Liebe Unerwuenscht
ließ.
»Finden Sie heraus, wer der Zeuge ist, der mich gesehen haben will«, beauftragte Jennifer ihn. »Und durchleuchten sie dessen persönliches Umfeld. Sie wissen schon . . .«
Heilmann war lange genug Jennifers Anwalt, um zu verstehen, was sie meinte. Es war eine ihrer Lieblingsstrategien; den Gegner auszukundschaften und dann an einer empfindlichen Stelle zu treffen. Und sei es nur, um dessen Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen.
Aber Heilmann wusste auch, dass Sasse mit dieser Strategie rechnete. Nicht umsonst hielt der Kommissar die Identität des Zeugen geheim. Es galt einige Quellen anzuzapfen, und es würde eine Weile dauern, bis man ans Ziel kam. Das gab Heilmann Jennifer auch zu verstehen.
»Ja, ja. Ich weiß«, erwiderte Jennifer ungeduldig. »Versuchen Sie einfach die Sache so schnell wie möglich zu erledigen.«
Jennifer legte auf, sank mit dem Oberkörper erschöpft zurück aufs Bett und starrte frustriert die Zimmerdecke an. Sie hasste es zu warten.
Nach der Visite kam die Schwester noch zweimal in ihr Zimmer. Caroline Malin ließ sich nicht blicken. Jennifer nahm es zur Kenntnis. Die plötzliche Distanz im Verhalten der Ärztin wunderte sie, aber Jennifer war zu sehr mit dem Gehtraining beschäftigt, um sich den Kopf darüber zu zerbrechen.
Mittlerweile klappte es mit dem Gehen ganz gut. Die Anspannung ließ allerdings die Operationsnarbe schmerzen.
Das Läuten des Telefons zog Jennifers Aufmerksamkeit auf sich. Sie nahm ab, während sie sich aufs Bett setzte. Es war Heilmann. Das ging ja doch recht schnell, dachte Jennifer zufrieden.
»Schlechte Neuigkeiten, Frau Feiler«, dämpfte Heilmann jedoch ihre Freude.
»Als Anwalt sollten Sie lernen, positiv zu formulieren«, erwiderte Jennifer trocken. »Na los, raus damit.«
»Sarah Wagner hat ihre Aussage geändert. Leider zu Ihren Ungunsten.«
»Wie bitte?« fragte Jennifer ungläubig. »Was ist da passiert?«
»Ich weiß nur so viel: Sasse hat sie erneut befragt, und im Ergebnis dieser Befragung hat Frau Wagner ihre Angabe zum Zeitpunkt korrigiert, an dem Sie bei ihr ankamen. Dieser Zeitpunkt ließe es durchaus zu, dass Sie zur Tatzeit bei Markus Frey waren.«
Das war wirklich eine schlechte Nachricht. »Ich muss unbedingt mit Sarah reden. Schaffen Sie sie zu mir ins Krankenhaus«, befahl Jennifer. »Ich werde das schon klären.«
Sie war überzeugt, Sasse hatte Sarah unter Druck gesetzt. Warum sonst sollte Sarah ihr so in den Rücken fallen? In einem unter vier Augen geführten Gespräch mit Sarah wollte sie herausfinden, ob ihr Verdacht stimmte. Und Jennifer war überzeugt, Sarah dazu bewegen zu können, wieder ihren ersten Standpunkt zu beziehen.
»Was ist mit der Wache vor meiner Tür? Wann wird die endlich abgezogen?« fragte sie ungeduldig. »Ich komme mir ja langsam vor wie eine Schwerverbrecherin.«
»Ähm«, druckste Heilmann.
»Heilmann?« In Jennifers Stimme schwang ein drohender Ton.
»Solange Frau Wagner bei dieser Aussage bleibt, haben wir keine Chance auf Aufhebung des Haftbefehls.«
»Wie bitte?« Jennifer sprang auf – und bereute es sofort. Der Schmerz in ihrem Bauch stach höllisch. Sie biss die Zähne zusammen, konnte aber nicht verhindern, dass sich ein Stöhnen ihrem Mund entrang.
Heilmann hielt es für einen unterdrückten Wutausbruch. »Ich tue, was ich kann, diesen Zeugen zu finden«, versicherte er eilig.
»Ja, das hoffe ich doch sehr«, presste Jennifer hervor und legte auf. Bewegungslos und mit zusammengekrümmtem Oberkörper verharrte sie.
»Schlechte Nachrichten?« fragte da eine ihr wohlbekannte, angenehme Stimme von der Tür her. Jennifer hob den Kopf. Sie hatte nicht bemerkt, wie Caroline das Zimmer betreten hatte.
»Kann man wohl sagen.« Jennifer versuchte sich aufzurichten. Beim Anblick der Ärztin fühlte sie, wie der Frust über ihre missliche Lage ein wenig in den Hintergrund trat. Seltsam, fand Jennifer. Sie fühlte sich angenehm ruhig und spürte wenigstens einen Teil ihrer gewohnten Energie zurückkehren. Den Teil, der sie Carolines Bewegungen interessiert verfolgen ließ, während diese näherkam.
»Haben Sie Schmerzen?« fragte Caroline angesichts der verkrampften Haltung ihrer Patientin. Sie drückte Jennifer leicht nach hinten und bedeutete ihr sich hinzulegen. Dann machte sie Jennifers Bauch frei, tastete behutsam rund um die Wunde ab. »Tut das weh?«
»Darauf können Sie wetten.«
»Und hier?« Carolines Finger drückten jetzt Jennifers oberen Brustkorb ab, dort, wo
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