Liebe und andere Zufalle
um, um ihre grau karierte Kostümjacke anzuziehen …
Sie starrten sich gegenseitig einen endlosen, verblüfften Augenblick lang an, dann wandte sie sich ab und ging hinaus, und er folgte ihr. Draußen auf der Straße drehte sie sich um und sah ihn an.
»Wie groß war die Wahrscheinlichkeit?«, fragte Cal.
»Ich weiß nicht mal, wie man die Wahrscheinlichkeit berechnen sollte«, erwiderte Min und setzte sich in Marsch, und er fiel neben ihr in Gleichschritt, denn sie sollte nicht alleine durch die dunkle Stadt nach Hause gehen.
Zufall , sagte Cal sich. Passiert dauernd. Nichts Besonderes. Das heißt gar nichts .
Als sie ihr Haus erreichten, marschierte sie die Stufen hinauf, ohne darüber zu streiten, wer zuerst gehen sollte, und er war zu sehr verblüfft, um an ihr Hinterteil zu denken. Vor ihrer Wohnungstür sagte Min nur: »Danke für die Begleitung«, und er erwiderte: »Gern geschehen.« Einen endlosen Augenblick lang sahen sie sich an, und Cal blieb die Luft weg, er verlor sich in ihren Augen und dachte nur: Oh Gott , nein, nicht mit dir . Dann schüttelte sie den Kopf, betrat ihre Wohnung und schloss die Tür. Cal drehte sich um und ging die achtundfünfzig Stufen zur Straße hinunter, und er war sich nicht sicher, ob er erleichtert war oder nicht.
Er blieb stehen und blickte zu dem Mansardenfenster hinauf, hinter dem ihr Schlafzimmer lag. Dort saß der Kater, vor dem Licht nur als Silhouette zu erkennen, und wahrscheinlich blickte er wieder nur mit einem Auge in die Dunkelheit. Er stellte sich vor, wie Min sich auf der Satindecke niederließ, sich in die gehäkelten, nach Lavendel duftenden Kissen zurücksinken ließ, wie ihre goldgesprenkelten Locken auf dem blauen Satin lagen, und in Gedanken lag er neben ihr, zog sie zu sich, fühlte ihre Arme, die ihn umschlangen, ihre warme Rundlichkeit an seinem Körper, weich und nachgiebig, er stellte sich vor, wie er ihren üppigen Mund nahm, ihre schwellende Brust unter seiner Hand und ihre ausladenden Hüften an seiner fühlte, stellte sich vor, wie er in all diese Weichheit vorstieß, in ihrer heißen Feuchte erzitterte, sie bei jeder seiner Bewegungen stöhnen und seufzen hörte, und es wurde ihm bewusst, dass er sie mehr begehrte, als er je irgendetwas oder irgendjemanden begehrt hatte.
In ihrem Schlafzimmer verlöschte das Licht und brach den Bann, und er schloss seine Augen vor der Dunkelheit und dem unbarmherzigen Schock der Realität. Dann wandte er sich um und wanderte zurück zur Hauptstraße, zu Licht und Lärm und Sicherheit.
Als Liza am Donnerstag zu ihrem Wenn-Abendessen an Mins Wohnungstür läutete, öffnete Bonnie vorsichtig die Tür. Liza hob fragend eine Augenbraue, aber Bonnie schüttelte nur den Kopf und trat zurück, um sie einzulassen.
»Hi«, begrüßte Min sie etwas gedämpft, und Liza dachte: Diese elende Ratte Cal .
»Was hat er dir angetan?«
»Nichts«, erwiderte Min. »Setz dich. Ich habe eine riesige Schüssel Maissalat vorbereitet und sterbe vor Hunger. Lass uns gleich essen.«
Liza wandte sich der Couch zu und sah ein einäugiges Tier, das sie anblickte. »Du hast die Katze ja immer noch.«
»Ich liebe diesen Kater«, entgegnete Min. »Er ist immer für michda.Stupstmichmit der Pfote an,wennichdeprimiert bin, hält mich nachts warm, und er hat eine wunderschöne Stimme. Ich habe beschlossen, dass er die Wiedergeburt von Elvis ist.«
»Das lange Warten ist vorüber«, kommentierte Liza. Er hat ihr etwas geschenkt, von dem sie nicht einmal ahnte, dass sie es brauchte. Der Mistkerl.
Nach zehn Minuten Salat mit Brot und gezwungener Unterhaltung über den Kater hatte Liza genug. »Ich habe mich gestern Abend mit Cynthie unterhalten. Sie meinte, Cal würde versuchen …«
»Ich mag ihn«, unterbrach Bonnie.
Liza lehnte sich abrupt in ihrem Stuhl zurück. »Was?«
»Ich mag ihn«, wiederholte Bonnie.
»Das ist aber kein Grund, Min zu ermutigen …«
»Spielt keine Rolle«, erklärte Min, und beide wandten sich ihr zu. »Ich versuche ständig, von ihm loszukommen, aber es klappt nicht. Erinnert ihr euch an die Schneekugel, die mir verloren ging? Er hat sie gefunden. Er kam Dienstagabend vorbei, ging in den Keller und suchte sich genau die Kiste heraus, in der sie ganz unten verpackt war.«
»Blinder Zufall«, meinte Liza.
»Und gestern Abend ging ich allein ins Kino«, fuhr Min fort. »Und als die Lichter wieder angingen, ratet, wer neben mir saß!«
»Also das ist unheimlich«, erwiderte Liza. »Er verfolgt
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