Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
»wollte ich sechs Kinder.«
»Wirklich?«
Sie nickt. »Ja. Das war mein Ziel. Ich wollte viele Kinder und viel Trubel. Und ich war auch sechsmal schwanger, aber das Kind, das nach deinem Dad gekommen wäre, verlor ich. Ich wollte einfach sichergehen, dass ich später kein so einsames und langweiliges Leben führen müsste wie als Kind.« Ihre Stimme wird wieder leise. »Ich habe einfach keine glücklichen Erinnerungen an meine Kindheit.«
Das habe ich verstanden.
Grandma erinnert mich daran, dass sie mir vor ein paar Wochen gesagt hat, ich müsse erst einmal selbst wissen, was ich will, bevor ich mich einem anderen zuwenden kann.
Genau …
Hier ist also die Gleichung: Sie wusste, was sie wollte – Kinder, und Grandpa wusste, was er wollte – Erfolg. Und als sie sich zusammentaten, konnten sie beide ihre individuellen Ziele verfolgen. Und der Preis, den sie dafür zahlte? »Ich akzeptierte all das als Teil meines Lebens«, sagt Grandma. »Ich wollte nie etwas anderes.«
Als sie fortfährt, bittet sie mich zunächst, ihr zu versprechen, nie jemandem zu sagen, von wem sie spricht. Dann erzählt sie mir von einem Paar, das eine sehr unglückliche Ehe führte. »Alles musste nach ihrem Kopf gehen«, sagt Grandma. »Sie hat alle Entscheidungen für ihn getroffen, und er war einfach schwach. Aber wenn er nicht mit ihr zusammen war, dann war er eigentlich ein begabter Mann.«
»Bei seiner Arbeit, meinst du?«
»Nicht nur bei seiner Arbeit, eigentlich in allem. Ihre Familien hatten einen unterschiedlichen Hintergrund, und da ihre sehr traditionell war, musste er seine Art zu leben für sie aufgeben.«
»Nenn mal ein Beispiel.«
»Zum Beispiel die Art, wie sie Weihnachten feierten. Es musste immer so sein, wie es bei ihr zu Hause gewesen war, und er konnte nie mit seiner Seite der Familie zusammen sein. Und alle mussten immer auf sie warten, damit sie einen großen Auftritt hatten.« Grandma streckt die Brust raus. »Jeder sollte tun, was sie wollte. Sie war eine selbstsüchtige, egoistische Person.« Der Mann, erklärte Grandma, stellte seine Bedürfnisse immer hintenan. Er ignorierte die Pläne und Wünsche, die er für sein Leben gehegt hatte, und verlor sich selbst.
»Hat er sein ganzes Leben lang so gelebt?«
»Nein, nicht sein ganzes Leben lang«, erwidert sie. »Schließlich war er ihr ständiges Nörgeln leid und drehte den Spieß um. Er erzählte ihr einfach nichts mehr, und solange sie nicht wusste, was er so trieb, kamen sie gut miteinander klar. Dein Grandpa hätte so jemanden nie geheiratet.«
Wie musste denn die Frau sein, die Grandpa heiraten wollte? Oder, genauer formuliert, welche Eigenschaften suchte er denn bei seiner Partnerin? Ich überlege auch, ob die Redensart »Der richtige Zeitpunkt ist alles« ein Klischee ist oder ob sie einen wahren Kern beinhaltet. Manchmal hatte es ja durchaus so ausgesehen, als hätte ich den perfekten Partner gefunden, aber dann trennten sich unsere Wege schmerzhaft (zumindest mir tat es weh, vielen Dank, Adam Hunt). Konnte es einfach sein, dass es der falsche Zeitpunkt war? Ich frage Grandma, ob sie von vorneherein wusste, dass es zwischen ihr und Grandpa etwas für immer war.
»Ich mochte ihn schon in der Schule«, sagt sie, »aber er behauptete, er habe mich gar nicht gekannt … das zeigt dir ja am besten, dass wir uns auf unterschiedlichen Ebenen befunden haben. Wenn wir schon in der Highschool miteinander gegangen wären, hätte es nicht funktioniert. Bei einer Beziehung ist es wichtig, dass zwei Menschen zusammenwachsen. Dein Grandpa brauchte ein paar Jahre, um reifer zu werden und zu wissen, was er aus seinem Leben machen wollte.«
»Und es passierte, als er Soldat war.«
»Ja. An jenem Samstagabend kam ich an der Eisdiele vorbei, das habe ich dir ja erzählt, und wir unterhielten uns.«
Grandma sagt, dass Grandpa sie an jenem Abend quasi verzaubert hat. Er war der attraktive, charismatische Junge, den sie von der Schule kannte, aber er gab ihr außerdem das Gefühl, einzigartig zu sein. »Weißt du, Kris, du möchtest bestimmt jemanden, der emotional und intellektuell auf deinem Niveau ist.« Wenn der für mich richtige Partner kommt, erklärt sie mir, dann werden wir sicher nicht die ganze Zeit ernsthafte Gespräche führen, aber wenn wir es tun, muss ich spüren, dass er mich auch wirklich hört und versteht – nicht nur die Worte, die ich sage, sondern auch die Botschaften dahinter. Das alles wird er sehen, und danach wird er seine Entscheidung
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