einem der Männer, die die Tische beaufsichtigten, ins Gespräch vertieft. Als sie jedoch das Foyer durchquerte, gestikulierte die Empfangsdame aufgeregt in ihre Richtung. Natasha schaute sich nach dem Assitenz-Manager um, doch der war gerade an der Kasse beschäftigt, deshalb sah sie selbst nach dem Rechten.
Einer der Gäste, das Mitglied einer Hotelgruppe, hatte vergessen, seinen Pass mitzubringen, wie es von der Kommission vorgeschrieben war. Sie ging ins Büro, um den Hotelmanager anzurufen, den sie gut kannte, und bat ihn, eine Kopie der Fotokopie zu faxen, die man dort bei der Ankunft des Gastes von dessen Pass gemacht hatte.
Gerade hatte sie den Hörer aufgelegt, als sie Lord Nevilles Stimme in der Nähe des Empfangs hörte. “… das Geld bekommen”, sagte er ernst. “Es könnte gefährlich sein zu warten.”
Ihr Herz setzte einen Schlag lang aus. Rasch trat sie einen Schritt zurück und lugte durch den Türspalt. Es war tatsächlich Hugh, mit dem er redete. Ohne sich zu schämen, belauschte sie das Gespräch und hörte Hughs ruhige Antwort: “Das
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