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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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langweilig, sie zu leben, wie muss es erst sein, sie zu lesen. Stimmt doch, oder, Jo? Das ist keine gute Idee, du musst etwas anderes finden. Wer weiß, dir werden dort unten sicher einige Menschen begegnen: Frauen, interessante Leute. Du kannst vom Sozialismus erzählen, die große Saga vom sterbenden Kuba schreiben! Weißt du, was ich meine, Jo? Ein polemisches, politisches Buch.«
    Jo seufzte. »Du weißt doch, dass Politik mich noch nie interessiert hat!«
    »Du hast Recht, ich vergaß, vielleicht solltest du deinen Vater um Tipps bitten.« Sie überlegte einen Moment. »Weißt du, Jo, es ist wirklich zu blöd, aber in eurer Familie sind die Rollen falsch verteilt. Dein Vater hätte Schriftsteller werden sollen. Er hat tonnenweise Ideen. Außerdem ist sein ganzes Leben ein Roman, aus jedem noch so banalen Ereignis macht er eine Geschichte. Wie zum Beispiel aus einer Île Flottante.«
    Jo hörte auf, die Bücher zu begutachten, und fragte neugierig: »Was hat eine Île Flottante damit zu tun? Das ist doch völlig idiotisch!«
    Anne ging gar nicht darauf ein, sondern fuhr fort: »Er interessiert sich für Politik, schimpft, hat Ideen für eine bessere Welt, hat zu allem und jedem eine Meinung und hält damit nicht hinterm Berg, egal, ob sie falsch oder richtig ist. Ja, er wäre ein guter Schriftsteller!«
    »Toll, dass du versuchst, mich aufzumuntern!«
    Immer noch vor dem Fenster sitzend, sagte sie mit sanfter Stimme: »Wohingegen du etwas Seltenes, sehr Seltenes in dir trägst, eine Art kindliches Gemüt, etwas Unschuldiges, und auch Poetisches. Dich möchte man am liebsten in die Arme nehmen und wiegen. Und das ist für einen Schauspieler ein seltener Vorzug. Dein Vater hat nichts dergleichen! Du schon. Du wärst ein Schauspieler, den man an sein Herz drücken möchte. Ist dir eigentlich klar, was das für eine Chance ist? Das nennt man Präsenz. Kannst du dir vorstellen, was für einen Riesenerfolg du hättest, wenn du Schauspieler wärst? Die ganze Welt würde dich in die Arme nehmen wollen!«
    »Ich werde drüber nachdenken, ist immerhin eine Idee«, meinte Jo. Dann fügte er hinzu: »Und da er dir ja so gut gefällt, kannst du dich mit meinem Vater trösten, wenn ich weg bin!«
    Um ihn zu provozieren, hatte Anne ihre Hand unter ihren Morgenmantel geschoben und geantwortet: »Warum nicht? Das ist eine gute Idee.«
    Jo fing an zu weinen, wie drei Tage zuvor im New Morning, in Gegenwart seines Vaters. Er hielt den Plastikschnellhefter in den Händen, in dem er die hundertzwanzig Titel seiner unvollendeten Romane aufbewahrte, einschließlich der hundertzwanzig ersten Sätze. Er kannte sie alle auswendig, und um sich noch mehr wehzutun, las er mechanisch ein paar davon vor:
    TITEL: Der Java der Kiffer
    ERSTE SÄTZE: Reggae ist dem Kiffer was dem Beaujolais-Trinker sein Java.
    TITEL: Liebe: Erste Lektion
    ERSTE SÄTZE: »Ich liebe dich!«, flüsterte Benoît. »Ich liebe mich auch sehr«, erwiderte Délphine.
    TITEL: Revolution im Schlafzimmer
    ERSTE SÄTZE: »Dreh dich um, Liebling!«
    »Was bin ich für ein Schwachkopf«, sagte Jo, an sein Bücherregal gelehnt, um sicherzugehen, dass Anne ihn nicht weinen sah. »Das ist keine Literatur, das ist eine Sammlung von Kalauern.«
    »Wann fliegst du, Jo?«, fragte Anne, während sie das Fenster schloss.
    »Ich weiß nicht. So schnell wie möglich, denke ich. Ich habe nicht die Absicht, irgendetwas mitzunehmen.«
    »Und dein Rechner? Und deine Manuskripte?«
    »Mach dich nicht lustig über mich! Du weißt genau, dass ich noch nie irgendetwas geschrieben habe, das wird sich in Kuba nicht ändern! Aber dafür werde ich mich wenigstens nie für meine Bücher schämen müssen und ich werde sie nie ›Anne, der Stillen‹ widmen. Da ich wie die Kubaner leben will, die nichts haben, werde ich jedenfalls nichts mitnehmen: nur zwei Hemden und drei Krawatten, damit ich aussehe wie ein Angestellter der A.O.M., das ist alles.«
    Sie ging ins Badezimmer und drehte die Dusche auf.
    »Willst du heute Abend hier schlafen?«
    »Nein, Anne. Nicht, weil du vor gerade mal einer Stunde in unserem Bett mit einem anderen geschlafen hast. Das interessiert mich nicht. Er kann dir nicht sehr wehgetan haben, so aalglatt, wie er ist! Wenn ich hier schlafen würde, würde ich keinen Sex mit dir wollen, aber deine Brüste werden mir fehlen, und du auch.« Anne kam aus der Dusche. Und Jo sagte sich, dass sein Vater Recht hatte, sie mit einer afrikanischen Statue zu vergleichen.
    »Hör auf zu reden,

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