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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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Gelegenheit.«
    Sie nahm seine Hand. »Komm, ich zeig es dir. Das lohnt einen Blick. Dann kann ich dir für deine fünf Dollar auch gleich eine paja machen.«
    »Danke für die paja, Süße!«, erwiderte Jo, der allmählich nüchtern wurde, amüsiert. »Aber das kann ich mir selbst machen.«
    Er gab dem Mädchen die fünf Dollar.
    Da brach an der Bar Hysterie aus.
    »Ich wohne auch weit weg!«
    »Ich auch, amor! Sei so lieb!«
    Jo schob erneut die Mädchen von sich, die sich an ihn klammerten.
    »Wartet mal, Mädchen! Ihr könnt euch doch mit mehreren ein Taxi teilen!«
    Wieder verteilte er Geld, diesmal Eindollarscheine.
    Fünf Minuten später, nach langen, geräuschvollen und zarten Küssen, waren sie alle wie bunte und duftende Schmetterlinge davongeflogen.
    Und Jo war allein, die Wangen voller Lippenstift.
    »Geben Sie mir einen Rum!«
    »Añejo, drei oder sieben Jahre alt?«, fragte der Barkeeper, der dem Schauspiel mit der Ungerührtheit eines alten Bierkutschers beigewohnt hatte.
    »O nein! Bloß keinen alten Rum!«, entgegnete Jo, dem Ricardos Warnung einfiel. »Nein, nein! Einen ganz einfachen weißen Rum, verstehen Sie, weißen, von diesem Jahr.«
    An diesem Abend klopfte niemand an seine Tür und Jo schlief nackt auf seinem Bett ein, in den Schlaf gesungen von den Wellen, die immer noch gegen den Malecón schlugen, nur inzwischen etwas sanfter, denn das Tief war nach Florida weitergezogen.
     

 
     
     
    9
     
    C ALLE N EPTUNO
     
     
     
    Am nächsten Tag schon verließ Jo auf Ricardos Anraten hin das Hotel Riviera, das, nicht zuletzt wegen der hohen »Nebenkosten« für die Freizeitgestaltung, entschieden zu teuer war, und richtete sich in einer Wohnung in Alt-Havanna ein. Eigentlich handelte es sich nicht um eine Wohnung, sondern um ein paar Zimmer zur Untermiete in einer der heruntergekommensten Straßen des historischen Viertels, der Calle Neptuno.
    Wie viele andere notleidende Kubaner vermietete Ariel einen Teil seines Heims an Ausländer. Ein Schlafzimmer mit Klimaanlage, die so laut dröhnte wie die Triebwerke einer Boeing 727, ein altmodisches kleines Wohnzimmer mit einem Glastisch, auf dem ein Haufen Plastiknippes aufgestellt war, drei abgeschabte Kunstledersessel und ein Schwarz-Weiß-Fernseher, der schon seit Jahren nicht mehr lief und einfach nur noch dort stand, um den Anschein von Komfort zu wahren. Die Küche teilten sich Ariel und seine Mieter. Eine Tür mit Schnappschloss trennte die beiden Teile der Wohnung, eine Klingel gestattete Ariel, den Mieter im Bedarfsfall zu rufen.
    Eines der größten Probleme Alt-Havannas war die Wasserversorgung. Die Kanalisation, die noch aus der Zeit der Spanier stammte, wurde zusehends maroder, und das Wasser gelangte selten höher als bis zur ersten Etage. Deshalb hatte Ariel zwei große Kanister, die er nach den Launen der städtischen Wasserwerke und der staatlichen Tankwagen füllte, die man tagtäglich durch die Straßen der Altstadt fahren sah, wo sie wegen der Schlaglöcher die Hälfte ihrer Ladung verloren.
    »Hier gibt es Tag und Nacht Wasser, mein Junge«, sagte Ariel stolz. »Und für den Strom habe ich ein Notaggregat installiert. Wenn der Strom ausfällt, hast du natürlich keine Klimaanlage mehr, aber wenigstens hast du noch die Nachtlampe für nächtliche Schäferstündchen. Was die Wäsche angeht, die macht Merced dir im Handumdrehen, und die Laken und Handtücher werden zweimal die Woche gewechselt.«
     
    Die Miete betrug zweihundert Dollar im Monat. Das war mehr, als Jo eingeplant hatte, aber sehr viel weniger als die fünfhundert Dollar, die von der A.O.M. für die Miete bewilligt wurden. Zum Leben blieben ihm also zehn Dollar am Tag, damit er sein Gehalt nicht anrühren musste. Jo hatte sich schnell eingerichtet, schließlich hatte er ja nichts mitgebracht. Er legte seine leere Prisunic-Tüte auf den Wohnzimmertisch, um sein Territorium zu markieren, den Discman und die Jazz-CDs auf die Kommode neben dem Bett, und hängte seine drei Hemden in den wackeligen Kleiderschrank.
    Er bedauerte, nicht seinen Rechner mitgebracht zu haben. Was sonst sollte er tun als schreiben, in diesem feuchten Wohnzimmer, in dem es nichts gab außer einem kaputten Fernseher?
    Jo hatte noch nie allein gelebt. Er hatte immer gedacht, dass Anne ihn störte, als sie ihre 50-Quadratmeter-Wohnung in Belleville geteilt hatten, aber nun, da er allein war, fühlte er sich verlassen, orientierungslos, ja nutzlos.
    Nicht viele Leute sind allein, nur noch auf sich

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