Liebe ist staerker als Rache
Teufel soll mich holen, dachte Maddie trotzig, wenn ich es nicht wenigstens versuche. Die Versöhnung mit ihrem Vater war viel zu spät gekommen, obwohl sie nie die Hoffnung aufgegeben hatte. Sie wäre schon vor Jahren wiedergekommen, wenn er dies zugelassen hätte. Solange sie denken konnte, hatte sie sich immer nur eins gewünscht: auf dem Weingut zu arbeiten.
Als sie schließlich den Brief ihres todkranken Vaters erhielt, konnte sie gar nicht anders, als ihm ihre Rückkehr und Unterstützung zuzusichern.
Ihrer beider Beziehung war nie besonders eng gewesen. Er hatte immer nur einen Sohn gewollt – keine Tochter. Außerdem war er der felsenfesten Überzeugung, eine Frau gehöre ins Haus und nicht ins Geschäft. Aber als er auf dem Totenbett lag und ihm bewusst wurde, dass die Arbeit von Generationen verloren sein würde, bereute er diese Einstellung bitter.
Maddie hatte inständig gehofft, noch rechtzeitig zu kommen. Ihr Vater starb jedoch, als sie noch im Flugzeug saß. Sein Anwalt hatte sie vom Flughafen abgeholt und ihr die Nachricht überbracht. So blieb Maddie nur, vom Flughafen aus direkt zur Beerdigung zu eilen, die in engstem Kreise auf dem kleinen Familienfriedhof des Vasquez-Anwesens stattfand.
Sie hatte nicht einmal ihre Mutter erreichen können, die sich gerade auf einer Seereise mit ihrem vierten – zehn Jahre jüngeren – Ehemann befand. Nie zuvor hatte Maddie sich so einsam gefühlt.
Die Familiengeschichte überlieferte, dass die Vorfahren der beiden Familien ursprünglich zwei Freunde waren, die Spanien verließen und hofften, in Argentinien ihr Glück zu machen. Sie wollten gemeinsam Wein anbauen – aber dann war irgendetwas vorgefallen. Angeblich ging es um eine Frau. Um Liebe und Verrat. Maddies Vorfahre hatte geschworen, de Rojas zu ruinieren und deshalb ein eigenes Weingut direkt neben dem seines Freundes gegründet.
Die Weine der Vasquez waren unglaublich erfolgreich und stellten die der de Rojas weit in den Schatten. Natürlich schürte das die Fehde zwischen den beiden Familien, und sie wurde von Generation zu Generation weitergetragen. Es herrschte offene Gewalt, und einmal wurde auch ein de Rojas ermordet. Man konnte jedoch nie nachweisen, dass ein Vasquez diesen Mord verübt hatte.
Über die Jahrzehnte hinweg hatte sich das Glück der beiden Weingüter mehrmals gewendet. Bei Maddies Geburt bestand eine Pattsituation. Die seit Generationen währende Feindschaft schien einem mühsam gewahrten Waffenstillstand gewichen zu sein. Trotz des demonstrativen Friedens wusste Maddie jedoch instinktiv von klein auf, sollte sie auch nur einen einzigen Blick in Richtung der de Rojas-Weinberge werfen, würde sie streng bestraft werden.
Dass Nicolás sie abschätzig als „Prinzessin“ bezeichnete, ließ Maddies Wangen vor Scham brennen. Eigentlich kannte er sie nur von einigen wenigen öffentlichen Anlässen, an denen beide Familien teilnehmen mussten.
Ihre Mutter hatte jeweils die Gelegenheit genutzt, um Maddie herauszuputzen. Sie verwandelte die burschikose Leseratte in die Vorzeigetochter, die sie sich immer gewünscht hatte.
Bei diesen Anlässen wäre Maddie immer am liebsten im Boden versunken und hatte sich bemüht, möglichst nicht aufzufallen. Allerdings konnte sie sich trotz – oder wegen – des Tabus nicht der Versuchung erwehren, Nicolás Cristobal de Rojas heimlich zu beobachten. Er war sechs Jahre älter als sie und besaß bereits als Teenager eine absolut männliche – und arrogante – Ausstrahlung. Die Tatsache, dass dies einen Tabubruch darstellte, machte die Sache nur umso verlockender.
Mit zwölf wurde sie in ein Internat nach England geschickt und kam nur noch in den Ferien heim. Für diese Besuche lebte sie, auch wenn ihre Mutter sie dann wie ein Zirkuspferd herumzeigte. Zumindest bekam sie dabei hin und wieder Nicolás de Rojas zu sehen. Zwar nur bei Polowettkämpfen oder anderen öffentlichen Anlässen. Manchmal sah sie ihn hoch zu Ross, während er die Weinstöcke inspizierte. Er war ihr Held. Ihr Prinz auf dem edlen Schimmel. Stolz und stark.
Bei diesen gesellschaftlichen Anlässen war er immer von Frauen umringt. Maddie dachte an die junge Blondine, die er so brüsk weggeschickt hatte. Offensichtlich hatte sich im Lauf der Jahre nichts geändert.
Vor acht Jahren war es dann zu einem Eklat gekommen, zum endgültigen Aus zwischen den beiden Familien. Plötzlich wurde deutlich, wie stark der Hass zwischen den de Rojas’ und den Vasquez’ wirklich
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