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Liebe ist ein Kleid aus Feuer

Titel: Liebe ist ein Kleid aus Feuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Königsnichte Gerberga, die etwas jünger als sie war, lässt sich allerdings schließen, dass sie um 935 geboren sein könnte. Ebenfalls unbekannt ist ihr Sterbedatum; uns ist nach 973 keine Dichtung mehr von ihr überliefert.
    Biografen und Literaturwissenschaftler haben später zu Unrecht eine Nonne aus ihr gemacht, doch das ist Hrotsvith nie gewesen: Sie war – offenbar bis zum Lebensende – eine Kanonisse, hatte also keine ewigen Gelübde abgelegt und lebte nicht im Kloster, sondern in einem Stift.
    Hrotsvith schrieb lateinisch; das war die Umgangssprache der gebildeten adelig-klerikalen Gesellschaftsschicht, der sie angehören musste, sonst hätte sie nicht in diesem Stift leben können, das die Liudolfinger als geistliches Zentrum, aus dem ihre Machtentfaltung die christliche Legitimation bezog, gegründet hatten. Seit der Gründung standen Äbtissinnen aus diesem Haus dem Stift vor und gewannen desto mehr Ansehen, je höher die Familie in der Reichshierarchie stand.
    Glanzpunkte von Hrotsviths Schaffen sind drei Bücher. Das erste enthält geistliche Dichtungen und Verslegenden. Diese Schriften, die sie Gerberga, Nichte König Ottos I. und spätere Äbtissin des Stifts Gandersheim widmet, befassen sich mit Themen im Zusammenhang mit der Jungfrau Maria, mit dem Heiligen Gangolf und Theophilus. Hrotsvith thematisiert den Sieg christlicher Frauentugenden über heidnische Lasterhaftigkeit und erzählt von starken Frauenpersönlichkeiten. In neunhundertdrei Versen beschreibt sie das Leben Mariä von ihrer Geburt bis zur Flucht nach Ägypten.
    Das zweite Buch besteht aus sechs in Reimprosa gehaltenen Dramen. Im Vorwort erklärt sie, dass sie ihre Dramen, in denen der Triumph der Keuschheit gefeiert wird, den viel gelesenen Komödien des römischen Dichters Terenz entgegenstellen will. Ihren eigenwillig gestalteten Dramen verleihen die ausdrucksstarke Sprache und die differenzierte Psychologie bis heute Aktualität.
    In ihrem dritten Buch überliefert uns Hrotsvith die Gründungsgeschichte ihres Stifts, und in einem großen historischen Gedicht glorifiziert sie die Taten Ottos I.
     
    In meinem Roman heißt sie Rose; so nennt sie die Freundin Eila – eine erfundene, keine historisch bezeugte Persönlichkeit – bei ihrem ersten Zusammentreffen. Es hat mir Spaß gemacht, ihr die ersten Lateinkenntnisse von dem entlaufenen Mönch Rochus beibringen zu lassen, der schon bald ihr großes sprachliches Talent erkennt und fördert – allerdings auf der Grundlage eher »schlüpfriger« lateinischer Texte, die später als Hochzeitsgabe für Liudolf und Ida in den Besitz des Stiftes Gandersheim gelangen (ebenfalls meine Erfindung).
    Außerdem leidet Rose in meinem Roman an der »heiligen Krankheit« Epilepsie, ein Gebrechen, das sie besonders sensibel macht und von den anderen Menschen unterscheidet. Zu allen Zeiten galten die Betroffenen als außergewöhnlich, wurden teils stigmatisiert, dann wieder fast kultisch verehrt; in vielen Kulturen glaubte man, sie stünden dem Göttlichen besonders nah. Es gibt zwar keinen Hinweis darauf, dass die historische Hrotsvith an dieser Krankheit gelitten hat, mir erschien sie jedoch als ein passender und plausibler Zugang zu ihrer Dichterkunst.
DICHTUNG UND WAHRHEIT
    Jeder historischer Roman muss sich bestimmte Freiheiten nehmen, um seine Geschichten spannend und stimmig zu erzählen. Ich habe mir erlaubt, bestimmte historische Personen nicht einzubeziehen, um mein ohnehin schon beachtliches Ensemble nicht noch größer und damit möglicherweise unübersichtlich zu machen.
     
    Bis auf eine Erwähnung »unter den Tisch gefallen« ist dabei Konrad der Rote, seit 947 Ehemann von Ottos Tochter Luitgard und Herzog von Lothringen, der von renommierten Historikern als eigentlicher Drahtzieher des Aufstands Liudolfs gegen seinen Vater gesehen wird, allerdings in starkem Maß erst ab 953, also nach dem zeitlichen Ende meines Romans.
     
    Ebenfalls nicht einbezogen habe ich die starke und einflussreiche Königsmutter Mathilde, über die man eigene Romane mit gewaltiger Stofffülle verfassen könnte. Sie hat stets ihren »in Purpur geborenen« Sohn Heinrich bevorzugt und Otto zeitlebens damit Schwierigkeiten bereitet.
     
    Besonders schade fand ich es, dass die mehr als zwiespältige Figur des Papstes Johannes XII. – immerhin der erste Papst, der seinen Namen änderte – zeitlich nicht ins Konzept passte. Ihn in seiner ganzen verdorbenen Korruptheit darzustellen, wäre eine reizvolle Aufgabe

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