Liebe ist Finsternis (Valerie Dearborn) (German Edition)
ganz bestimmt nicht entschuldigen. Alles was sie tat, war lediglich ihr Leben zu leben. Er hatte sie zurückgewiesen. Wovon war er denn angepisst?
Es gab allerdings noch einen anderen Grund, warum sie ihm nicht auf Wiedersehen wünschen wollte. Sie wollte das Unglück nicht heraufbeschwören. Solange die Situation ein emotionales Schlamassel war, wusste sie, dass er überleben würde. Es war eine dumme und irrationale Art sich zu verhalten. Scheiße, es war wahrscheinlich nur eine Ausrede, um die Dinge nicht zu bereinigen. Aber sie glaubte daran, zumindest ein kleines bisschen. Glückliche Menschen starben. Solange er noch unerledigte Angelegenheiten und Wut hatte, würde er zu ihr zurückkommen.
Wut stieg in ihr auf, und sie streckte ihre Hand zu seiner Brust aus und schubste ihn auf den Barhocker zurück, so dass sie auf gleicher Augenhöhe waren. Er ließ es zu, das wusste sie. Jack hätte sie davon abhalten oder wenigstens etwas Widerstand leisten können, aber das tat er nicht.
„Wir sind noch nicht fertig. Also was? Du hattest einige Tage frei und dachtest dir, du kommst mal vorbei, um zu sehen, wie es mir geht? Hast du keinen Google-Account?“
„Ich sehe ja, wie es dir geht. Du gehst ganz schön schnell zur Sache, nicht wahr? Nur ein gut gemeinter Ratschlag: schwer zu haben zu sein ist tatsächlich attraktiv.“
Val warf den Kopf in den Nacken und lachte; ihr Herz brach dabei mit jedem erzwungenen Laut. „Oh bitte! Bitte sag mir, dass du mich dafür anklagst, dass ich mit dem Typ flirte?“
„Seine Zunge steckte in deinem Hals. Vielleicht bin ich ja ein Erbsenzähler, aber das ist nicht flirten.“
„Du bist so ein Idiot. Du bist nicht mein Vater. Du willst mich doch bloß in einem Kokon halten. Ich bin jetzt einundzwanzig. Hör auf, so nach mir zu sehen.“ Schon als sie die Worte sagte, wollte sie sie am liebsten zurücknehmen. Sieh nach mir , wollte sie ihm sagen. Denn sonst weiß ich, dass ich dich nie wiedersehen werde, und ich mag es zu wissen, dass du irgendwann auftauchst . Doch sie hielt den Mund.
„Dein Vater macht sich Sorgen um dich“, Jacks tiefe Stimme wurde rau und ernsthaft.
„Wo ist er dann. Das Leben ist so vergänglich und wo ist er?“
Jack schüttelte den Kopf und sie konnte seine Empörung spüren.
„Er rettet Menschen. Wir retten Menschen. Geh nur und trink noch was und vögel deinen englischen Lustknaben. Herrgott, Val.“ Er sah sie nicht an, starrte entschlossen zur Tür und sie wusste, dass er es nicht abwarten konnte, von ihr wegzukommen.
Val wollte ihm eine knallen. Er bewirkte immer, dass sie sich schuldig und klein fühlte. Den Umschlag von ihm grabschend, marschierte sie davon.
Ian wartete auf sie, eindeutig mit Fragen über den Mann, mit dem sie an der Bar gesprochen hatte. Keine weiteren Fragen . Sie ging zu Ian zurück, griff ihn am Hemd und zog ihn für einen weiteren Kuss an sich heran. Er sah überrascht aus, als sie ihre Arme um ihn schlang und ihn unsanft küsste. Er wich etwas zurück und milderte den Kuss. Ein Streifen seiner Lippen an ihren, anstelle des groben Reibens, mit dem sie ihn begrüßt hatte. Sie entspannte sich und zwang jeden angespannten Muskel, sich nicht wegen Jack zu verkrampfen. Der Kuss war langsam und hatte etwas von der Aufregung des Neuen. Als sie aufsah und Luft holte, war Jack verschwunden.
Jack verließ die Kneipe, sein Blut brodelte wie immer. Was für eine verzogene Göre! Er lief still durch Hampstead zur U-Bahnhaltestelle der Northern Line. Der Flug zurück nach Amerika ging um sechs Uhr morgens. Nicht bald genug ! Er hatte getan, was er sollte und ihr die Informationen gegeben. Er hatte nach ihr gesehen. Val ging es gut. Scheiße, es ging ihr besser als gut: Sie würde während des nächsten Jahres quer durch London vögeln. Vielleicht sollte er den Teil auslassen, wenn er Nate sah.
Er kam um ein Uhr morgens in Heathrow an. Er checkte ein und setzte sich auf einen Stuhl mit dem Rücken zur Wand, so dass er jeden sehen konnte, der zum Flugsteig kam. Er schloss die Augen und versuchte zu schlafen.
Jemand in seinem Berufszweig konnte überall schlafen, unter jeglichen Umständen. Er lehnte seinen Kopf zurück an den Stuhl, verschränkte die Arme und streckte die Beine aus. Er versuchte an gar nichts zu denken. Sich den Kopf frei zu machen und zu schlafen, aber er sah sie immer noch vor seinem geistigen Auge. Sie war wunderschön. So verdammt wunderschön. Nicht auf eine offensichtliche Weise. Andere hielten sie
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