Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe und Verrat - 2

Liebe und Verrat - 2

Titel: Liebe und Verrat - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Zink
Vom Netzwerk:
kanntet?«
    In ihrer Stimme liegt eine Schärfe, und ich frage mich, ob sie wieder bloß eifersüchtig ist, weil Sonia und ich etwas erlebt haben, woran sie keinen Anteil hatte. Mein Herz wird weich, aber nur einen Moment lang. Weder in meinem Herzen noch sonst wo ist Platz für zarte Gefühle, wenn Luisa uns an die Seelen verraten hat, mag es auch nicht mit Absicht geschehen sein.
    Ich ziehe die Haarnadeln aus meiner Frisur. »Kennen ist zu viel gesagt. Sonia und ich sind ihm auf einer Gesellschaft in London begegnet. Das ist alles.«
    »Wusstest du damals schon, wer er ist?«, will Sonia wissen.
    Ich lasse meine Hände fallen. Meine Haare sind noch halb aufgesteckt. Ich drehe mich zu ihr um, weil die Anklage in ihrer Stimme fast wütend zu nennen ist.
    »Natürlich nicht! Wenn ich es gewusst hätte, hätte ich es dir gesagt!«
    »Wirklich, Lia? Hättest du das wirklich?« Ihre Augen blitzen von dem Feuer einer Wut, die ich nicht begreife.
    Fassungslos lege ich den Kopf schräg. »Sonia … Natürlich hätte ich es dir gesagt. Wie kannst du nur etwas anderes glauben?«
    Sie verengt ihre Augen, als ob sie überlegen müsste, ob ich die Wahrheit spreche, und so stehen wir einige Sekunden in angespanntem Schweigen, ehe Sonias Schultern schließlich schlaff werden und sie heftig die angehaltene Luft ausstößt.
    »Es tut mir leid.« Sie reibt sich die Schläfen und zuckt zusammen, als ob sie Schmerzen hätte. »Ich bin so müde. Und ich habe das Reiten so satt, das Reiten und die Wälder und diese ewige Angst vor irgendwelchen Hunden und den Seelen.«
    »Wir sind alle müde. Aber ich versichere dir, dass ich bis vor Kurzem nichts über Dimitri wusste.« Seufzend versuche ich, meinen eigenen Ärger im Zaum zu halten. Meine eigene Erschöpfung. »Ich kann nicht mehr. Ich muss schlafen. Morgen steht uns ein weiterer langer Tag bevor.«
    Schroff wende ich mich ab und fahre mit meiner Abendtoilette fort. Es ist mir egal, ob sie weiterreden wollen oder nicht, denn wenn ich gezwungen bin, mir noch eine Sekunde länger ihre Klagen und Eifersüchteleien anzuhören, fange ich an zu schreien. Morgen werde ich mit Sonia über Luisas Verrat sprechen. Es ist kein Gespräch, auf das ich mich freue.
    Als ich mich danach in meine Decken wickele und mich der Stille im Zelt überlasse, glaube ich, dass es lange dauern wird, bis ich einschlafen kann. Ich glaube, dass ich viele Stunden wach liegen und über die Gefahren des vergangenen Tages nachdenken werde. Aber die Ereignisse fordern ihren Tribut, und ich bin eingeschlafen, sobald mein Kopf das Kissen berührt.
    Ich habe den Eindruck, dass ich schon eine ganze Weile tief geschlafen habe, als ich in einen Traum falle. Ich bin mir sicher, dass ich nicht mit den Schwingen reise, obwohl sich mein Traum sehr wirklich anfühlt. Ich stehe in einem Kreis und habe mit beiden Händen rechts und links von mir die Hände gesichtsloser Personen gefasst. Vor mir brennt ein mächtiges Feuer, und jenseits der Flammen kann ich Gestalten in wallenden Gewändern sehen, die sich ebenfalls an den Händen halten.
    Ein unheimlicher Gesang steigt aus dem Kreis auf, und überrascht merke ich, wie sich mein eigener Mund bewegt, dass ich Worte höre, fremd und vertraut zugleich, die im Rhythmus mit den Worten der anderen über meine Lippen kommen. Ich falle in eine Art Trance, und beinahe hätte ich mich ihr hingegeben, hätte beinahe aufgehört, mir Fragen zu stellen, als plötzlich ein entsetzlicher Schmerz durch meinen Körper zuckt. Ich schreie auf, unterbreche meinen Gesang, während die anderen fortfahren, als ob nichts geschehen wäre. Als ob ich in diesem Moment nicht durch eine unsichtbare Macht entzweigerissen würde.
    Instinktiv löse ich mich aus dem Kreis, taumele auf das Feuer zu. Hinter mir schließt sich der Kreis wieder, nimmt mich in der Mitte der unheimlichen, fremd-vertrauten Gestalten gefangen. Ich stolpere und falle fast besinnungslos zu Boden, als mich wieder dieser Schmerz durchzuckt. Selbst in meinem Traum kann ich das Gras unter meinem Körper riechen, süß und feucht. Mit beiden Händen versuche ich, mich hochzustemmen. Wieder auf die Füße zu kommen.
    Aber es ist weder mein Fall, noch mein Versuch, wieder aufzustehen, der mich schließlich aus dem Schlaf – und aus dem Traum – reißt. Nein. Es ist meine Hand, die auf der festen Erde liegt. Oder besser gesagt: nicht meine Hand. Mein Handgelenk und das Medaillon, das, an das Samtband geknüpft, an meinem Handgelenk liegt.
    Das

Weitere Kostenlose Bücher