Liebe Ist Nichts Fuer Feiglinge
mit deinem Akzent!« Daraufhin warf sie den Kopf zurück und lachte, bis ihr die Tränen über die Wangen liefen.
Die andere Geschichte ist genauso hinreißend, zeigt jedoch noch mehr von Grandma Angelas Charakterstärke. Nachdem sie und Grandpa Zachary (wie er dann in den USA hieß) sich mit ihrem fast ein Dutzend Kindern auf einer Farm in Pennsylvania niedergelassen hatten, betätigte Grandpa Zach sich als Unternehmer. Für einen Immigranten war er sehr erfolgreich, aber er war häufig von zu Hause weg (das hat Grandpa wahrscheinlich von seinem Dad), und Grandma Angela stellte fest, dass am Haus einiges zu reparieren war. Die Wasserpumpe im Hof war viel zu langsam und musste erneuert werden, damit sie die Wäsche für ihre zehn Kinder waschen konnte. Grandpa Zach schob die Reparatur immer wieder auf, und als er eines Tages unterwegs war und Angela mit Babys, Abendessen und Wäsche jonglierte, lief das Wasser auf einmal gar nicht mehr. Sie ging mit einer Axt nach draußen und hackte auf die Pumpe ein, bis sie völlig kaputt war. Angela rieb sich zufrieden die Hände. Als Grandpa Zachary nach Hause kam, erklärte sie ihm in aller Ruhe: »Die Wasserpumpe ist heute kaputtgegangen. Wir brauchen eine neue.« Am darauffolgenden Tag installierte er mit seinen Freunden eine brandneue moderne Wasserpumpe.
Angela war eine liebenswerte, freundliche Frau, aber wenn es sein musste, war sie stark. Sie zeigte allen, dass die Bedürfnisse einer Frau genauso wichtig sind wie diejenigen eines Mannes … ich frage mich, ob es ihr als Schwiegermutter nicht vielleicht auf die Nerven ging, dass Grandma Glo in ihrer Ehe nie den Mund aufmachte.
Ich stelle mir vor, wie Angela vom Himmel herunterschaut und lacht, über meine schlechte Männerwahl und über mein schlechtes Italienisch. Und vielleicht sagt sie: Du machst es schon richtig. Der beste Weg, in den Himmel zu kommen, ist, furchtlos zu sein und so zu tun, als ob du schon da wärst. Du bist einzigartig. Du existierst als die Person, die du bist, und der richtige Mann wird in dein Leben treten.
»Ah«, sage ich auf Italienisch, »vielleicht hast du recht, Nonna .« Dank der Frauen, die vor mir waren, bin ich bei dieser Unterhaltung nicht allein.
7
Du musst verzeihen können
Meine Eltern streiten sich selten. Zwar erinnere ich mich an ein paar unangenehme Wortwechsel, als ich ein Kind war – Mom gab zu viel Geld für Kleider aus, Dad blieb zu lange mit seinen Kumpels weg. Aber im Großen und Ganzen gehen sie liebevoll und zärtlich miteinander um.
Deshalb finde ich es bis zum heutigen Tag auch seltsam, dass es an Weihnachten immer Streit gibt. Der Weihnachtskonflikt beginnt für gewöhnlich mit dem Baum. Dad schlägt den Baum selber, und wenn er zurückkommt, steht Mom schon in der Tür, um den Baum zu begutachten. Hm. Warum hast du dieses Jahr einen größeren genommen? Hatten sie nur Blautanne? Wie sieht der denn aus, ist ein Bär darüber hergefallen? Unser Baumschmuck ist gar nicht groß genug, um die kahlen Stellen zu verdecken.
Und dann eskaliert es für gewöhnlich, und beim Schmücken ist der Spaß vorbei. Wo ist denn das ganze Lametta geblieben? Der Christbaumständer ist ja gar nicht verdeckt. Wer hat die Strümpfe für die Hunde verlegt? Der elektrische Nikolaus, der bei uns immer auf die Baumspitze kommt, setzt dem Ganzen noch die Krone auf. Er wackelt verführerisch mit den Hüften und winkt wie ein Irrer.
Als ich dreiundzwanzig wurde, war ich der Begeisterung für Weihnachten vollends entwachsen. An Heiligabend fuhr ich nach einem langen Arbeitstag acht Stunden mit dem Zug von New York nach Hause. Dort angekommen, schlüpfte ich als Erstes in meinen Trainingsanzug. Ich schaffte es irgendwie, über drei Feiertage acht Pfund zuzunehmen, bis ich mich dann schließlich tränenreich wieder von der Familie verabschieden musste. Die Geschenke ließ ich zu Hause, sie hätten weder in den Zug noch in mein winziges Apartment gepasst. Damals wurde mir klar, warum so viele Menschen Angst vor den Feiertagen haben: Gleichgültig, wie sehr man seine Familie liebt, es stellt auf jeden Fall eine Herausforderung dar, tagelang auf engstem Raum mit allen zusammen zu sein.
Aber im Jahr zuvor lebte wenigstens Grandpa noch. Über Thanksgiving war ich in Mailand und versuchte mich mit ein paar Freunden an einem Kürbiskuchen-Rezept. Die Italiener verwenden nur frischen Kürbis, deshalb mussten wir ihn kochen und pürieren. Weil wir keinen braunen Zucker bekamen, nahmen wir Ahornsirup.
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