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Liebe und Völkermord

Liebe und Völkermord

Titel: Liebe und Völkermord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Imran
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Matthias hingegen erkannte darin ein Omen. Erst kürzlich war sein kleiner Bruder gestorben und schon bald würde diese Frau sterben. Sollte dies etwa das Omen für den baldigen Tod aller Dorfbewohner sein, fragte er sich.
    In all diesen grauenhaften Vorstellungen dachte er noch einmal über das Gespräch mit dem Mönch nach. Wieder wurde er deprimiert. All diese Männer, von denen er erzählt hatte, hatten Macht, und das war, was diese von vielen Männern begehrten Frauen zu ihnen hinzog. War also der Schlüssel zum Sieg der Liebe der eigene hohe soziale Status? Er senkte deprimiert sein Haupt, denn er war weder ein mächtiger noch ein reicher Mann. Und er würde es wohl nie werden. Also würde er Meridschan und Soraja wohl nie für sich gewinnen können.
    Doch dann kam ihm ein weiterer Gedanke. Mochte es gewiss der hohe soziale Status dieser Männer gewesen sein, weswegen diese Frauen ihnen ihre Liebe erwiderten. Jedoch muss es doch ihre Liebe an sich oder ihr guter Charakter gewesen sein, warum diese Frauen am Ende ihr Leben für ihre Geliebten opferten. Sie taten dies nicht der Ehre oder des Status der Männer wegen, sondern aufgrund ihrer aufrichtigen Liebe für diese Männer. Sie liebten also tatsächlich diese Männer, ihre Art, ihren Charakter oder was es auch immer gewesen war, also das Besondere an ihnen. Nun keimte Hoffnung in ihm auf.
    Als sie das Dorf betraten, kam Magdalena wie ein irres Kaninchen auf sie zu. „Johannes, der Sohn des Bürgermeisters, hat auf den Wesir geschossen! Johannes, der Sohn des Bürgermeisters hat auf den Wesir geschossen!“
     
    Magdalena schrie so laut wie die Händler vom Basar von Mardin. Sie kam von der Nordseite des Dorfes, rannte an Aljas und Antar vorbei direkt in die Mitte des Dorfes, klopfte an die Tür von einigen Häusern und schrie währenddessen heraus, Johannes sei des Wesirs Attentäter gewesen.
    Die Dorfbewohner waren aufgebracht. Sogar Soro, der Jeside, und seine Familie kamen aus ihren Häusern heraus, um zu erfahren, was geschehen sei.
    Abuna Isa ermahnte das Mädchen, leise zu sein, doch sie fuhr in ihrem Tun fort. Muchtar Murad wollte sie ergreifen, doch war der alte Soldat nicht so flink wie sie. Einige der Jungen lachten über sie. Die Mädchen empörten sich.
    Ein Raunen ging durch das Dorf.
    Endlich kam Johannes zu seinem Vater. Murad zog ihn am Ohr ins Haus. Von draußen konnte man Johannes' Schreie hören.
    In der Mitte des Dorfes war es nun so laut wie auf einer Hochzeit. Aljas und Antar waren zur Menschenmenge hinzugetreten.
    „ Sie ist noch ein kleines Kind. Sie sagt nicht die Wahrheit. Sie hat sich wohl mit Johannes gestritten. Ihr wisst doch, wie die Kinder von heute sind“, sprach der Abuna zur Menge. Er wollte die Dorfbewohner beruhigen. Doch gerade Muksi Antar und Danho, sein Sohn, unterstellten dem Abuna, er wolle Johannes nur decken aus persönlichem Motiv. Schließlich war Johannes der Sohn des Bruders seiner Frau. Der Pfarrer wies den Vorwurf von sich. Die Sippe des Antar jedoch beharrte auf ihren Vorwurf dem Pfarrer gegenüber. Sie warfen ihm des Weiteren böswillige Absichten vor, er und der Muchtar hätten ihnen die Wahrheit verschwiegen.
    Aljas ermahnte Antar und seine Söhne, sie sollten Respekt vor dem Abuna haben.
    Isa, Matthias' Vater trat vor, er sagte, er hätte seinen Sohn wegen der Laune dieses Jungen verloren. Jedoch sei dies nicht der Moment von Wehklagen, sie müssten nun überlegen, wie sie es den Moslems erklären sollten. Sein Sohn Isa unterstützte seinen Vater. Hinter ihm drängte sich Aziz vor. Matthias' ältester Bruder beugte sich zu seinem jüngsten Sohn vor. Jener flüsterte in sein Ohr: „Ich bin dabei gewesen. Johannes ist es gewesen. Ich schwöre es.“
    Isa schaute seinem Sohn in die Augen, er hielt den Zeigefinger seiner rechten Hand vor seinen Mund. Er solle niemand etwas davon sagen und er würde später mit ihm darüber reden, flüsterte er seinem Sohn ins Ohr.
    Die Menschenmenge war immer noch sehr laut. Schließlich hob der Abuna seine Arme gen Himmel, so wie er es beim Abhalten des Gottesdienstes in seiner Kirche immer tat. Die Badeboje wurden ruhig. Er zeigte mit seiner linken Hand auf Soro, den Jesiden. Jener trat näher an den Abuna heran und wandte sich der Menge zu. „Was geschehen ist, ist geschehen. Ihr könnt es nicht mehr ändern. Ihr müsst jetzt die Ruhe wahren. Wenn ihr nicht zusammenhaltet, werden ihr schnell ausgelöscht werden. Was auch immer sich ereignet hat. Wer auch immer es

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