Liebe ist ein Kleid aus Feuer
an sich gelegt. Sie wollte mit ihm gehen, hat sie gesagt.«
Aschfahl war Rose geworden, dann berührte sie das Kreuz auf ihrer Brust und begann etwas zu murmeln, das er nicht verstand.
»Rose, ich …«
»Geh jetzt!«, sagte sie. »Sag dem König, dass Eila kommen wird! Aber erst, nachdem sie ihre Eltern betrauert hat.«
Sie kehrte in ihre Zelle zurück, kniete nieder und rief die Gottesmutter um Hilfe an.
»Du hast eine neue Tochter bekommen«, betete sie. »Jemand, der deine Liebe und deinen Schutz besonders nötig hat.«
Dann ging sie zu Eila, die im Garten auf sie gewartet hatte.
»Du musst jetzt sehr stark sein, Eila.« Rose schlang die Arme fest um sie. »Wir werden dir dabei helfen.«
Epilog
NOVEMBER 952
KÖNIGSPFALZ WERLA
D er König ließ sie warten, und je länger es dauerte, desto unruhiger wurden sie. Gerberga ertrug die Ungewissheit noch am gefasstesten; sie saß auf ihrem unbequemen kleinen Hocker, scheinbar ganz in sich gekehrt, während Eila aufgesprungen war und mit großen Schritten in der Vorhalle auf und ab ging. Am aufgeregtesten war Rose, die ihre Pergamentrolle inzwischen in schweißnassen Händen wand.
»Sieht beinahe aus, als wolltest du einen Strick aus ihr drehen.« Gerbergas gelassene Stimme ließ Rose zusammenzucken. Eila und sie tauschten einen raschen Blick. Der Leichnam, den sie im Schutz der Nacht gemeinsam verscharrt hatten, band sie noch enger aneinander. Bis ins Grab würden sie dieses Geheimnis bewahren, das hatten sie sich geschworen. »Willst du deine ganze Arbeit zunichte machen, so kurz vor dem Ziel?«
Jetzt blieben Roses Hände ruhig.
Ein Knappe brachte sie nach drinnen. Otto empfing sie im größten Raum seines Palas. Der Boden war mit marmorähnlichem Stein bedeckt, was auf eine Anregung Adelheids schließen ließ, die Wände schmückten bunte Teppiche. Die Wärme des Feuers im großen Kamin wurde von zahlreichen Kohlebecken verstärkt, die im Raum verteilt waren.
Gerberga trat auf Otto zu und verneigte sich. Er erhob sich, umarmte sie und küsste ihre Wangen.
»Die Augen meines Bruders Heinrich«, sagte er. »Wie lange musste ich diesen freudigen Augenblick entbehren! Hattest du eine gute Reise?«
»Als hätten Engel mich geleitet. Wie geht es dir, Sire?«
»Der Reichstag hat uns alle sehr erschöpft. Dein Vater wird uns jetzt helfen, für Frieden an den Grenzen und jenseits der Alpen zu sorgen. Sogar mein rebellischer Sohn Liudolf scheint zur Einsicht gelangt zu sein, wie lange, werden wir noch sehen.«
»Ich bin mir der großen Ehre bewusst, von dir empfangen zu werden«, sagte Gerberga. »Und die Königin?«
»Deine Tante lässt sich entschuldigen«, erwiderte er. »Wie gerne hätte Adelheid dich heute ebenfalls in ihre Arme geschlossen! Aber die Geburt unseres Kindes ist nicht mehr fern. Jeden Tag kann es nun so weit sein. Sie muss sich schonen, das wirst du verstehen.«
»Alle meine Gebete und Wünsche sind bei ihr«, sagte Gerberga.
Jetzt erst schien der König Eila und Rose wahrzunehmen. »Du bist nicht allein gekommen, Nichte.«
»Meine Schwestern haben mich begleitet.«
»Die eine im schwarzen Kleid hätte ich gerne schon viel früher hier gesehen«, erwiderte der König. »Beim Anblick der zweiten tanzt mein Herz voller Freude, sie so kräftig und wohlauf vorzufinden.«
»Darf ich als Erste sprechen, Sire?«, fragte Rose.
»Rede!«
»Das Kästchen, Gerberga!«, sagte sie, gab der Schwester stattdessen die Pergamentrolle und nahm das Behältnis mit beiden Händen.
»Was ist das?«, fragte der König.
»Ein heiliges Kleinod aus unserer Stiftskirche«, erwiderte Rose. »Die Zunge des Täufers.«
»Mit heiligen Dingen sollte man keine Scherze treiben.« Ottos Mund war schmal geworden. »Du weißt, was ich deiner … Schwester Eila vorwerfe?«
»Deshalb sind wir hier, Sire. Um zu beweisen, dass Eila unschuldig ist.« Sie hielt ihm das Kästchen entgegen. »Willst du nicht nachsehen?«, fragte sie.
Er runzelte die Stirn. »Wie sollte diese Reliquie nach Gandersheim gelangt sein?«
»Sie gehört zu uns, Sire«, mischte sich nun Gerberga ein. »Zum Stift. Zu unserer Kirche. Seit jeher.«
Langsam blickte der König von einer zur anderen. Drei junge Frauen, beinahe Mädchen noch, an der Schwelle zum Leben. Eine würde bald dem Stift vorstehen, die andere bis zum Lebensende mit ihrer unheilbaren Krankheit zu kämpfen haben, die dritte aber, Eila im Trauerkleid, hatte seinen Weg wie ein glühender Schweif gestreift. Der Preis, den sie dafür
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