Liebe macht blind - manche bleiben es
Angst hat, der Atem, den der Weltlageerklärer empört ausstößt, könne den Bierdeckelturm zerstören.
Am meisten jedoch fürchte ich mich vor Leuten, die in Wachs arbeiten. Ihre Augen fangen schon zu glitzern an, wenn die sehen, dass der Gastgeber eine oder mehrere Kerzen am Tische entzündet hat.
Sie setzen sich an den Platz, der den Kerzen am nächsten ist, und sind vollauf damit beschäftigt, tropfendes Wachs einzusammeln. Und dann kneten und formen sie. Und wenn sie endlich weggegangen sind, hat man ein Tischtuch, dem auch die 90-Grad-Wäsche nicht mehr helfen kann.
Kein Bügeleisen zum Muttertag
Der Tag der roten Herzerln mit dem Goldranderl rückt unaufhaltsam näher. Schaufenster zeugen davon. Ob auf Rosenstöcken, Konfektschachteln, Handtaschen, Vergissmeinnicht-Schalen oder Parfümflaschen, überall prangt der „Der lieben Mutter“-Hinweis.
Ganz besonders aufmerksam werden vor dem zweiten Sonntag im Mai jedoch die Hersteller von Haushaltsgeräten. Die begnügen sich nicht mit einem aufgeklebten oder angebundenen Goldrandherzen. Die werben lauthals und verkünden Vätern, Töchtern und Söhnen, wonach sich die Mütter der ganzen Welt an ihrem „Ehrentag“ am allermeisten sehnen.
Und das sind unter anderem:
Ein schönes, neues Dampfbügeleisen, damit Papis Hemden nach dem Bügeln keine Knitterfalten mehr haben.
Ein elektrischer Eierkocher, damit der Sohn nicht mehr schimpfen muss, wenn die Mutter das Frühstücksei nicht exakt kernweich hinkriegt!
Ein neues beschichtetes Pfandel, damit die Tochter nicht mehr die Nase rümpfen muss, wenn das Steak fettig glänzt!
Und ein neuer Staubsauger mit Riesensaugkraft, damit Papi, Sohn und Tochter statt auf der Sitzgarnitur auch auf dem flauschigen Teppich herumhocken können, ohne dass ein Fädchen oder Stäubchen auf ihre Kleidung kommt!
Denn jede Mutter, das wissen die Haushaltsgerätehersteller und ihre Werbefirmen genau, hat nichts anderes im Sinne als das ungetrübte, pausbäckige Wohl ihrer Lieben und wünscht sich nur Dinge, die ihr die Hausarbeit erleichtern, damit sie mehr und mehr von dieser bewältigen kann.
Wäre ich der Werbemensch so einer Haushaltsgerätefirma, tönte seit Tagen folgende Botschaft aus dem Werbeblock des Rundfunks: „Liebe Väter, Töchter und Söhne! Wir raten Ihnen dringend, Ihrer Mutter und Ehefrau zum Muttertag kein einziges unserer guten und preiswerten Geräte zu schenken, denn jede normale Mutter hat andere und dringendere Wünsche als unsere 1a-Qualitätsprodukte!“
Sicher! Knapp vor dem Muttertag würde sich der Umsatz dieser Firma nicht enorm steigern.
Dafür aber hinterher.
In Scharen würden die Mütter in die Geschäfte laufen und Bügeleisen, Eierkocher, Staubsauger, Handmixer und Pfandeln der Firma kaufen, die ihnen so einen schönen Muttertag beschert hat.
2. Liebe Papas und Mamas
Rundherum Verführer
Der Xandi und der Michi sitzen in der Schule hinter einem Pult und mögen einander sehr gut leiden. Und die Lehrer haben allerhand zu klagen über die beiden. Von Störung des Unterrichts ist da die Rede, von frechem Verhalten, von Unkonzentriertheit und dergleichen allseits bekanntem negativem Verhalten.
Die Mama vom Xandi ist über die Beschwerden der Lehrer nicht bloß beunruhigt, sie weiß auch sehr genau, woran es liegt, dass sich ihr braver Xandi in letzter Zeit so ungut verändert hat. Am Pultnachbarn Michi liegt es! „Das ist der schlechte Einfluss, den der Kerl auf ihn ausübt“, sagt sie. „Dauernd verführt er den Xandi zum Schlimmsein!“
Die Mama vom Michi weiß auch ganz genau, warum ihr braver Bub plötzlich den Unwillen der gesamten Lehrermannschaft erregt. „Das ist der Einfluss von diesem Xandi“, sagt sie. „Der verführt meinen Michi zu all diesen Dummheiten!“
Und nun haben die beiden Mamas – jede für sich – beschlossen, in die Schule zu gehen und um Versetzung ihrer „Unschuldslämmer“ zu ersuchen, auf dass die nicht mehr verführt und schlecht beeinflusst werden können.
Die Annahme, dass sowohl der Xandi als auch der Michi auf den neuen Sitzplätzen wieder neben Verführern landen werden, ist einigermaßen berechtigt. Es gibt halt eine gewisse Sorte von Mamas, die mit totaler Blindheit geschlagen ist, wenn es um ihren geliebten Nachwuchs geht. Da mag es noch so viele Indizien, ja sogar Beweise dafür geben, dass das eigene Kinderl kein „reiner Engel“ ist, diese Mamas können das einfach nicht sehen und zur Kenntnis nehmen. Da können Jahrzehnte vergehen,
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