Liebe ist Sterblich (Valerie Dearborn) (German Edition)
so dass das Blut in seinen Mund lief.
„Freigeben!“, befahl sie, und die Schellen öffneten sich; sein lebloses Gewicht fiel auf sie herab, als er von der Wand fiel. Sie fiel rückwärts, und sein totes Gewicht presste sie auf den Boden. Sie drückte und stieß, um zu versuchen unter ihm wegzukommen. Sie drehte ihn um und versuchte es erneut, hielt ihm ihr Handgelenk an seinen Mund, um ihn mit Blut zu füllen, und dann zwang sie ihn zu schlucken, massierte seine Kehle und suchte nach irgendeinem Anzeichen von Leben.
Sie versuchte ihn durch ihre Verbindung zu erreichen, doch es war so, als wäre er nicht da. Es gab nichts, womit sie in Verbindung treten konnte. Nein! Bitte, nein! Sie drückte stärker, versuchte ihre Lebenskraft in seine Venen zu zwingen. Durch sein nicht schlagendes Herz und in seinen Verstand.
Sie erhaschte ein Aufblitzen, wie eine Glühbirne, die durchbrannte, um seinen Verstand einen flüchtigen Augenblick lang zu erleuchten. Sie drückte erneut, schickte ihren Willen in ihn hinein... Und Cerdewellyns ebenfalls. Die Ranken, die in ihrem Innern wuchsen, sich durch ihre Organe wanden und sie wie ihn machten; die benutzte sie ebenfalls.
Plötzlich konnte sie Cerdewellyn sehen, der - fast wie ein überlagerndes Abbild über ihrer Sicht auf Lucas - zu sprechen aufhörte und mit gerunzelter Stirn zu ihr hinaufsah. Er war an einem dunklen Ort, mit jemand anderem, aber sie wusste nicht mit wem. Er sah sie neugierig an, wunderte sich über den Verlust von Macht, kämpfte aber nicht gegen sie an. Sie nahm so viel wie sie brauchte, benutzte sich selbst als Vermittler, um Lucas Kraft zu geben, die Kraft zu leben.
Ein weiteres Aufblitzen. Dann ein Funke. Sein Herz schlug einmal, ein lautes Widerhallen in ihrem eigenen Körper. Dann schlug es erneut.
Es war, als ob er neustartete, als ob er sich an alles, was er war und gewesen war, erinnern musste, um in die Gegenwart zurückzukehren. Und so zog sein Leben an ihr vorbei; ein Satz Karten, die eine nach der anderen aufgedeckt wurden: ein Junge im Schnee; sein Horror, als sein Vater ihn zwang, ein Schwein zu töten; die Freude, als er seine Frau kennenlernte; der tiefe Frieden, den er als Vater empfand. Dann sein Leid und die Verwandlung zum Vampir, seine Todessehnsucht... und dann Jahrhunderte der Aufruhr, als er seine Absicht, Rache zu nehmen, verlor, sie dann wiederfand... Jahrhunderte des Schmerzes und der Wut, flüchtige Momente der sündhaften Freude und der Horror seiner Verbrechen. Und dann ein karges Ödland der Erstarrung, des Desinteresses, als ob die wahre Weite seiner Seele eine Wüste wäre.
Lucas zu lieben, das war seine Vergangenheit zu kennen und zu wissen, wozu er fähig war. Die Schrecken seiner Seele zu sehen und zu wissen, dass er mehr sein konnte. Um den Mann zu trauern, der er gewesen war, und ihn sich zurückzuwünschen. Ich liebe ihn. Glockenrein läutete dieses Wissen durch sie hindurch.
Als ob der Teufel zuhörte, sah sie sich selbst als Nächstes. Der Augenblick, als er sie kennengelernt hatte, sein Genuss beim Geschmack ihres Blutes, seine Unsicherheit darüber, was er mit ihr machen sollte. Seine Lust und Sehnsucht. Sein Erstaunen darüber, dass sie so anders war als all die Frauen, die er gekannt hatte.
Sie sah seine Handlungen mit seinen Augen und schreckte nicht zurück. Nicht dieses Mal. Als sie ihre Augen öffnete, beobachtete er sie. Sein Körper war geheilt, und er sah sie an, als erwartete er Verurteilung.
„Ich bin es.“
Seine Stimme war heiser. „Du bist zurückgekehrt.“ Er berührte sie nicht.
„Es tut mir leid. Es tut mir leid, dass ich fast zu spät gekommen wäre“, sagte sie, ohne sich von ihm wegbewegen zu wollen. Die Mauern erhoben sich, eine Barriere in seinem Verstand, die er benutzte, um sie auszuschließen und sich fern zu halten. Doch in der Sekunde, die er gebraucht hatte, um seinen Verstand wegzuschließen, hatte sie die Wahrheit gesehen.
Es tat ihm nicht leid, dass sie fast zu spät gekommen wäre. Er wünschte sich, dass sie einen Moment länger gebraucht hätte, sodass er gestorben wäre und sie einem Leben ohne ihn überlassen hätte. Sie schüttelte den Kopf, berührte sein Gesicht, beugte sich sogar hinunter, um seine kalten, trockenen Lippen zu küssen. „Ich liebe dich“, sagte sie und sah eine Träne auf seine Wange fallen.
„Nein.“ Er packte ihr Handgelenk und zog es von seiner Wange weg. „Das hier ist keine Fantasie. Dein Traum ist vorbei!“
Sie schüttelte leugnend
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