Liebe ist jenseits von Gut und Böse (Die Ostküsten-Reihe) (German Edition)
bekommen.
Und jetzt? Was soll jetzt werden? Was mache ich nun mit Connor Bennett? Ihn ignorieren? Möglich wäre es, aber ich bezweifle, dass er das lange mit sich machen lässt. Wieder verschwinden? Nein! Ich habe gerade erst das Haus gekauft und irgendwie will ich nicht schon wieder weglaufen. Ich tue seit einem Jahr nichts Anderes. Ich bin müde und ausgelaugt.
Kein Wunder, so dünn wie du bist, würde Grandma Charlie jetzt sagen und sie hat Recht. Vernünftig und vor allem regelmäßig zu essen ist ein Problem für mich, das weiß ich, auch wenn ich es gern übersehe, weil es leichter ist nichts zu essen, nicht raus zu müssen. Ich könnte kochen lernen. Einen Versuch ist es allemal wert, denn wenn es klappt, muss ich nicht mehr ständig nach draußen. Ja, das mache ich. Sobald ich ins Haus gezogen bin, werde ich mir ein paar Kochbücher kaufen und meine Küche einweihen.
Ein Schritt nach dem anderen.
Irgendwo muss es einen Platz für mich geben und ich möchte, dass dieser Platz hier ist. In dieser kleinen Stadt in Maryland.
Weglaufen kann ich auch noch nächste Woche.
Aber vorher sollte ich das Pfefferspray ersetzen. Drei Straßen weiter gibt es ein Geschäft für Waffen und allem dazugehörigen Bedarf, hat mir die Putzfrau vorhin verraten, als sie mein Zimmer sauber machte und die etwas hellere Stelle auf dem Teppich, Gott sei Dank, nicht bemerkte. Was für eine Nacht. Als ich mit der Schrubberei fertig war, wurde es bereits hell und dementsprechend sehe ich auch aus. Total übermüdet. Aber ich habe heute nichts weiter vor, als diesen Laden aufzusuchen und mir neues Spray zu kaufen. Das schaffe ich.
Hoffentlich.
Regen. Schon wieder.
Vorhin, beim Verfassen des Tagebucheintrags, hatte die Sonne noch von einem strahlend blauen Himmel geschienen. Jetzt war der mit dicken, grauen Wolken verhangen und Daniel kam sich langsam vor, als wäre er in den Tropen in der Regenzeit gelandet und nicht an der Ostküste der USA.
Den Kragen der Jacke hochgeschlagen und eine Hand in der Tasche vergraben, während die andere den Regenschirm hielt, eilte er über die Straße. Nach einem schnellen Blick auf den Laden vor sich war er erleichtert. Die richtige Straße hatte er gefunden und wenn die Beschreibung der Putzfrau richtig war, musste er sich jetzt rechts halten. Den Schirm in die andere Hand wechselnd, ging er langsam den Bürgersteig entlang und hielt dabei nach seinem Ziel Ausschau.
Die Geschäfte und Gehwege waren durch den Regen verwaist. Bei diesem Wetter verirrten sich Bewohner oder in der Stadt anwesende Touristen nur selten auf die Straße, was Daniel sehr entgegen kam. So konnte er sich ein wenig ungezwungener bewegen, ohne die ständige Selbstkontrolle, die für ihn zur zweiten Natur geworden war, wenn es darum ging, sich mit anderen Menschen zu umgeben.
Nach seinem Krankenhausaufenthalt hatte er sehr schnell gelernt die Spreu vom Weizen zu trennen. Über die Hälfte aller Menschen waren in seinen Augen pure Egoisten, die zuallererst immer das eigene Wohl im Kopf hatten und sich einen Dreck darum scherten, wie andere über sie dachten oder wie sie nach außen hin wirkten. Dazwischen gab es die Mitläufer, die keine eigene Meinung besaßen und stattdessen die Meinung und Eigenarten Anderer annahmen, um dazu zu gehören und zu gefallen. Dann kamen die Verweigerer, die grundsätzlich das Gegenteil von dem taten, was von ihnen erwartet wurde und darauf stolz waren. Die Kuscher, die zu allem nur Ja und Amen sagten, Hauptsache sie hatten ihre Ruhe, waren für ihn die Verlierer der Gesellschaft, denn sie gingen zwischen den anderen unter.
Aber was ging es ihn an, wer wie lebte? Das konnte jeder halten wie er wollte, solange er ihm dabei nicht zu nahe kam.
Und das taten sie nicht. Oft reichte ein finsterer Blick, den er bis zum Erbrechen vor dem Spiegel geübt hatte, aus, um jedwedes Gegenüber, das Interesse an ihm zeigte, sofort zu verjagen. Nur auf diese Art war es ihm möglich nach draußen zu gehen, was er ohnehin nur tat, wenn es denn unbedingt sein musste.
Es fragte sich nur, wie er Connor einordnen sollte. Der hatte sich weder von Worten noch einem bösen Blick vertreiben lassen. Ganz im Gegenteil, fiel Daniel ein und irgendwie schien er auch zu keiner der Gruppen zu gehören, in die er jeden Menschen schob.
Connor ein Egoist? Auf keinen Fall, wehrte Daniel den Gedanken ab. Dann hätte er ihm im Badezimmer nicht geholfen.
Mitläufer? Nein, kein Mitläufer startete eine eigene
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