Liebe klopft nicht an
drei Stunden vergangen waren.
Sie nahm das letzte Taschentuch aus der Packung, zog ihren BH so weit nach unten, wie es ihr bei der schmerzhaften Bewegung möglich war, und stopfte es unter den Stoff, damit es die Wunde bedeckte. Die bereits benutzten, blutigen Tücher, warf sie in einen Abfalleimer.
Mittlerweile tat die Wunde kaum noch weh, außer, wenn sie eine falsche Bewegung machte. Vielleicht hatte sie sich aber auch einfach nur an den Schmerz gewöhnt.
Amy erhob sich ächzend und verließ den Park, hatte aber keine Ahnung, wo genau sie sich befand. Suchend blickte sie zu beiden Seiten der Straße, in der sie stand.
Jetzt, da sie nicht mehr still auf der Bank saß, sondern sich bewegte, tat die Wunde bei jedem Schritt weh, doch Amy biss die Zähne zusammen und marschierte tapfer weiter.
Sie befand sich in einer dieser typischen Londoner Wohnstraßen, in der ein Haus, wie das andere aussah.
Weiße, fast identische Gebäude, säuberlich aneinandergereiht, so weit das Auge reichte und nirgendwo war ein Taxi zu sehen.
Sie zögerte einen Moment, dann drehte sie sich nach rechts und marschierte los. Während sie durch die Straße lief, schalteten sich nach und nach die Straßenlaternen ein.
Amy hatte keine Ahnung, wohin sie gehen sollte. Jessica war zwar ihre beste Freundin, doch Amy war heute nicht in der Lage, um über das zu reden, was geschehen war. Und in ihre eigene Wohnung, in der sie alles an Taylor und ihre gemeinsamen Stunden erinnerte, wollte sie nicht.
Sie lief weiter, den Blick auf den Gehweg vor sich gerichtet und versuchte die Gedanken an Taylor aus ihrem Kopf zu verbannen. Langsam beruhigte sie sich wieder.
Doch dann sah sie zur gegenüberliegenden Straßenseite, wo ein junges Pärchen Arm in Arm auf den Park zuschlenderte. Der Mann beugte sich im Gehen zu seiner Partnerin und küsste sie liebevoll auf die Stirn, woraufhin sie ihre Hand hob und ihm zärtlich über die Wange strich.
Diese Geste erinnerte Amy an Taylor und ein lautes Schluchzen drang aus ihrer Kehle. Sie blieb unweigerlich stehen. Tränen schossen ihr in die Augen und Amy bekam kaum noch Luft. Es war, als ob etwas ihren Brustkorb zusammenpresste und ihre Beine fühlten sich an, als würden sie ihr jeden Moment den Dienst verweigern.
Plötzlich war ihr alles zu viel. Von einem Weinkrampf geschüttelt machte sie ein paar Schritte auf eine der Treppen zu, die zu einem der Häuser gehörte, und setzte sich. Durch die Bewegung schmerzte die Wunde noch heftiger und Amy jaulte auf.
Sie zog die Beine vorsichtig an die Brust, legte ihren Kopf auf die Knie und begann bitterlich zu weinen.
Als sich plötzlich von hinten eine Hand auf Amys Schulter legte, zuckte sie erschrocken zusammen.
»Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht erschrecken«, sagte eine sanfte Frauenstimme. Amy drehte sich um und sah in ein paar Augen, die die Farbe von Vollmilchschokolade hatten. Eine hübsche junge Frau mit braunem, schulterlangen Haaren sah auf sie hinab.
Die Haustür hinter ihr stand offen und kurz darauf erschien dort eine weitere Frau, mit blonden Locken und leuchtend blauen Augen.
»Was ist denn los Megan?«, erkundigte sich die Blondine neugierig.
»Ich glaube, hier braucht jemand unsere Hilfe«, antwortete die braunhaarige Frau, setzte sich neben Amy und streckte ihr vorsichtig die Hand entgegen.
»Mein Name ist Megan Bakerville«, stellte sie sich mit einem ehrlichen Lächeln vor. An ihrem Akzent erkannte Amy sofort, dass sie Amerikanerin war. Sie wischte sich die Tränen von den Wangen.
»Amy Garner«, schluchzte sie.
»Ich bin Molly«, sagte die blonde Frau, die nun auch nähergekommen war und Amy interessiert und zugleich besorgt musterte.
Megan seufzte und warf ihrer Begleiterin einen kurzen Blick zu, dann legte sie Amy eine Hand auf den Rücken.
»Möchtest du hereinkommen? Es ist ungemütlich hier draußen. Außerdem täte dir ein Glas Wein sicherlich gut.«
Amy sah zu Megan und zögerte kurz, doch dann nickte sie. Bei einem Mann hätte sie dankend abgewunken, aber diese Megan und ihre Bekannte machten nicht den Eindruck, als würden sie über Amy herfallen, sobald sie ihr Haus betreten würde.
Schweigend erhoben sich die beiden Frauen und Megan führte Amy nach drinnen, wo sie ihr in der Küche einen Stuhl anbot, während Molly ein Weinglas aus dem Schrank holte und füllte.
Amy nahm einen gierigen Schluck und ganz langsam verebbten ihre Schluchzer.
»Möchtest du darüber reden?«, fragte Megan nach einiger
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