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Liebe oder so

Liebe oder so

Titel: Liebe oder so Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Montag
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rechnen gewesen, schließlich war sie nicht eben ein Mauerblümchen, aber die Nachricht traf mich letztlich doch mitten in die Magengrube. Meine bisherigen Ansätze eines Neubeginns waren eher kläglich, Frauen spüren es ganz genau, wenn du kein Ass mehr im Ärmel hast. Ich fragte mich, wo sie denn alle waren, die verzweifelten Frauen meiner Generation, die sich bei irgendwelchen Umfragen über den Männermangel beklagten.
    „Wochenende wär e doch prima“, sagte Ludwig, ohne auf meine Bemerkung einzugehen, „komm doch am Samstag, dann kannst du mit uns essen.“
    „Ja, mal seh en, ich ruf vorher nochmal an.“
    „ Helene backt sicher auch einen Kuchen, wenn sie hört, dass du kommst.“
    Soll mir einer sagen, er wäre an meiner Stelle nicht g erührt gewesen. Sonjas Neuer würde sich gewaltig anstrengen müssen, um meinen Platz einzunehmen. Wenn ihre Eltern lieber mich als ihn an ihrem Wagen schrauben ließen, schien er sich auf diesem Gebiet bislang nicht gerade als große Leuchte erwiesen zu haben. Andererseits konnte man Helene und Ludwig aber auch nicht als gleichwertigen Ersatz für Sonja ansehen.
    „Sch ön“, sagte ich, „ich komme gern.“
     
    Der Winter hatte sich bislang lediglich durch kalte Nächte angesagt. Grund genug für Ludwig, seinen Wagen aufzurüsten und sich gegen seine natürlichen Feinde Schnee und Eis zu wappnen. Während ich seine Reifen tauschte, räumte er sein „Winterset“ in den Kofferraum, das neben gefütterten Handschuhen und einem riesigen Eiskratzer auch einen Besen zum Abkehren des Schnees vom Autodach enthielt. Durch die Tatsache, dass er seinen Wagen eigentlich nur für die besagten Touren zum Baumarkt aus der Garage entfernte, ließ er sich bei seinen Vorbereitungen nicht beirren. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sein Winterset auch eine Notfallration Proviant enthalten hätte.
    Helene entschuldigte sich ein Dutzend Mal dafür, dass ihr Kuchen misslungen sei, dabei war lediglich der Boden am Blech zurückgeblieben.
    „Das ist mir noch nie passiert.“
    „Das macht doch nichts“, versuchte ich sie zu beruhigen, „er schmeckt trotzdem sehr gut. Wirklich.“
    Nach dem Kaffee verabschiedete ich mich von den beiden, denn ich war mit Christian zum Fußball vera bredet. Wir gönnten uns den Spaß ab und zu, weil wir zu Sonderkonditionen ins Stadion kamen und das Ganze manchmal sogar noch was einbrachte.
    Christian besaß nämlich einen US-amerikanischen Behindertenausweis. Nicht, dass er in irgendeiner Weise gehandicapt war, er hatte ihn billig auf einem Trödelmarkt in Greenwich Village erstanden. Natürlich war der Ausweis längst abgelaufen, aber mithilfe eines Stempel-Baukastens aus dem Spielwarenladen hatten wir die Laufzeit und die amtlichen Einträge ein bisschen frisiert.
    Eigentlich wollten wir nur mal testen, ob sich mit einem solchen Ausweis ein paar Euro sparen ließen. Das wahre Ausmaß unserer Möglichkeiten erschloss sich uns aber erst durch Lenny Kravitz. Sein Konzert war derart früh ausverkauft, dass wir unsere ganze Dreistigkeit zusammenwerfen mussten, um in die Halle zu gelangen. Mit einem geliehenen Rollstuhl und einem sabbernden Christian sorgte ich als sein Betreuer so lange vor der Kasse für Ärger, bis man uns passieren ließ – kostenlos natürlich. Und nicht nur das: Wir genossen Lennys Auftritt von einer Art Ehrenpodest aus, durften nach dem Konzert auf die Bühne und wurden zum Abschied auch noch mit allerlei Devotionalien und Autogrammkarten beschenkt.
    „ You are the b-best, Lenny“, stammelte Christian und rollte mit den Augen.
    „Thank you.” Lenny Kravitz war gerührt. Ich machte ein Foto von den beiden, wobei ich darauf achtete, den Rollstuhl nicht mit aufs Bild zu kriegen. In Chris’ New Yorker Büro hing die halbe Wand voller Promifotos.
    „ I d-downloaded all your r-records.”
    Lenny starrte erst ihn, dann mich entgeistert an.
    „S -sorry, Lenny. Records are t-too expensive.”
    „ Wait a minute“, sagte Lenny sehr ernst und verschwand in seiner Garderobe.
    „ Übertreib es nicht“, sagte ich, als ich Christian zehn Minuten später wieder nach draußen schob.
    Lennys Demo-CD riss man uns in den Internet-Börsen ebenso aus den Händen wie das T-Shirt von Robbie Williams, das er mit „For my dear friend Christian“ signiert hatte. Man hätte siche rlich mehr aus der Sache rausholen können, aber zum professionellen Betrug fehlte uns dann doch die Skrupellosigkeit.
    An der Kasse des Stadions wollten die Ordner

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