Liebe und andere Zufalle
wieder rüber. Viel Glück mit deiner Liste.«
Shanna gluckste, als er durch die Tür verschwand, doch er ignorierte sie und zog sich in seine Wohnung zurück. Dort wurde er sich bewusst, dass er noch nicht zu Abend gegessen hatte, aber er wollte nicht ausgehen, da er sonst unvermeidlich über Min stolpern würde.
»Kein Problem«, sagte er zu sich selbst und ging in die Küche. Da gab es noch Brot und Erdnussbutter und sonst nicht viel, also steckte er Brotscheiben in den Toaster und lehnte sich dann gegen den Kühlschrank und wartete darauf, dass das Brot heraussprang.
Als er sich müßig umblickte, fiel ihm zum ersten Mal auf, wie hässlich die Küche war. Und durch den Bogendurchgang hindurch sah er, dass das Wohnzimmer noch schlimmer aussah. Wenn er die Wohnung ein wenig aufmöbelte, vielleicht würde er dann öfter einmal zu Hause bleiben wollen. Allmählich wurde er sowieso zu alt dafür, immer nur in Bars herumzuhängen. Als das Telefon klingelte, griff er danach, froh um die Ablenkung.
»Calvin«, hörte er die Stimme seiner Mutter, aber sogar sie war noch besser als die Grabesstille.
»Mutter«, erwiderte er. »Wie geht's dir?« Die Toastscheiben sprangen heraus, also klemmte er sich den Hörer zwischen Schulter und Ohr und öffnete das Glas mit Erdnussbutter.
»Ich rufe wegen des Abendessens am Sonntag an«, sagte sie.
»Ich werde kommen, Mutter«, versicherte er und fuhr in Gedanken fort: Ich komme doch jeden dritten Sonntag im Monat, Mutter . Immer der gleiche Trott.
»Ich möchte, dass du unseren Gast abholst und mitbringst.«
»Gast?«, echote Cal, während er ein Streichmesser herausholte, um die Erdnussbutter zu verstreichen.
»Minerva Dobbs«, sagte seine Mutter.
»Was?« Cal ließ das Messer fallen.
»Ich habe sie angerufen, weil Harrison so oft von ihr erzählt hat, und ich dachte, es wäre nett für ihn, wenn sie einmal zu Besuch käme.«
Cal seufzte. »Was hat sie denn dazu gesagt?«
»Sie schien überrascht zu sein«, antwortete seine Mutter. »Aber als ich erklärte, dass Harrison sich sehr freuen würde, wenn sie käme …«
»…da sagte sie zu«, vollendete Cal und angelte nach dem Toast. »Nun ja, aber ich kann sie nicht mitbringen, weil ich sie nicht meh…« - seine Finger berührten das heiße Metall des Toasters, und er ließ den Hörer fallen. »Verdammt«, zischte er und steckte die verbrannten Fingerspitzen in den Mund.
»Calvin?«, rief seine Mutter aus dem Hörer.
Er hob ihn auf. »Entschuldige. Ich habe mich am Toaster verbrannt.« Cal drehte das kalte Wasser auf und hielt seine schmerzenden Finger darunter. »Na, jedenfalls sehe ich Minerva Dobbs nicht mehr.« Als er einen Schritt zurückmachte und auf etwas Hartes trat, rutschte sein Fuß aus und knallte gegen den Unterschrank. »Autsch.«
»Calvin?«, fragte seine Mutter.
»Ich bin auf ein Messer getreten.« Cal bückte sich, um das Erdnussbutter-Messer aufzuheben, und schlug sich den Kopf an der Arbeitsplatte an. » Zum Teufel .«
»Hast du dich geschnitten?«, fragte seine Mutter.
»Nein. Ich …« Er warf das Messer ins Spülbecken. »Ich rufe dich morgen an, Mutter.«
»Calvin?«, rief seine Mutter, aber er legte auf und machte eine kurze Bestandsaufnahme seiner Lage.
Anscheinend sabotierte er sich selbst. Er war schlecht gelaunt, er war müde, er war hungrig, und er war unachtsam. Er nahm das Telefon wieder auf und wählte die Nummer von Tonys Handy.
»Hallo?«, schrie Tony über den Lärm in der Bar hinweg.
»Ist Min bei euch?«, fragte Cal.
»Warte eine Minute«, rief Tony zurück und war eine Minute später ohne den Hintergrundlärm wieder am Apparat. »Tut mir Leid. Was wolltest du?«
»Ist Min bei euch? Ich möchte sicher sein, dass sie nicht gerade dort ist, wo ich hingehe.« Er runzelte die Stirn. »Sie macht mich vollkommen verrückt.«
»Verfolgt sie dich?«, fragte Tony ungläubig.
»Nein, sie will das auch gar nicht«, erwiderte Cal. »Es ist, als wären wir in einer Kiste zusammen gefangen. Wir versuchen dauernd, getrennte Wege zu gehen, und stoßen doch immer wieder aufeinander. Ihr geht nicht zu Emilio's, oder?«
»Chaostheorie«, stellte Tony fest. »Min ist die fremde Anziehungskraft.«
»Das ist wahr«, versetzte Cal. »Geht ihr heute zu Emilio's, oder kann ich hingehen und in der Küche essen?«
»Du kannst ruhig gehen«, antwortete Tony. »Aber im Ernst, diese Kiste, von der du sprichst, ist der Bereich deiner Anziehungskraft. Du und Min, ihr versucht, voreinander zu
Weitere Kostenlose Bücher