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Liebe stand nicht auf dem Plan

Liebe stand nicht auf dem Plan

Titel: Liebe stand nicht auf dem Plan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Rapp
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dreihundertfünfzig Partygäste ab, für die Anwohner eine kurze, aber extreme Heimsuchung. Verabredungen werden über die Straße gebrüllt, niemand unterhält sich in normalem Ton. Fast alle schreien, selbst wenn sie nebeneinander hergehen, und ein paar tuscheln: Hast du den gesehen? Weißt du, wie die heißt? Der is so süß! Ich hab ihre Handynummer. Hast du die Hose gesehen? Hose? Hundert Hosen. Die mit den roten Kühen. Ja, echt stark.
    Und weg sind sie, wie ein Spuk vom Bus verschluckt, von der S-Bahn unter Tage weggezaubert. Daheim nehmen sie wieder Gestalt an. 9800 bis 11 200 Zähne werden geschrubbt, 350 Klospülungen
gleichzeitig gezogen, und in der Kanalisation surfen die Ratten um die Wette.
    »Das mit dem Gratis-Wasser müssen wir ändern. Die saufen das weg wie die Wallache und lassen überall die Gläser stehen«, stöhnt Dali, der genauso platt ist wie Mehmet. Die Anregung verhallt, findet keinen Anklang, zu wohltuend ist die Stille. Die Helden lagern auf der Bühne, das ist dienstags jetzt so Brauch. Hier ist es sauber. Nur Mehmets und Leifs Schuhe haben Spuren darauf hinterlassen.
    »Ist die Tür zu?«
    Nora klimpert zur Antwort mit dem Schlüssel und zieht ihr Handy raus. »Wer will was?« Drei Köfte, ein Döner und ein Lahmancun. Bitte in den Club liefern und laut klopfen, ergeht die Bestellung an den Orient-Express. »Sieben Minuten. Machen wir so lang ein Nickerchen.«
    Nach zehn Minuten wummert es an der Tür. Mit steifen Beinen stakst Nora los.
    Die Verköstigung findet auf der Bühne statt, da schmeckt es am besten.
    »Hat wer Bock, über die Ansage zu reden?«, fragt Maika. Mampfen als Reaktion, bloß Keath nickt, und sie gibt sie im Wortlaut zum Besten, inklusive Leifs kaltschnäuziger Underage-Club-Übernahmeabsichten, die Mieterhöhung und Noras Antwort darauf. »Jetzt fühlt sie sich schuldig, weil er traurig abgezogen ist«, schließt sie ihren sachlichen Bericht.
    »Wie würdest du dich fühlen, wenn du Leif wärst?«, fragt Nora und beißt in den dritten Hackkloß.
    Maika wartet nicht, bis sie den Mund leer hat. »Gut.«
    »Wenn ich Leif wär, würde ich’s genauso machen wie er«, sagt Dali, ganz der loyale Arbeitnehmer.
    »Wenn ich Leif wär, würde ich mich, Mehmet, zum Club-DJ
machen und besser löhnen.« Mehmet grinst Keath an. »Und du?«
    »Liegt daran, worauf die Betonung liegt. Wenn ich Leif wär, würde ich gelassen meine Hackfleischbällchen mampfen. Wenn ich Leif wär, nicht.«
    Dali hat mittlerweile zwei Kilo abgenommen und amüsiert sich kolossal.
    Alle sehen Nora an.
    »Ich würde meinen Namen ändern.«
    »Ja, das ändert alles«, grinst Maika und leert ihr Glas in einem Zug. »Dann bleibt nichts, wie’s war.«
    »Darum geht’s«, sagt Nora und prostet ihr mit ihrem Wasserglas zu. »A new life.«
    »Leif heißt Leben, oder?« Maika kann kein Englisch, außer I love you, fuck you, cash, killen, chillen und was so zum Alltag gehört.
    »Leif steckt in der Midlife Crisis …«
    »Hast du schon gesagt.« Langsam wird Maika das Leif-Thema unangenehm.
    »… der hat den Club satt und fragt sich, ob sein Leben bald rum ist. Life over, und alle labern ihn mit Leif an. Ich werde ihn nur noch Chef nennen. Ich brauch den Job. Stellt euch vor, er macht dicht und verkauft.«
    »Die blöden Glatzen, die hoffentlich ihre Kohle vollständig für Hundefutter und Trainingshosen ausgegeben haben, wollen ihm ein Angebot machen, haben sie eben rumgetönt«, sagt Keath. »Er geht garantiert nicht drauf ein. Aber er schlägt sich mit dem Gedanken rum, den Laden zu verkaufen. Das ist sicher.«
    Schweigen breitet sich aus.
    Maika sieht ihre nächtlichen Ausflüge in alle möglichen Bars, in allen Ecken der Stadt, plötzlich in völlig neuem Licht. »Dann
wirken wir dem entgegen und schaffen dem Mann den Ärger vom Hals. Ist es das, was du meinst?«, fragt sie. Nora nickt.
    »Meine Rede, seit dem Beginn unserer triumphalen Destructive Pressure Putzgang«, sagt Mehmet bescheiden. »Und deshalb, Leute, schlag ich vor, wir putzen jetzt.«
    »Du hast ja nicht alle«, sagt Maika. Sie lässt sich zurücksinken und denkt, ich werde ihn nicht fragen, was »Präscher« heißt, lieber frag ich Leif.
    Nora stopft die Einnahmen vom Eintritt in ihren Lokus-Geheimsafe. Daheim kann Yolanda wieder die Getränkegeld-Münzen rollen und dazu Wer wird Millionär? kucken. Das macht ihr Spaß.
    »Wo kriege ich um diese Uhrzeit frische Rosen her?«, fragt Mehmet und erntet große Augen. »Für meine Mutter, ihr

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