Liebe stand nicht auf dem Plan
unter aller Sau! Und dann die Miete verdoppeln wollen. Das ist doch das Allerletzte!« Maikas Mund steht offen. In einem fort schüttelt sie den Kopf. Sie weiß, was Nora mit tragisch meint. Es ist ihr verdammtes Lebensthema. Aber für ihre Begriffe hat Leif eben eine Grenze überschritten. Das verdient kein Mitleid.
»Kann ich jetzt mein Wasser kriegen?«
»Vielleicht ist er … krank?«, überlegt Nora.
»Krank, ja, das wird’s sein«, kommt prompt von Maika, zynisch gedehnt.
»Ich will endlich mein Wasser, verdammt noch …«
Maika macht Anstalten, es dem Kerl vor den Latz zu schütten, kann sich gerade noch bremsen und knallt das Glas vor ihm auf die Theke.
»Danke! Vielen, herzlichen Dank!«
»Ich hol Dali«, beschließt Nora. Sie muss mit Maika vor die Tür, bevor sie die Gläser und ihre wasauchimmerfüreine-Beziehung zu Leif hinschmeißt.
Minutenlang fummelt Leif schon an seinem Schloss herum und kriegt es nicht auf. Warum fragt er nicht, ob Keath ihm hilft? Der ist von den gezischten Flüchen genervt, kann das Gestöhne nicht mehr hören. »Mach du das«, geht dem Chef doch sonst auch leicht von den Lippen. Keath ist drauf und dran, »lass mich mal« zu sagen, aber da dreht Leif durch und tritt wütend gegen
den Fahrradrahmen. Er krümmt sich prompt vor Schmerz. Es ist nicht mit anzusehen. Keath dreht ihm den Rücken zu, und so kommt es, dass er die fette Ratte im langen abendlichen Schatten der Wand Richtung Mülltonnen schlendern sieht. Da ist die von ihm ausgedachte Fantasieratte, durch seine Rede herbeigerufen, seine Worte haben sie auf den Plan gebracht und ihr den Weg bereitet! Sie weiß, dass sie erwartet wird, und ist sich ihrer Bedeutung bewusst. Ohne Eile spaziert sie daher. Zwei Ratten kommen auf jeden Hamburger Bürger, Double Burger, eine zwischen das Brötchen, eine drauf. Die hier kommt allein. »Pssst!«, zischt Keath.
Was soll das? Leif hat nicht geschrien. Er war drauf und dran, aber er hat’s nicht gemacht. Die Zähne hat er zusammengebissen, zum Teufel! Automatisch folgt sein Blick Keaths langem Arm bis zum ausgestreckten Finger. Den der sofort wieder auf seine Lippen legt. Ja, er sieht den fetten Hofkater. Leif hat sich im Geschlecht geirrt, aber das hätte Keath auch passieren können. Die Katze kauert, den Bauch am Boden, in einer Ecke des Hofs und schleicht dann lautlos wie ein Reptil der Ratte nach. Die verharrt einen Moment und schnuppert Regenluft. Ein Sprung, Gequieke, dann ein markerschütternder Schrei. So schnell er kann, hinkt Leif zu Keath. Die Katze schüttelt wild den Kopf hin und her, verliert die Ratte, versucht sich zwischen Wand und Mülltonne zu quetschen, angelt mit der Pfote. Dann weicht sie zurück, springt mit einem Satz auf die Tonne, richtet sich auf den Hinterpfoten auf und schlägt mit der Vorderpfote nach der Ratte, die im Bogen an ihren Krallen vorbei über die Mauer verschwindet. Die Tonne wankt, als die Katze von der Wand ablässt, sich hinsetzt und nach oben starrt.
Keath ist froh über diesen Ausgang
»Ein Kampf auf Leben und Tod«, sagt Leif leise. Er ist beeindruckt,
seltsam berührt, weil sie eben genau davon gesprochen haben. »Sieht nicht aus, als ob der Kraftfutter nötig hätte.«
Die Katze leckt sich die Pfoten, dreht den Kopf und sieht Keath mit großen gelben Augen an. Dann springt sie auf den Boden und verschwindet hinterm Club.
Ich hab die Ratte herbeigeredet, denkt Keath, Leif die Katze, und beide sind gekommen. Das muss ich Nora erzählen.
Der Schlüssel dreht sich wie in Butter. Das Fahrradschloss geht problemlos auf. Keath gibt Leif den Schlüssel zurück und kommentiert es nicht.
Der Tritt, vermutet Leif, hat, was verhakt war, gängig gemacht. Er selbst humpelt.
Keath begleitet ihn bis zur Straße, weil er fürchtet, dass sein angeschlagener Chef sonst überhaupt nicht mehr den Absprung findet. Außerdem haben sie auch noch von Hunden und Affen gesprochen. Der eine Hund war ja schon da, aber er hat keinen Bock, dass die anderen auch noch hier aufkreuzen! Er wird dabeibleiben, bis der labile Leif fest im Sattel sitzt und sich in den Straßenverkehr eingefädelt hat. Unter seiner Aufsicht sollen alle Kleinen und Kleinmütigen sicher den Hof verlassen können.
Und da sind sie schon, zwei Affen und zwei Hunde, unterm Vordach der Peepshow. Der Typ von vorhin muss den größeren Glatzkopf zu Hilfe gerufen haben.
»Schon mal daran gedacht, deinen Kindergarten zu verkaufen, Borg?«, fragt der Kleinere.
»Ständig. Wollt ihr
Weitere Kostenlose Bücher