Romy & Alain: Eine Amour fou (German Edition)
1964–1968
»Und dann rief Alain an«
»Haben Sie manchmal daran gedacht, Ihre Karriere aufzugeben?«, fragte ein Journalist Romy Schneider Ende der 1960er Jahre. Sie antwortete, fast ein wenig erschrocken: »Nein, nein.«
»Sie denken nie daran?«
»Doch, es wird passieren.«
»Was könnte Ihrer Karriere ein Ende setzen?«
»Ich, ich selbst. Sonst nichts. Ich denke ungern daran.« 306
Mit dem Abstand von einigen Jahren erinnert sich Romy Schneider an die schmerzvolle Zeit zwischen dem Herbst 1963 und dem Herbst 1964, spricht über die Verlobungszeit davor von »fünf oder sechs Jahren ständige Angst oder ›Nicht-Zusammenleben‹ mit Delon [...] Das war schmerzhaft. Das tat weh.« 307 Es sei, als ob die Sterne herabgefallen wären, schildert sie die Situation ihrer Freundin Christiane Höllger 1964 in Paris. Noch sind die Wunden zu tief, kann sie nichts relativieren. Sie spricht von Schmerzen, deretwegen sie sich nicht schämt, von einer notwendigen Zeit der Verarbeitung und retrospektiv von einer verfahrenen Situation, deren Ende ihr bereits zuvor bewusst war. Über ihr Privatleben hat sie sich immer Gedanken gemacht, darüber gesprochen, geschrieben, über weite Strecken ihres bisherigen Lebens hat sie dieses jedoch ihrer Arbeit, ihrem Beruf untergeordnet. Schließlich ist sie eine Schauspielerin, kann für sich in Anspruch nehmen, eine lange, nicht einfache, aber am Ende beeindruckende Entwicklungdurchlaufen zu haben. Die wenigen engen Vertrauten aus der früheren Zeit beobachteten die Entwicklung, viele haben das Scheitern der Beziehung lange vor dem faktischen Ende vorhergesehen.
Romy und Alain seien sehr verliebt ineinander gewesen und fünf Jahre zusammengeblieben, verknappt Jean-Claude Brialy die äußeren Umstände, sucht Parallelen in großen Liebesgeschichten der Kunstgeschichte wie George Sand und Frédéric Chopin, Paul Verlaine und Arthur Rimbaud, die ebenfalls im Alltag wenig sanft miteinander umgingen. Und er führt aus: »Sie waren sich ebenbürtig in Talent, Ruhm und Geld. Ihre Beziehung war sehr exzessiv. Die beiden gefielen sich in einer täglichen Schlacht: Romy war eifersüchtig und autoritär, Alain ehrgeizig und besitzergreifend. Da waren zwei Menschen, die sich gegenseitig belauerten, die manchmal sehr hart miteinander umgingen.« 308
Es ist Romy, die im Jahre 1965 wieder telefonischen Kontakt zu Delon sucht und bald darauf festhält, dass sie nun gute Freunde seien. Man telefoniert gelegentlich, trifft sich jedoch vorerst nicht. Wie viel Zeit die Aufarbeitung gedauert haben mag, weiß sie nicht mehr zu sagen, erkannte nur plötzlich nach vielen Monaten, dass sie darüber hinweg ist. Von nun an könne Delon jederzeit zu ihr kommen, er sei als Freund willkommen – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nun kann sie Gemeinsames wieder in den Vordergrund stellen: »Wir können und mögen uns erinnern. Es ist alles schon so lange her und es ist ganz und gar nicht unangenehm, ihn wiederzusehen.« 309
1965 ist für Romy Schneider ein Jahr der entscheidenden Veränderungen oder zumindest eines, in der solche ihren Anfang nehmen. In diesem Jahr stirbt Romys Stiefbruder, Blatzheims Sohn Dieter, bei einem Autounfall. Der Vater überlebtseinen Sohn um drei Jahre. Hans Herbert Blatzheim stirbt am 1. Mai 1968 in seiner Villa Maro im Alter von 62 Jahren an einem Herzinfarkt. Zwei Jahre zuvor hatte er noch in einem Illustriertenartikel für mehr Bewegung und gesündere Ernährung im Alter geworben. Sein Kontakt zu Romy war seit dem Scheitern ihrer Verlobung mit Delon nur mehr spärlich. Zu seinem Begräbnis kann Romy aus Termingründen nicht anreisen, sie dreht zu jener Zeit den Film Otley ( Ein Pechvogel namens Otley ) in London, danach aber verbringt sie einige freie Wochenenden mit ihrer trauernden Mutter in Berchtesgaden.
Im April 1965 wird Romy Schneider in Berlin, wohin sie wegen zweier Restauranteröffnungen ihres Stiefvaters ihrer Mutter zuliebe reist, der deutsche Schauspieler und Regisseur Harry Meyen, mit bürgerlichem Namen Harald Haubenstock, vorgestellt. Sie verliebt sich, zieht zu ihm nach Deutschland, am 15. Juli 1966 heiraten die beiden während der Dreharbeiten zu Triple cross ( Spion zwischen zwei Fronten ) in Saint Tropez. Harry Meyen ist einundvierzig, Romy Schneider siebenundzwanzig. Es habe einen Mann gegeben, mit dem sie nicht leben konnte, sagt sie, und nun gebe es einen, mit dem sie leben will. Die sechs Jahre an der Seite von Alain Delon sieht sie rückwirkend als
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