Liebe im Spiel
vertrauen als ihrem Stiefvater? Er hatte schon gezeigt, wozu er fähig war: ein Lügennetz zu spinnen, den Betrunkenen und Dummen zu spielen, absichtlich an den Tischen zu verlieren, um Lester in die Falle zu locken.
Und auch am Strand den Dummen zu spielen, rief sie sich ins Gedächtnis. Wärme durchströmte sie, als sie sich daran erinnerte, wie er behauptet hatte, er habe vorher noch nie auf einem Surfbrett gestanden, wie er sie dazu manipuliert hatte, ihm eine improvisierte Unterrichtsstunde zu geben. Eine Zweckehe … Irgendwie konnte sie sich das bei Hugh Garratt nicht vorstellen.
Unvermittelt stand sie auf und warf das verbogene Drahtstück, das einmal eine Büroklammer gewesen war, in den Papierkorb, Sie würde Hugh Garratt nicht heiraten und auch sonst niemanden - das hatte sie schon gründlich durchdacht und als Möglichkeit abgeschrieben. Sie würde keine Minute mehr an diesen Gedanken verschwenden.
Mit zusammengepressten Lippen ging Natasha die Stufen zum oberen Apartment hinauf.
Die finanziellen Schwierigkeiten, in die Lester sich gebracht hatte, kümmerten sie im Grunde wenig - es war sein Problem. Aber Debbie hatte erwähnt, dass er ein Gewehr bei sich habe. Er wollte sich doch nicht umbringen…?
Sie steckte den Schlüssel ins Schloss, doch die Tür war von innen verriegelt. Sie klopfte an, niemand antwortete. Sie klopfte noch einmal etwas lauter. “Lester?”
“Verschwinde. Ich habe zu tun.”
Er klang barsch und ungeduldig, aber Natasha ließ sich nicht so leicht einschüchtern wie Debbie. “Du kannst mich ebenso gut hineinlassen”, antwortete sie hartnäckig. “Sonst werde ich weiter klopfen.”
Sie hörte ihn fluchen, aber gleich darauf öffnete er die Tür. “Was willst du?” fragte er und drehte sich schon wieder um, ohne eine Antwort abzuwarten.
Sie ging ins Zimmer und erblickte ein Chaos. Das falsche Bücherbord, das den Tresor verbarg, war angelehnt, und der Safe stand weit offen, auf dem Fußboden darum herum waren in einem großen Bogen Papiere verstreut. “Was geht hier vor sich?” fragte sie möglichst unbeteiligt.
“Ich kümmere mich um meine Geschäfte”, antwortete er widerwillig. Er kniete inmitten der Papiere und schob einige planlos von einem Stoß auf den anderen.
“Das sehe ich. Es hat wohl nicht zufällig etwas mit letzter Nacht zu tun?”
Wütend warf er ihr einen Blick zu. Debbie hatte vergessen zu erwähnen, dass er auch betrunken war.
Natasha setzte sich auf den Rand des Schreibtischs und beobachtete ihn. “Du kannst nicht sagen, dass ich dich nicht gewarnt hätte, ihn zu unterschätzen”, bemerkte sie, nicht ohne eine gewisse Genugtuung.
“Zum Teufel”, knurrte er. “Wenn ich gewusst hätte, dass er ein verdammter Gauner ist…”
“Er ist kein Gauner!” protestierte sie scharf. “Du hast dich selbst in diese Lage gebracht.”
“Ich möchte bloß wissen, wer er ist und was er hier zu suchen hat. Ist er schon verschwunden? Ist er abgereist aus seiner Strandhütte und zurück nach England?”
“Ich glaube nicht”, antwortete Natasha vorsichtig.
“Wer ist er?” Sein Blick schoss im Zimmer hin und her. “Wozu treibt er sich hier herum?
Was will er?”
Plötzlich hatte Natasha den Eindruck, dass ihr Stiefvater tatsächlich Angst vor Hugh Garratt hatte. Aber warum? Was ging vor zwischen den beiden? Sie war entschlossen, das herauszufinden, vor allem da es mit Spaniard’s Cove zu tun hatte.
“Übrigens, ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich heute Abend nicht hier bin”, erklärte sie nach kurzem Zögern. Sie wusste selbst nicht, wann sie ihre Meinung geändert und entschieden hatte, Hughs Einladung doch anzunehmen.
Lester seufzte, stapelte die Papiere und begann, sie zurück in den Safe zu legen.
“Ich gehe heute Abend mit ihm essen.”
Die Papiere, die Lester gerade hielt, glitten aus seinen Händen und flatterten auf den Boden.
Er fluchte heftig, tastete nach den Blättern, um sie aufzusammeln, und sah Natasha dabei, die Brauen zusammengezogen, an. “Soll das ein Witz sein?”
“Durchaus nicht. Er hat mich eingeladen, und ich habe Ja gesagt. So einfach ist das.”
“Verdammt!” schimpfte er, und sein Gesicht wurde rot vor Zorn. “Nach dem, war er letzte Nacht getan hat?”
“Es war ein faires Spiel”, stellte sie fest, ihre Stimme kühl vor Verachtung. “Du hast verloren.”
Einen Moment glaubte sie, sie sei zu weit gegangen und er würde die Beherrschung verlieren. Aber dann zügelte er sic h und musterte
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