Liebe ist kein Beinbruch
war? War ihm klar geworden, wie sehr er sie liebte? Tat es ihm leid, dass er ihr das Herz gebrochen hatte? Würde er sie um Verzeihung bitten und sie anflehen, zu ihm zurückzukommen?
Nein. Sie hörte ihre Nachrichten ab. Die meisten hatten etwas mit ihrem Apartment und dem Abschalten von Strom, Wasser und dergleichen zu tun. Ihre Enttäuschung wuchs. Sie wusste, dass Darren nicht der Mann war, für den sie ihn gehalten hatte, doch sie hatte ihn geliebt und eine Zukunft mit ihm geplant – es würde eine ganze Zeit lang dauern, ihr Herz wieder von ihm zu lösen. Sie sehnte sich nach einer Bestätigung, dass sie sich seine Gefühle für sie nicht nur vorgemacht hatte. Die zärtlichen Momente, die sie miteinander geteilt hatten, hatte sie sich doch nicht bloß eingebildet, oder?
Aber ja. Oder wie sonst hätte er sie mit einer Stripperin betrügen und, als sie ihn mit den Gerüchten konfrontiert hatte, so kühl reagieren können?
Die letzte Nachricht war von Amy Bradshaw. Die gefühlvolle Stimme ihrer Freundin zauberte ein Lächeln auf Nikkis Gesicht. Sie kannte Amy nicht so gut. Sie hatte sie erst kennengelernt, nachdem sie aus dem Haus ausgezogen war, das sie mit Darren zusammen bewohnt hatte. Danach wurde ein Apartment in der Nähe von Amy ihre neue Bleibe. Als sie sich im Yogakurs getroffen hatten, war augenblicklich das Gefühl entstanden, Seelenverwandte zu sein. Und obwohl Amy eine erfolgreiche Ingenieurin war, umwerfend hübsch und mit einer schnellen Auffassungsgabe gesegnet, war sie ein häuslicher Typ. Sie schien froh zu sein, eine Freundin gefunden zu haben, die ihre stillen Interessen teilte.
Als Nikki ihr erzählt hatte, dass sie mit dem Gedanken spiele, sich einer Gruppe von Frauen anzuschließen, die nach Sweetness in Georgia ziehen wollte, hatte Amy verhalten reagiert, sie aber dennoch unterstützt. Sie habe die Anzeige gesehen, hatte sie gesagt, und könne verstehen, warum Frauen die Vorstellung gefiele, für zwei Jahre freie Kost und Logis zu genießen und dazu eine Menge starker alleinstehender Männer kennenzulernen. Doch als Nikki daraufhin Amy gefragt hatte, ob die Anzeige sie auch reizen würde, hatte ihre Freundin nur gelacht und erklärt, dass sie in einer Stadt wie Sweetness aufgewachsen sei und nicht die Absicht habe, wieder diese Art von Leben zu führen.
„Ich wollte nur hören, ob du es ans Ziel geschafft hast“, erklang Amys melodiöse Stimme. „Ruf mich an, wenn du mal Zeit hast.“
Nikki wählte die Nummer ihrer Freundin. Ihre Laune hob sich, als Amy sich nach dem ersten Klingeln meldete.
„Amy Bradshaw.“
Nikki stellte sich vor, wie ihre Freundin am Schreibtisch saß, vor sich einige Blaupausen, die sie prüfte. „Amy, hier ist Nikki.“
Amy schrie überrascht auf. „Hi! Wo steckst du?“
„Du würdest es nicht glauben, wenn ich es dir sage.“
„Versuch es doch mal.“
„Ich bin auf dem Wasserturm oberhalb der kleinen Stadt Sweetness in Georgia.“
Amy blieb ein paar Momente stumm. „Das glaube ich dir nicht.“
Nikki lachte. „Es stimmt aber. Ich musste hier heraufklettern, um Netz für mein Handy zu bekommen.“
„Klingt, als wäre in dem Örtchen die Zeit stehen geblieben.“
„So ist es“, bestätigte Nikki. „Aber es ist schön. Bäume und Berge, so weit das Auge reicht.“
Amy schnaubte und klang beinahe neidisch. „Was ist mit den Leuten dort?“
„Die Männer, die die Anzeige geschaltet haben – die Armstrong-Brüder -, sind sehr sympathisch. Ich befürchte jedoch, sie haben sich mit der ganzen Sache vollkommen übernommen. Sie waren nicht darauf vorbereitet, dass tatsächlich hundert Frauen in die Stadt kommen würden.“
„Ich nehme an, die Armstrong-Brüder sind Singles und wie die meisten anderen alleinstehenden Männer völlig ahnungslos, wenn es um Frauen geht?“
„Genau. Ich glaube, sie waren alle mal beim Militär. Und offensichtlich sind sie alle hier aufgewachsen. Ich habe erfahren, dass ein Tornado die Stadt von der Landkarte gefegt hat. Aber ich wusste nicht, dass die Männer ihre Heimatstadt wieder aufbauen wollen. Da frage ich mich, ob die sentimentalen Gefühle vielleicht dem gesunden Menschenverstand etwas im Wege stehen.“
„Südstaatenmänner scheinen der Meinung zu sein, dass sie einfach jede Situation meistern können. Wie eine Dampfwalze. Ohne Rücksicht auf Verluste“, stimmte Amy zu. „Aber … da wir gerade über Südstaatenmänner reden – hast du schon einen interessanten Mann getroffen?“
„Nein.
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