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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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aktuelles Weib, das auch das Dienstmädchen in dem Stück spielt, meint, mein Brief ist zu lang.
    Ich hab dich lieb, fühle dich umarmt.
     
    Papa
     
    ––– ¤ –––
     
    Havanna, 1. September
    Papa,
    ich habe gestern Abend den Direktor der Alliance Française und den kubanischen Kulturminister getroffen. Sie würden sich sehr freuen, wenn du kämest, mit deinem Jacques Prévert, er ist hier ein Idol in Intellektuellenkreisen. Logisch, er war ja auch Kommunist! Sie haben sich bereit erklärt, dir eine große Tournee zu organisieren. Du hast echt Dusel! Du wirst Kuba auf die einzig wahre Art besuchen, nämlich indem du hier arbeitest!
    Wie du mich gebeten hast, habe ich darauf bestanden, dass du KEIN BÜHNENBILD benötigst und dass du alle Requisiten selbst mitbringst: das harte Ei, die Rose und die Mandoline.
    Ich habe dennoch durchblicken lassen, dass es perfekt wäre, wenn sie irgendwo einen alten Tresen und einen Hocker auftreiben könnten.
    Eine Bar zu finden ist nicht das Problem. Die gibt es hier an jeder Ecke, und wunderschöne dazu. Das Problem ist der Transport. Die Botschafi wird versuchen, dir einen Minibus zu organisieren. Dann könntest du die Bar auf das Dach binden und die Techniker mitnehmen.
    Ich habe ihnen außerdem klargemacht, dass du nur EINEN Techniker brauchen wirst, für ein bisschen Licht und Ton.
    Die Person kann also gleichzeitig als Fahrer und Fremdenführer dienen.
    Ich habe auch darauf hingewiesen, dass du, da du ja in Argentinien geboren wurdest, perfekt Spanisch sprichst und bereit wärst, ein paar Gedichte in der Sprache Cervantes’ vorzutragen.
    Sie meinen, das sei nicht notwendig, fänden es aber perfekt, wenn du ab und zu einige Passagen frei übersetzen würdest, um die Atmosphäre rüberzubringen. Atmosphäre! Atmosphäre! Ich freue mich, dass du kommst, mein alter Vater. Ich fühle mich hier doch ziemlich allein. Natürlich, ich habe die Arbeit und die hält mich auf Trab. Aber ihr fehlt mir, Anne und du!
    Ich hob dich lieb.
     
    JO
     
    PS: Lass mich schnellstens wissen, ab wann du verfügbar bist. Ich denke, am besten wäre Januar oder Februar im nächsten Jahr, oder im Jahr darauf. Danach wird es zu heiß. Wenn du lieber schon nächstes Jahr kommen willst, denke daran, dir eine Vertretung für den Wandschrank zu suchen!
     

 
     
     
    10
     
    NIEVE
     
     
     
    »Weißt du, was ich an dir mag, Jo? Dass du mir alles erklärst. Die anderen Ausländer, die ich kennengelernt habe, haben mir nie was erklärt. Sie haben mich gefickt, und das war’s!«
    Nieve hatte sich in Jos Arm gekuschelt und lächelte mit unendlicher Zärtlichkeit.
    Was für eine seltsame Idee, seine Tochter Nieve, »Schnee«, zu nennen, wenn man schwarz wie Ebenholz ist, dachte Jo, während er sich räkelte.
    In Kuba werden die verschiedenen Nuancen farbiger Haut in drei Kategorien gefasst, prieto, negro und mulato, was bei Duke Ellington zu »Black, Brown and Beige« wurde.
    Nieve war eindeutig prieta, kohlrabenschwarz. Und Jo liebte es.
    Sie war klein, hatte kurze Beine und, als hätte sie ein Hohlkreuz, einen hervorspringenden Po. Wie bei Grace Jones auf dem Foto von Jean-Paul Goude hätte man in der Vertiefung über ihrem Po ein Glas abstellen können.
    Sie hatte die weit oben angesetzten Brüste eines kleinen Mädchens. Dabei war Nieve bereits Mama, sie hatte eine Tochter von zwei Jahren, Reglita, um die ihre Mutter sich kümmerte.
    Ihre afrikanischen Zöpfe hatte sie zu einem Dutt geknotet. In Wirklichkeit waren es Kunsthaare aus Nylon, die mit perlgrauen Tüchern verflochten waren. Von weitem wirkte Nieve mit diesen Tüchern fast blond.
    Jo hatte sie im Salón Rojo des Hotels Capri kennengelernt, dem einzigen Konzertsaal Havannas, in dem Frauen keinen Eintritt zahlen mussten.
    Der Salón Rojo war zu Jos Lieblingsort geworden. Er fühlte sich wohl dort, im Gegensatz zum Palacio de la Salsa, wo er keinen Fuß mehr hineinsetzte. Im Salón Rojo waren kaum Ausländer, sondern fast nur Kubaner, die die Salsaorchester gebührend feierten, sie kannten jedes einzelne Lied auswendig, das sie stundenlang immer wieder im Chor sangen, wie das berühmte Temba, das eine echte Aufforderung zur Prostitution war:
     
    »Un consejo para tí
    (Ein Rat für dich)
    Búscate un temba que te mentenga
    (Such dir einen Alten, der dich aushält)
    Que tiene hierba, que tenga marikiki)
    (Der Gras hat, der Marihuana hat)
    Búscate un temba que te mentenga!
    Paqué tu gozes, paqué tu tengas!
    (Damit du dein Leben

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