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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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über mich? Und woher wissen Sie es?«
    Seine Miene bleibt ruhig. Er scheint mir meine Worte nicht übelzunehmen. »Ich weiß über Ihren Bruder Bescheid. Ich weiß, dass er im Fluss starb, und ich weiß, dass Sie dabei waren.«
    Tränen brennen in meinen Augen. Ich springe auf und gehe auf wackeligen Beinen zum Rand unseres Lagers, um mich zu sammeln. Als ich glaube, wieder ohne ein Zittern in meiner Stimme sprechen zu können, gehe ich steifbeinig zu Dimitri zurück und gieße all den Zorn und all die Verzweiflung der letzten Wochen – nein, der letzten Monate – über sein Haupt aus.
    »Woher wollen Sie etwas über meinen Bruder wissen? Woher wollen Sie von seinem Tod wissen oder welche Rolle ich dabei spielte?« Ich kann nicht verhindern, dass mir die Bitterkeit wie Sirup von den Lippen tropft. Ich kann mir selber nicht mehr folgen, aber ich erwarte auch keine Antworten auf meine Fragen. »Sie wissen gar nichts über mich! Gar nichts! Und Sie haben kein Recht … kein Recht, über meinen Bruder zu sprechen!«
    Die Erinnerung an Henry löst meinen Zorn im Bruchteil einer Sekunde in Nichts auf. Und dann muss ich wieder gegen die Trauer ankämpfen, jene überwältigende, alles verschlingende Leere, die dafür sorgte, dass ich mich in Birchwood beinahe von der Klippe gestürzt hätte. Ganz plötzlich stehe ich sprachlos vor Dimitri, während mein Atem stoßweise meinen bitteren und harten Worten folgt.
    Er steht auf und kommt zu mir. Erst ganz nah vor mir bleibt er stehen. Zu nah.
    Seine Worte sind gekleidet in Zartheit. »Ich weiß mehr, als Sie glauben. Über die Prophezeiung. Über Ihr Leben, ehe Sie nach London kamen. Über Sie, Lia.«
    Einen Moment lang glaube ich, mich in seinen Augen zu verlieren. Ich glaube zu ertrinken, tiefer und tiefer in ihnen einzusinken, bis ich mich nicht mehr danach sehne, den Weg nach Hause zu finden. Aber dann dringen seine Worte zu mir vor. Ich weiß mehr, als Sie glauben. Über die Prophezeiung …
    Die Prophezeiung. Er weiß von der Prophezeiung.
    »Moment mal.« Ich trete zurück. Ich atme schwer, aber diesmal aus einem nicht so leicht zu definierenden Gefühl wie Zorn heraus. »Woher wissen Sie über die Prophezeiung Bescheid? Wer sind Sie? «

14
    Dimitri fährt sich mit den Fingern durch das dunkle Haar, und einen Moment lang wirkt er wie ein kleiner Junge. Sein Gesicht jedoch ist grimmig, als er auf einen Holzstumpf vor uns deutet. »Sie sollten sich besser setzen.«
    »Ich möchte gerne wissen, wer Sie sind, ehe ich mich hinsetze, wenn Sie nichts dagegen haben.« Meine Arme sind vor der Brust verschränkt.
    Er kichert, und ich werfe ihm einen Blick zu, der dazu angetan sein sollte, ihm das Lachen in der Kehle ersterben zu lassen. Es gelingt mir nicht, jedenfalls nicht gleich.
    Er seufzt. »Ich versichere Ihnen, dass ich auf Ihrer Seite stehe und dass ich nur hier bin, um Sie zu beschützen. Wollen Sie sich nicht doch setzen und mich anhören?«
    Ich suche nach irgendeiner Spur Unehrlichkeit oder Hinterlist in seinem Gesicht, seinen Augen, aber ich sehe nur Wahrhaftigkeit.
    Ich nicke und setze mich. Immerhin hat er mich vor den Höllenhunden gerettet. Und obwohl ich noch keine Gelegenheit hatte, mit Edmund zu reden, spricht es für Dimitri, dass Edmund und er einander kennen.
    Dimitri lässt sich neben mir nieder. Er starrt einen Augenblick lang ins Feuer, bevor er anfängt zu reden: »Eigentlich dürfte ich gar nicht hier sein«, sagt er. »Ich habe … Grenzen überschritten, um hierher zu gelangen. Heilige Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen.«
    Mir ist kalt und ich bin müde, aber dennoch versuche ich, meine Ungeduld zu zügeln. »Warum erzählen Sie nicht von Anfang an?«
    Er schaut auf und geradewegs in meine Augen. »Ich bin ein Mitglied der Grigori.«
    »Der Grigori? Aber ich dachte, die Grigori wachen über die Gesetze und Regeln der Anderswelten.«
    »So ist es«, sagt er.
    Ich zucke verständnislos mit den Achseln. »Und warum sind Sie dann hier?«
    »Ich wurde geschickt, um über Sie zu wachen, während Sie auf der Suche nach den fehlenden Seiten und den beiden restlichen Schlüsseln sind.«
    »Um über mich zu wachen? Sie meinen, um mich zu beschützen?«
    Er atmet tief ein. »Nicht direkt.«
    Jetzt mache ich mir langsam Sorgen. »Bitte erklären Sie mir, warum genau man Sie geschickt hat.«
    »Ich sollte darüber wachen, dass Sie in Ihrem Bestreben, die Prophezeiung zu beenden, keine verbotene Magie benutzen.« Er spricht es schnell aus, und ich

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