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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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unter Ludwig dem Deutschen drifteten mehr und mehr auseinander.
    Immer stärker verlagerte sich das Machtzentrum in die Gebiete nördlich der Alpen. Unter dem schützenden Dach einer regna fügten sich Völker wie Bayern, Franken, Alemannen und schließlich auch die Sachsen zusammen, repräsentiert von einer regierenden Schicht, die wir heute Adel nennen. Als letztes dieser Völker waren die Sachsen durch Karl den Großen nach einem mehr als dreißig Jahre währenden Krieg christianisiert und in das fränkische Großreich einbezogen worden. Angehörige des sächsischen Adels, lange vor Kriegsende bereits kooperativ und im fränkischen Reichsdienst aufgestiegen, beteiligten sich aktiv an der christlichen Erschließung, indem sie Klöster und Stifte gründeten, Reliquien aus Gallien, England und Italien holten und ihre Kinder nach fränkischen Grundsätzen erziehen ließen. Mitglieder führender sächsischer Familien heirateten in die Gruppe des fränkischen Reichsadels ein, um weiter aufzusteigen.
    Unter diesen Familien war die der Liudolfinger, später auch Ottonen genannt, besonders aktiv. Als Amtsträger der karolingischen Könige hatten sie innerhalb Sachsens (damit ist räumlich das heutige Niedersachsen gemeint) große militärische und administrative Autorität gewonnen. Dazu kam eine kluge Heiratspolitik: Vermutlich konnte bereits ihr ältester bekannter Vorfahre und Namensgeber Liudolf eine Dame fränkischer Herrschaft heiraten. Einer ihrer Großneffen, Heinrich I., erkämpfte sich dann mithilfe starker fränkischer und sächsischer Adeliger im Jahr 919 die Königswürde des ostfränkischen Reiches , was ihm unter anderem nur gelang, weil seine Vorgänger im Kampf gegen die das Reich seit 907 heimsuchenden Reiterheere der Ungarn gescheitert waren.
     
    Mit Heinrich I. ging das Königtum in der Mitte Europas nicht nur von den Karolingern (»großes und altes Königsheil«) auf eine in dieser Hinsicht vollkommen traditionslose Familie über, sondern auch vom Reichsvolk der Franken auf die erst vor wenigen Generationen christianisierten Sachsen. Innerhalb von nur wenigen Jahren war ein Bruch vollzogen worden, der abrupt gegen die im Westen fortbestehende karolingische-fränkische Kontinuität abstach. Es verwundert daher nicht, dass die sächsischen Könige schon aus Gründen der Kontinuität darauf achten mussten, dass ihr Reich als »Frankenreich« und sie als fränkische Könige verstanden wurden.
     
    Die sächsischen Könige brauchten also dringend Erfolge; außenpolitisch und natürlich auch nach innen, weil die anderen Hochadeligen immer wieder danach trachteten, die neue Macht zu schmälern. Heinrich I. gelang es 921, vom westfränkischen König Karl III. die Anerkennung als ostfränkischer König zu erhalten; vier Jahre später ging der lotharingische Adel zu ihm über, wobei sich das Gebiet seines Reiches nicht nur um ein Drittel vergrößerte, sondern mit dem Mosel/Maas-Raum zugleich auch eine wirtschaftlich sehr leistungsfähige Region gewonnen wurde.
    Nun hatte der sächsische/ostfränkische König den Zugriff auf die rheinischen Erzbistümer, und sein Sohn Otto I. nutzte die Aachener Pfalz Karls des Großen wenig später demonstrativ für seine Krönung und damit Herrschaftsrepräsentation.
     
    Die deutsche Geschichtsschreibung hat diese Vorgänge bis fast in unsere Zeit erstaunlich hemmungslos als die Geschichte von Siegern beschrieben. Da wird »Land erobert«, werden die »Grenzen weit in den Osten vorangetrieben«, »aufständische Slawen zurückgedrängt« und vieles mehr in dieser Akzentuierung. Was im Nationalsozialismus passierte und zynischerweise als »die Eroberung neuen Siedlungsraumes im Osten« bezeichnet wurde, findet sich in dieser Auffassung wieder. Natürlich ist das nur eine Perspektive – und eine überaus einseitige dazu. Denn alles Land, in das die deutschen Stämme einfielen, war bereits von anderen Stämmen oder slawischen Völkern besiedelt, wenngleich nicht gerade dicht. Von ihnen ist vielerorts nur marginal die Rede; sie werden »aufgerieben«, »besiegt«, »unterworfen«, als würde ihnen damit Recht geschehen. König Otto zögerte nicht, in einer eisigen Winternacht siebenhundert slawische Kinder und Frauen barfuß in den Tod zu schicken; sein mönchischer Biograf Widukind von Corvey lobt ihn noch dafür. Nichts also unterschied die Männer um Otto I. in ihrer Grausamkeit von den »Angreifern«, die oftmals nur ihr Land verteidigten. Seine Ritter waren bei näherer

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