Liebe ist staerker als Rache
habe ich nur so naiv sein können? warf sie sich vor. Sie hatte tatsächlich geglaubt, mit ein paar versöhnlichen Worten zumindest einen Waffenstillstand wahren zu können. Offensichtlich ging die Fehde, die schon seit Generationen zwischen den beiden Familien herrschte, unvermindert heftig weiter. Aber es lag auch noch etwas anderes in der Luft, etwas, das sie lieber nicht genauer definieren wollte.
Nicolás ließ seinen Blick durch den Raum schweifen und stieß einen unterdrückten Fluch aus. Kurzentschlossen packte er Maddie am Arm und zog sie in eine etwas ruhigere Ecke. Und nun ließ er die höfliche Maske fallen.
Maddie riss sich los und rieb sich den schmerzenden Arm. „Wie kannst du es wagen, mich so zu behandeln?“, fauchte sie.
„Ich frage dich noch einmal: Was willst du hier, Vasquez? Du bist hier nicht willkommen.“
Angesichts seiner Arroganz stieg unbändige Wut in ihr auf. Sie reckte ihr Kinn. „Ich gehöre ebenso hierher wie du. Und zu deiner Information: Du hast meinen Vater nicht zwingen können, an dich zu verkaufen, und bei mir wird dir das auch nicht gelingen.“
Nicolás de Rojas schnaubte verächtlich. „Was willst du denn mit diesen alten, knorrigen Weinstöcken. Eure Trauben haben schon seit Jahren keinen nennenswerten Wein mehr hervorgebracht!“
Nie würde sie ihm zeigen, wie weh es ihr tat, dass ihr Vater das Weingut derart heruntergewirtschaftet hatte. „Die de Rojas haben ja dafür gesorgt, dass er aus dem Markt gedrängt wurde“, zischte sie.
„Wir haben nur Gleiches mit Gleichem vergolten. Liebend gerne würde ich bekennen, dass wir jahrelang Intrigen gesponnen haben, um deinen Vater zu ruinieren, aber leider muss ich dir mitteilen: Die Weine eures Weinguts verkauften sich nicht mehr, weil sie einfach minderwertig waren – so einfach ist das. Und das habt ihr völlig ohne unser Zutun geschafft.“
Unwillkürlich wich Maddie zurück. Nic hat wahrscheinlich recht, dachte sie. Das Bedürfnis, räumliche Distanz zu ihm herzustellen, rührte weniger von seinem Verhalten her als von der Verwirrung, die seine Nähe in ihr hervorrief. Erinnerungen an jene verbotene Nacht stiegen in ihr auf. Sie fest an ihn geschmiegt, jeden einzelnen Muskel seines Körpers – und seine Erregung – deutlich spürbar. Damals war sie glücklich gewesen. Sie hatte ihn so begehrt …
„Hier steckst du!“
„Nicht jetzt, Estella.“ Nic warf der Frau, die neben ihnen auftauchte, einen ungehaltenen Blick zu.
Grenzenlose Erleichterung über die Unterbrechung durchströmte Maddie. Sie betrachtete verstohlen die hübsche Blondine, die sie schon draußen vor dem Hotel erblickt hatte. Höflich machte sie Anstalten, die beiden allein zu lassen, aber Nic hielt sie am Arm zurück.
„Estella! Wenn du bitte am Tisch auf mich warten würdest!“
Die junge Frau stieß einen Laut der Überraschung aus, blickte verblüfft von einem zum andern und zog sich dann kopfschüttelnd zurück. Ziemlich gelassen für eine Geliebte, schoss es Maddie durch den Kopf. Erneut befreite sie sich heftig aus Nics Griff. Dabei glitt ihr der Träger des Kleides von der Schulter. Für den Bruchteil einer Sekunde sah sie den Funken des Begehrens in Nicolás’ tiefblauen Augen aufblitzen.
Das bilde ich mir ein, sagte sie sich sofort, dieser Mann empfindet mir gegenüber nichts anderes als Hass und Verachtung. „Ich bin lediglich deshalb gekommen“, begann sie hastig, um ihre plötzliche Befangenheit zu überspielen, „damit du weißt, dass ich wieder zurück bin … und nicht vorhabe zu verkaufen. Und selbst wenn – glaubst du allen Ernstes, ich würde an einen de Rojas verkaufen? Nach allem, was ihr uns angetan habt? Eher würde ich das Weingut niederbrennen! Allerdings habe ich vor, ihm wieder zu seinem früheren Ansehen zu verhelfen.“
Nicolás warf den Kopf in den Nacken und brach in schallendes Gelächter aus. Beim Anblick seiner braun gebrannten Kehle bekam Maddie plötzlich weiche Knie, und eine verräterische Hitze stieg in ihre Wangen.
„Du musst deinen Vater ja ganz schön um den Finger gewickelt haben, dass er gerade dir alles vermacht hat. Und das nach dieser unappetitlichen Geschichte, nachdem du mit deiner Mutter plötzlich von der Bildfläche verschwunden warst! Alle hier gingen davon aus, dass er es eher irgendeinem dahergelaufenen Clochard vermachen würde als einer von euch beiden.“
Unwillkürlich ballte Maddie die Hände zu Fäusten bei der Erinnerung an diese schreckliche Zeit. Ihr Vater
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