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Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
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Ordnung. Vertrauen Sie mir. Ich bringe Sie ans andere Ufer.« In seiner Stimme liegt eine Zärtlichkeit, als ob etwas ungeheuerlich Intimes zwischen uns seit unserer Begegnung in den Räumen der Society passiert wäre, obwohl wir uns seitdem nicht mehr gesehen haben.
    »Ich … Ich habe Angst.« Die Worte sind aus meinem Mund, noch ehe ich es verhindern kann, und ich hoffe, dass Dimitri die offensichtliche Feigheit in meiner Stimme im Gebrüll des Flusses nicht bemerkt hat.
    Er nickt. »Ich weiß.« Sein Blick brennt sich in meine Augen. Darin liegt ein Versprechen. »Aber ich lasse nicht zu, dass Ihnen etwas zustößt.«
    Ich schlucke, und aus irgendeinem Grund weiß ich, dass er eher sterben würde, als zuschauen, wie mir ein Leid geschieht, obwohl ich keine Ahnung habe, wie das sein kann, wo wir einander doch kaum kennen. Aber ich nicke nur wortlos und packe meinen Sattelknauf.
    Dimitri legt die Hand auf meinen Bogen. »Es ist besser, wenn ich das für Sie nehme.«
    Überrascht stelle ich fest, dass ich den Bogen immer noch festhalte. Das ist mir wohl zur Gewohnheit geworden. Meine Finger sind so kalt, dass Dimitri ihn kaum aus meinen Händen lösen kann. Nachdem es ihm gelungen ist, zieht er ihn mir über den Kopf und legt ihn mir sanft auf den Rücken.
    »So ist’s besser. Jetzt halten Sie sich fest.« Er drückt meine Finger um den Sattelknauf, bis sie sich erwärmen und ihn aus eigenem Antrieb umfassen.
    In diesem Augenblick stört es mich gar nicht, dass er mich wie ein kleines Kind behandelt.
    Dimitri fängt Edmunds Blick mit den Augen ein, und Edmund nickt mit dem Kopf nach vorn, um uns klarzumachen, dass er die Nachhut bilden wird. Aber Dimitri schüttelt den Kopf.
    »Sie müssen vorreiten. Andernfalls stehen Sie nicht unter meinem Schutz.« Edmund zögert, und Dimitri fährt fort: »Sie haben mein Wort, dass Lia kein Leid geschehen wird.«
    Beim Klang meines Namens aus Dimitris Mund nickt Edmund und treibt sein Pferd vorwärts, ins tiefe Wasser, während Dimitri Sargents Zügel aufnimmt und mein Pferd näher an sein eigenes Ross heranzieht.
    »Halten Sie sich fest.« Dann folgt er Edmund weiter in den Fluss hinein.
    Zunächst muss Dimitris starker Griff Sargent vorwärtsziehen, aber als das Pferd immer größere Schwierigkeiten bekommt, sich gegen die Strömung zu stemmen, lässt es sich willig führen. Ich spüre, wie Sargent beklommen und vorsichtig über die Steine auf dem Flussbett läuft und sich um einen sicheren Tritt bemüht.
    Ich klammere mich voller Panik am Sattel fest. Meine Finger verkrampfen sich, aber ich spüre es kaum. Ich blicke starr auf Edmund, der vor mir reitet, und als ich kurz an ihm vorbeischaue, sehe ich Sonia und Luisa auf ihren Pferden am gegenüberliegenden Ufer. Erleichtert und mit neuem Mut registriere ich, dass sie es geschafft haben.
    Und wenn sie es geschafft haben, können wir es auch schaffen.
    Aber mir bleibt keine Zeit zu hoffen. Ganz plötzlich stolpert Sargent, rutscht aus und kämpft um sein Gleichgewicht. Ein blitzartiger Schreck durchzuckt mich, während ich fast von seinem Rücken gleite und das Wasser an meinem Körper höher steigt. Verzweifelt klammere ich mich an den Sattel. Es ist nicht das Wasser selbst, das mich so furchtbar ängstigt, sondern das Geräusch, das mir den Verstand zu rauben droht. Dieses irrsinnige Brüllen, das ungeheuerliche Rasen des Wassers über Felsen. Es ist der Klang des Todes. So starb Henry; so starb mein Bruder. Und so wäre auch ich beinahe gestorben.
    Ich kämpfe einen Schrei nieder, aber als ich Dimitri anschaue, sehe ich, dass seine Augen so grau und ruhig sind wie der Himmel über uns. Er fürchtet sich nicht, und in seinem unerschütterlichen Glauben, dass wir das andere Ufer unversehrt erreichen werden, finde ich meinen eigenen Glauben wieder.
    Ich packe den Sattel fester. »Komm weiter, Sargent. Wir haben es fast geschafft. Lass mich jetzt nicht im Stich.«
    Und das tut er nicht. Er scheint mich zu verstehen, denn die Muskeln an seinen Beinen straffen sich und er schiebt sich weiter aus dem Wasser, trottet hinter Dimitri und dessen Pferd her, als ob es niemals einen Zweifel daran gegeben hätte, dass wir das jenseitige Ufer erreichen. Nur Sekunden später sinkt der Wasserspiegel, legt zuerst meine Schenkel frei, eingehüllt in die durchnässte Wolle meiner Beinkleider, und nach und nach meine Unterschenkel und die Knöchel. Kurz darauf steigen wir aus den Tiefen des Flusses, und dann sind auch meine Füße aus dem

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