Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
Vom Netzwerk:
kennen wir uns erst seit ein paar Minuten.“
    „Alex“, raunte Christian.
    „Schön, blas ich also in Ihr Röhrchen .“ Ich nahm das Ding und blies hinein.
    „Nochmal!“, sagte der Typ.
    Ich versuchte es ein weiteres Mal.
    „Fester !“, feuerte er mich an. „Sie müssen fester blasen. Jaa! Noch ein bisschen!“
    Ich musste lachen, aber sein Gesichtsausdruck war äußerst unfreundlich, also mühte ich mich noch eine Weile ab.
    „Mehr geht nicht“, keuchte ich und reichte ihm das Mes sgerät. Er guckte es sich flüchtig an und zeigte es seinem Kollegen. Der schüttelte den Kopf.
    Es kam, wie es kommen musste, ich stand eine Ewigkeit im Regen und war nass bis auf die Knochen, ehe mich die Typen einluden und zur Blutprobe ins örtliche Krankenhaus mitnahmen. Chris fuhr uns mit seinen zwei Promille hinterher. Er hatte ja eigentlich mich als Chauffeur dabei gehabt und nicht erwartet, noch hinters Steuer zu müssen.
    Man führte uns durch ein wahres Labyrinth von Fl uren, die irgendein Farbenblinder in lindgrün und dunkelbraun getaucht hatte. Alle waren gleichermaßen trostlos. Ich nahm mir vor, mich gut zu benehmen und dem Ganzen möglichst schnell wieder zu entkommen. Der Boden glänzte unter den Neonröhren, an jeder Tür steckten kleine Pappschilder, von denen keines beschriftet war. Mir tat es plötzlich leid, den beiden solche Scherereien zu machen und sie hierher zu zwingen, gerne taten sie das bestimmt nicht.
    Im ersten Stock lag das Labor mit Krankenbahren, Medizinschränkchen und so weiter. Der Arzt rauchte gerade eine auf dem Balkon. Er wirkte überarbeitet und ließ sich Zeit, wahrscheinlich ging seine Schicht gerade dem Ende zu. Eine ganze Weile unterhielt er sich da draußen mit den beiden Polizisten, ich fragte mich, ob wir nicht einfach gehen sollten.
    „Heh, hallo, braucht ihr mich noch?“, rief ich ihnen zu.
    „Halt doch die Klappe“, zischte Christian.
    „Nun mach dir mal nicht gleich ins Hemd.“ Ich sah ihn mir genau an, um sicher zu gehen, dass dies immer noch der alte Chris war, den ich von früher her kannte. Erneut schien er mir verändert.
    S chließlich kamen sie reingeschlendert, die Hände in den Taschen. Der Arzt seufzte, seine Haut war unnatürlich grau.
    „Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Essen Sie bloß keine Heringe !“, sagte er. Die beiden Polizisten lachten, ein Insiderwitz. Ehe ich mir noch Gedanken darüber machen konnte, betrat ein Typ in grünem Kittel und Mundschutz das Labor. Möglicherweise befand sich hinter der Tür ja die Pathologie, so was kannte ich nur aus Krimis. Während der Arzt leise mit ihm redete, krempelte er meinen Ärmel hoch und band mir den Arm ab, die Spritze bemerkte ich erst, als der Maskierte wieder nach nebenan verschwand.
    „Scheiße, nein!“ Ich versuchte, mich zur Wehr zu se tzen, aber im Nu hatten mich die beiden anderen gepackt.
    „Halten Sie doch still ! Sie verletzen sich bloß, wenn Sie so rumzappeln.“
    „Er mag keine Spritzen“, hörte ich Christian hinter mir sagen.
    „Hilf mir!“, brüllte ich, denn vor mir tauchte wieder der Arzt mit seiner Pferdespritze au f. Ich schaffte es nicht, mich freizukämpfen, und schon spürte ich, wie sich die Spitze in meine Armbeuge bohrte.
    „Nicht verkrampfen – entspannen Sie sich!“ Der hatte leicht reden, schließlich war er am anderen Ende der Spritze. Vorsichtig lugte ich an meinem Arm herunter, Blut quoll in kleinen Wölkchen in den Zylinder, mir wurde erst heiß und dann schlecht.
    Eine halbe Stunde später kam ich wieder zu mir. Ich hing immer noch in diesem Stuhl, wenigstens hatten sie meine Beine auf einen Hocker gelegt, der Maskierte von eben verschwand gerade wieder in seinem Kabuff. Das Ergebnis würde erst morgen vorliegen, aber ich hatte Glück, sie ließen mich endlich laufen. Mein Arm war grün und blau und wog zwei Tonnen. Dieser Schweinehund hatte mich entsetzlich zugerichtet.
    Zu Hause stellte ich mich erstmal unter die heiße D usche, während Chris sich die Couch herrichtete. Er schlief die erste Nacht in der Heimat immer bei mir, das hatte sich so eingebürgert. Keine Ahnung, ob er in New York ne Freundin hatte, aber hier in Deutschland erwartete ihn nur seine leere Behelfswohnung.
    Früher mal hatten wir wahre Feste in seinem Apartment gefeiert, hundertsechzig Quadratmeter in bester Wohnlage, mit Dachterrasse und allem drum und dran. Dann aber wurde er von seinem Vater immer häufiger ins Ausland geschickt, er verkaufte das Apartment und mietete diese

Weitere Kostenlose Bücher