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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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treten. Da der Vater es selbst nicht weit gebracht hatte, drillte und schlug er seinen Sohn. Wie bei Ludwig van Beethoven sollte dieser junge Mann trotz anfänglicher Enttäuschung seinen Vater stolz machen.
    Durch seine stählerne Disziplin, seinen geschickten Umgang mit Schusswaffen und sein umfangreiches Wissen über Militärgeschichte, stieg er rapide auf in der Militärhierarchie.
    Mit 25 Jahren heiratete er eine blonde Schönheit aus einer ebenfalls einflussreichen preußischen Familie. Mit ihr hatte er einen Sohn und eine Tochter. In jenen Tagen wachte Heinz stets mit einem Lächeln im Gesicht auf.
    1902 wurde er zum Generalmajor befördert und nach Deutsch-Südwestafrika abkommandiert. Da er sich nicht von seiner Familie trennen wollte und die Dauer seines Dienstes ungewiss blieb, nahm er seine Familie mit. Sie bezogen ein herrschaftliches Anwesen in der Nähe von Windhuk.
    1903 zeichnete sich schon ein Aufstand der Ureinwohner des Landes gegen die europäischen Eindringlinge ab. Während einer seiner Einsätze überfiel eine Horde von Herero sein Anwesen, tötete die Wachsoldaten und seine Familie.
    Ab diesem Tage an wachte Heinz Rüdiger stets mit einer finsteren Miene im Gesicht auf, wenn er überhaupt einmal schlafen konnte.
    „ Das waren aber Schwarze, Herr Generalmajor. Hier handelt es sich um Weiße. Und um Christen wie Euch.“
    Der Generalmajor zeigte keine Regung im Gesicht. „Das spielt für uns keine Rolle.“
    Der Jüsbaschi grinste verstohlen wie ein ein eklatantes Geheimnis

 
    verbergender Jüngling.
    Der Deutsche fand sich selbst hilflos in der Bredouille vor.
    Er zog seinen Säbel und eilte durch die Tür in das Gebäude. Der Blonde, Adjutant Johann Lieb, schaute den Türken entsetzt an wie ein Mensch nach der Kunde einer schrecklichen Nachricht.
    Der Generalmajor trat aus dem Raum, stand nun in der Tür, zum Jüsbaschi gewandt, mit seiner linken Hand den abgeschlagenen Kopf der Armenierin haltend. Er starrte den Türken schnaubend an wie ein zum Zweikampf herausfordernder Boxer. „Zweifelt Ihr immer noch an meiner Loyalität?!“
    Johann wandte sich erschrocken ab. Er übergab sich. Der Türke zeigte sich amüsiert. Er verneigte sich. „Ich bitte Euch um Vergebung.“
    Der Deutsche warf das Haupt der Leiche verächtlich auf den Boden. „Johann, wisch diesen Dreck weg!“
    Johann lag immer noch ängstlich am Boden.
    „Lasst den Jungen. Ich werde einen unserer Männer mit der Reinigung beauftragen.“
    Mustafa bestieg sein Ross. „Morgen früh kommt Ihr mit mir mit in die Stadt. Dort lebt ein Abgesandter der Regierung von Konstantinopel. Wir werden gut miteinander auskommen, Ihr und ich, Herr Generalmajor.“
    Rüdiger verneigte sich. Als er aufschaute, lächelte er. „Ich freue mich, Euch bei der Umsetzung Eures Planes zur Seite zu stehen, mein Herr.“ 
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     

 
    Muchtar Murad
     
     
    Vormittags hielten sich nicht viele Bewohner unten im Dorf auf. Die Menschen standen bei Sonnenaufgang auf und erledigten in den ersten Stunden des Morgens ihre Arbeit. Mittags zogen sich alle zurück in ihre Häuser. Um diese Uhrzeit erstickte die sengende Sonne alles Leben. Viehzüchter, Hirten, Gemüsehändler, Jäger und Priester, alle blieben in ihren Häusern und diskutierten im Kreise ihrer Familien. Die Häuser waren nicht schalldicht. Wenn jemand im Haus an einem Ende des Dorfes laut rief, konnten sogar die Bewohner des letzten Hauses am anderen Ende von Badibe den Rufenden akustisch gut verstehen.
    Es war jetzt vormittags, also konnte Muchtar Murad sogar schreien und niemand im Dorf würde etwas davon mitbekommen. „Wie oft habe ich es dir gesagt!“ Er gab die übelsten Schimpfwörter von sich. Johannes rührte sich nicht, das war das einzig Richtige, was er in diesem Augenblick tun konnte. Sein Vater war ein Choleriker, ja sogar manisch-depressiv war er. Der Bürgermeister von Badibe beschimpfte seinen Sohn so heftig, dabei war dies für aramäische Verhältnisse nichts Unübliches. Manche Kraftausdrücke gehörten sogar zum täglichen Gebrauch dazu und wurden nicht als Beleidigungen aufgefasst. So hörte man oft das Wort „Jatumo“, was soviel wie Bastard oder Waise bedeutete. Besonders die Alten verwendeten es oft, waren sie alle doch schon „Jatume“ gewesen. Die Kinder lernten diese Fachausdrücke von den Alten. Alte Aramäer stritten sich oft und warfen sich gegenseitig die übelsten Schimpfwörter an den Kopf. Wer solche

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