Liebe stand nicht auf dem Plan
Gedankengang.»Bilder zum Mitnehmen sind teurer. Bei 150 Euro ist gerade mal die Farbe drin. Das ist im Club okay, da gibt’s Publikum.«
»Wie viel?«
»Vierhundert, Sonderpreis. Wenn’s jemand bei dir sieht und auch was in der Größe haben will, ein Tausender.«
Leif hat ohnehin nicht viel Besuch, außer seinen wechselnden Freundinnen kommt kaum jemand vorbei. Also schiebt er Dali den Stapel Scheine hin. Soll der das Spielgeld durchzählen. »Einverstanden.«
Dali reagiert gelassen, obwohl er innerlich fast durchdreht. »Hast du ne Plastiktüte?«
»Hast du Interesse an einem 400-Euro-Job, so wie die anderen? «
Klar! Damit kann Dali sich einige Auseinandersetzungen mit seinen Eltern ersparen. Wenn er sich seinen Lebensunterhalt künftig selbst verdient, kann er kommen und gehen, wann er will. Dass sie ihm künftig noch Taschengeld zahlen, kann er wohl knicken, aber das dürfen sie gern behalten. Miete wird er zahlen, wenn er irgendwo wohnen kann, wo und wie er will. Wie auch immer es passiert ist, mit dem Umzug ist er erwachsen geworden. Zurückdrehen kann er das nicht mehr.
»Ich will den Entwurf für das Cover für die Club-Compilation sehen. Die nächste machst du.« Leif ist begeistert von seinem Porträt. Er sieht etwas darin. Eine Kraft, einen Ausdruck, der ihm fast verloren gegangen ist. Zu gerne hätte er es nach Hause verfrachtet, sich davorgesetzt und ein Glas auf sich getrunken.
»Hast du gesehen, dass ein gewisser Charly seinen Namen auf die obere Schublade geschrieben hat? Mit Kugelschreiber.« Es klingt säuerlich, obwohl Leif sich um einen beiläufigen Ton bemüht.
»Wo, was für ne Schublade?« Hier im Büro? Dali kann nicht folgen.
»Auf Maikas Schenkel.«
Ach so. Nein, hat er noch nicht gesehen, aber Dali nimmt zur Kenntnis, dass sich der Chef seine Bilder sehr genau und von Nahem angeschaut hat. »Vorne an der Straßenecke hat einer ein schwarzes A mit Kreis drumrum gesprüht und fett Anarchie ist machbar danebengeschrieben. Drunter hat ein anderer mit Kugelschreiber auf den Putz gekritzelt … aber nicht auf See.« Dali grinst. Es ist sein Lieblingsgraffito, so schön differenziert.
»Der weiß, was geht und was nicht. Aber wehe, ein besoffener Clubgänger schmiert seine tiefgründigen Gedanken auf mein Portrait. Da hört der Spaß auf.«
»Bittöööööh«, betteln herzzerfetzend zwei Dreizehnjährige.
»Es tut mit wirklich leid, aber du musst noch drei Wochen warten, und du kannst in sieben Wochen auch schon rein«, tröstet Keath die beiden.
Die Kleinere heult. So viel Enttäuschung kann die letzten Gletscher zum Schmelzen bringen. »Die halbe Klasse ist drin. Ich will auch rein.«
»Ihr könnt morgen als Special Guests zum Streetdance in den Jugendclub kommen, dann bring ich euch Styles bei. Wenn ihr die übt, habt ihr an eurem Geburtstag echt was drauf«, flüstert Keath. »Ihr dürft es bloß nicht weitersagen.«
Das hilft. Er stempelt weiter im Akkord mit knallroter Farbe UUU AAA auf die Handrücken und lässt sich gutmütig von Vierzehnjährigen anbaggern. Die Strichliste nähert sich der Dreihunderter-Grenze. Noch fünfzig, und es ist Schluss. Das scheint eine zu ahnen und drängelt sich vor. Keath fragt nach ihrem Ausweis. Sie flippt ihren Geldbeutel auf und hält ihn ihm sehr dicht unter die Nase. EC-, Kreditkarten und ein nagelneuer Führerschein stecken übereinander in den Kartenfächern.
»Sorry, du bist drüber, Katie. Nachträglich Glückwunsch zu deinem Geburtstag.«
Das macht sie wütend. »Ich bin in Dalis Klasse. Er hat mich eingeladen. Hol ihn her.«
»Ich darf nicht rein. Ich bin auch drüber. Du hast Dali aus Gründen, die nur du kennst, nicht zu deiner Geburtstagsparty eingeladen, sonst hätte er dir gesagt, dass du heute leider nicht mitfeiern darfst. Fahr mit deinem Auto durch die Gegend und lass die andern ran.«
»Ja, geh unter den Arschlöchern wählen und sorg für ’ne bessere Zukunft«, sagt der Punk, an dem sie sich vorbeigedrängelt hat. »Und jetzt mach Platz! Wir wollen feiern!«
Keath hat Spaß.
»Engstirniger Spießer«, zischt Katie ihn an.
Er schüttelt den Kopf, lacht und stempelt weiter.
Vier Stunden später verschwindet Nora auf dem Klo, bunkert ihre Einnahmen und wechselt ihr T-Shirt. In bester After-Underage-Club-Putz-Laune fegen sie durch den leeren Club. Und
Mehmet schwelgt im Erfolg seines zweiten erfolgreichen Gigs. Zu Recht, er ist einfach gut.
Keath gibt das Intermezzo vorm Club zum Besten. »Kennst du ne
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