Liebe kennt keine Gefahren
maskierte Schwarze Rebell. Er öffnete die Augen und dankte dem Himmel, daß es noch stockdunkel im Zimmer war. »Reich mir eine von den Perücken herüber«, sagte er und zog dann die Decke bis über den Scheitel. Auf keinem Fall durfte Jess seine kräftige Mähne sehen. Als sie sich das letzte mal getroffen hatten, war sie ihm mit beiden Händen durchs Haar gefahren.
»Alex, ich sagte dir doch, daß ich beim Anblick einer Glatze nicht gleich in Ohnmacht falle. «
»Bitte, Jessica«, bettelte er.
Seine Augen gewöhnten sich allmählich an die Dunkelheit. Als sie ihm die kleinste von den Perücken zuwarf, schielte er unter der angehobenen Decke hervor und befahl: »Dreh dich um! «
Sie brummelte zwar etwas, gehorchte ihm aber erstaunlicherweise, ohne ein Wort zu sagen.
In der Regel mußte er erst seine Haare zuammenbinden und hochstecken, wenn er die kleine Perücke tragen wollte, die sie ihm zugeworfen hatte. Nun hatte er große Mühe, seine Haarfülle unter der Perücke verschwinden zu lassen. Er hoffte, daß nicht irgendwo eine schwarze Strähne hervorlugte. Sie würde dem scharfen Auge von Jessica gewiß nicht entgehen.
»Und nun meinen Rock, wenn ich bitten darf«, sagte er mit quängelnder Stimme. Vielleicht würde die schillernde Seide ihren Blick von seinen Haaren ablenken.
Jess drehte sich auf den Fersen herum und blickte ihn an. »Ich habe Eleanor versprochen, daß ich nie mehr ein Wort über deine Kleider verlieren werde, glaube aber, daß ich mein Versprechen nur halten kann, wenn du nicht diese abscheulichen Röcke trägst. Und jetzt setz dich hoch, damit ich dich genauer betrachten kann. Eleanor ist überzeugt, daß der Tod dich bereits auf seine Schippe genommen habe, und nach deiner Stimme zu schließen, scheinst du tatsächlich aus dem letzten Loch zu pfeifen. «
Doch Alex machte keine Anstalten, die Zudecke von seinem Kopf zu entfernen. Nachdem er im stillen alle neugierigen Frauen zum Teufel gewünscht hatte, schielte er wieder zu Jess hinauf. »Ich kann mich nicht aufsetzen. Ich habe nichts an. « Er hätte es fast getan, als er sah, daß Jess bei der Vorstellung, seinen nackten Körper betrachten zu müssen, erschauerte. Viel zu rasch, wie es ihm vorkam, hatte sie eine Truhe am Fußende des Bettes geöffnet, ein sauberes Nachthemd hervorgeholt und es ihm zugeworfen, ehe sie ihm abermals den Rücken zukehrte. Er setzte sich auf, daß ihm die Zudecke von den Schultern glitt und seinen breiten, muskulösen Oberkörper entblößte. Während er sich das Hemd über den Kopf streifte, gelobte er im stillen, ihr als Schwarzer Rebell heimzuzahlen, was sie soeben zu ihm gesagt hatte.
Er rutschte wieder unter die Zudecke, legte sich ein Kissen auf den Bauch und winkelte die Arme an, so daß nur seine Hände zu sehen waren. »Du darfst dich wieder umdrehen«, sagte er mit müder Stimme. »Ich bin bekleidet. «
Jess zündete eine Kerze an und betrachtete prüfend sein Gesicht. »So elend siehst du aber gar nicht aus. Was fehlt dir denn? «
»Das Fieber von damals ist wieder aufgeflammt. Habe ich dir eigentlich schon erzählt, daß ein Arzt mir prophezeite, ich würde nicht lange leben, Jess? «
Sie runzelte die Stirn und stellte die Kerze auf den Nachttisch. »Du scheinst mir aber die meiste Zeit hindurch einen gesunden Eindruck zu machen. Ich meine, du siehst zwar schrecklich aus, doch irgendwelche Gebrechen merkt man dir kaum an. « Ihre Augen weiteten sich. »Entschuldigung. Ich habe Eleanor versprochen, dich nicht zu beleidigen. Da ich mich nun davon überzeugt habe, daß du nicht im Sterben liegst, werde ich wieder gehen. Ich muß noch Fische zustellen. Aber iß jetzt bitte wieder etwas, damit meine Schwester mich nicht mehr anschreit. Vielleicht besuche ich dich in ein paar Tagen wieder. « Damit wollte sie zur Tür gehen.
Doch mit einer blitzschnellen Bewegung hielt er sie am Handgelenk fest. »Jess, könntest du nicht noch einen Moment bleiben? Ich fühle mich so einsam. «
Sie versuchte, seine Hand abzuschütteln, was ihr jedoch nicht gelang.
»Das ist allein deine Schuld. Warum stellst du auch diesen See-Elefanten vor die Tür, damit er niemanden zu dir läßt? «
»Es war mir peinlich«, sagte Alex leise, »mich in diesem Zustand vor anderen zu zeigen. «
»Ich finde aber, daß du in diesem Hemd viel besser aussiehst als in diesem… diesem… « Sie schluckte das Wort >Papageienfrack< rasch wieder hinunter. »Also gut, ich bleibe noch ein paar Minuten. Hast du etwas auf dem
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