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Liebe und Tod in Havanna

Liebe und Tod in Havanna

Titel: Liebe und Tod in Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérômel Savary
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selbst zurückgeworfen, dachte er. Er war sicher, dass die Hälfte der Menschen starb, ohne je die Einsamkeit kennengelernt zu haben. Die Glücklichen!
     
    ––– ¤ –––
     
    Paris, an einem beschissenen 15. August
    Mein Sohn,
    ich habe mich über die Nachrichten von dir gefreut. Anscheinend hast du in Kuba überhaupt nichts begriffen! Du siehst nur die müde Rinde und dabei hättest du im Herzen des Baumes beginnen müssen, bei seinem Saft.
    Dazu wäre es natürlich nötig gewesen, sich vor der Abreise ein bisschen zu informieren. Aber Politik hat dich ja nie interessiert.
    Aber schick mir ruhig weiterhin Faxe, mich freut’s und du kommst nicht aus der Übung. Vielleicht schreibst du am Ende noch, ohne es zu merken, einen schönen Roman. Aber hör auf, mir gefälschte Zigarren zu schicken! Das ist das Schlimmste, was du einem alten Zigarrenpaffer wie mir antun kannst. Du weißt genau, dass ich seit mittlerweile dreißig Jahren nichts anderes rauche. Dass ich mich seit dreißig Jahren ruiniere, um NUR HAVANNAS zu rauchen!
    Und ich habe wirklich alles versucht, Santo Domingo, Sumatra, Davidoff … Aber ich schaffe es einfach nicht, es ist eben nicht dasselbe!
    Der Tabak von Havanna hat einen unnachahmlichen Geschmack nach Scheiße, nach verfaulten Blättern, nach roter Erde, den ich gegen nichts in der Welt eintauschen möchte!
    Mich bitten, etwas anderes zu rauchen, ist, als würde man einen Bordeaux-Abhängigen bitten, einen Wein aus dem Elsass zu trinken.
    Also mein Rat an dich: Kaufe NIE wieder eine Schachtel Zigarren auf der Straße! Wozu soll das gut sein? Es ist billiger, aber es ist NICHTS! Reinste SCHEISSE!
    Davon abgesehen, läuft hier alles bestens. Deine Mutter ruft mich fast jeden Tag an, um nach dir zu fragen. So hat sie einen Vorwand. Ich bitte dich, JO! Schreib ihr, sonst raubt sie mir noch den letzten Nerv.
    Deine Schwester scheint von ihrem Selbstmordtrip geheilt. Sie hat einen Goldjungen von der Börse aufgerissen und ist von einem Tag auf den anderen eine eifrige Lebensbejaherin geworden. Ich bin mir nicht sicher, ob sie mir vorher nicht lieber war.
    Immerhin habe ich weniger Ausgaben.
    Anne geht es gut. Sie schleppt ihren Französischlehrer mit sich rum wie ein Schoßhündchen, daher sehen wir uns nun immer weniger. Ich mochte unsere Tête-à-tête. Der Typ macht mich wahnsinnig. Zu allem hat er eine Meinung, und seine Strähne finde ich unerträglich. Ständig streicht er sie mit romantischem Gebaren à la Gérard Philipe glatt. Hoffentlich gehen diesem Trottel die Haare aus! Dann hätten wir was zu lachen! Arbeite dich nicht krumm wegen der zwanzig Mille von meinem Bausparvertrag. Es genügt, wenn du Anne ihr Geld zurückgibst. Ich habe noch ein paar Aktien auf der hohen Kante und sehr niedrige Kosten.
    Außer für Rumpsteaks, Cognac und Zigarren gebe ich nichts aus. Ich nehme jetzt mein hundertstes Boulevardstück in zwei Wochen in Angriff. (Daher sitze ich hier an einem fünfzehnten August, an dem nur Vollidioten arbeiten.) Ich spiele den gehörnten Ehemann, ist mal was anderes. Und ich habe die Absicht, so schlecht zu sein wie immer, das wird meinen Kollegen gefallen.
    Gestern bei den Proben hatte ich einen kleinen Anfall. Ich habe verlangt, dass man den Wandschrank vergrößert. Ich verbringe den gesamten zweiten Akt in diesem Scheißschrank, zwischen Anzügen, die nach Mottenpulver stinken. Ich hatte den Vorschlag gemacht, die klassische Geheimtür hinten einzubauen, damit ich ab und zu hinter den Kulissen eine rauchen kann. Aber dieser kleine Wichser von Bühnenbildner wollte das nicht. Da hätte er ja seine Fensterfront ändern und eine Grünpflanze umstellen müssen!
    Mein Sohn, ich habe die Schnauze voll davon, in beschissenen Boulevardstücken den Clown zu spielen. Ich glaube, ich werde mein Erspartes zusammenkratzen und zu dir nach Kuba kommen. Frag deswegen doch mal bei der französischen Botschaft oder der Alliance Française nach, ob ich da drüben nicht vielleicht eine kleine One-Man-Show machen kann.
    Ich habe noch mein altes Jacques-Prévert-Einpersonenstück, weißt du, das ich damals im Lucernaire gegeben habe, als ich noch an die Kultur für alle glaubte.
    Ich habe mir immer geschworen, dass ich nur dann nach Kuba gehe, wenn die örtlichen Behörden mich einladen. Also, sieh zu, ob du eine Einladung arrangieren kannst, auch wenn es nur eine Scheineinladung ist.
    Gut, mein Junge, ich habe dich lieb und finde allmählich Gefallen daran, dir zu schreiben, aber mein

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