Liebe Unerwuenscht
schnauben.«
»Hat er sich selbst zuzuschreiben. Ich habe mit diesem Kleinkrieg nicht angefangen.«
»Wird Beatrice Sasse sich darauf einlassen?« fragte Heilmann sachlich.
»Da bin ich mir ziemlich sicher. Wir werden Sasse so richtig fertigmachen«, triumphierte Jennifer, im Gegensatz zu ihrem Anwalt überhaupt nicht sachlich. »Dem vergeht die Lust, sich mit mir anzulegen!«
Sie war in Hochstimmung. »Eine phantastische Idee, was Heilmann? Sie deichseln das! Sie sind nicht umsonst mein Lieblingsanwalt.« Dass sie ihn eben noch barsch angefahren hatte, hatte Jennifer bereits wieder vergessen.
»Das freut mich zu hören«, sagte Heilmann eher reserviert. Er teilte die Euphorie seiner Mandantin nicht. Falsche Zeugen waren auch immer unsichere Zeugen. Aber – sie waren besser als gar keine. Und im Interesse seiner Mandantin durfte er nicht wählerisch sein.
Jennifer legte zufrieden auf. Plötzlich war es ganz und gar nicht mehr nervend, in diesem Zimmer allein zu sein und zu warten, sondern sie empfand eine Art Vorfreude. Eine Vorfreude auf Sasses entgleisende Gesichtszüge, wenn er erfuhr, dass sie ein neues Alibi hatte, und besonders wer dieses war.
»Ist mein Zimmer noch frei?«
Caroline sah verdutzt auf Jennifer, die in der Tür ihres Büros stand. Es war später Nachmittag, und Caroline schlug sich mit Papierkram herum. Eigentlich hatte sie seit einer Stunde Feierabend.
»Jennifer!«
»Ich habe Ihre Gesellschaft doch zu sehr vermisst und mich deshalb entschlossen zurückzukommen«, verkündete Jennifer ihrem verdatterten Gegenüber.
Caroline war gar nicht nach Scherzen zumute. »Als Ärztin begrüße ich Ihren Entschluss, als Freu. . . andererseits will ich an die weiteren Folgen für Sie lieber nicht denken.«
In Jennifers Gesicht zeichnete sich kurz Verwunderung ab, dann lächelte sie. »Nur keine Sorge – Freundin .« Sie schaute Caroline eindringlich an.
Caroline, die das Wort ohne Überlegung verwendet hatte, zumindest, bis sie dessen erste Hälfte über die Lippen hatte, wusste in dem Moment, da sie umschwenkte und den Satz umformulierte, dass sie Jennifer mal wieder die Gelegenheit für eine ihrer ironischen Bemerkungen geliefert hatte. Aber da war es schon zu spät.
Die Betonung, die Jennifer in das Wort legte, war jedoch weit entfernt von jeder Ironie. Sie sprach es voller Wärme aus, voller Dankbarkeit. Caroline fragte sich – nicht zum ersten Mal –, wie Jennifer eigentlich wirklich war. Natürlich steckten in jedem Menschen mehrere, einander widerstreitende Parts, aber einer war der dominierende. Welcher war es bei Jennifer?
»Keine Sorge«, sagte die jetzt, während sie sich auf den Stuhl setzte, der vor Carolines Schreibtisch stand. »Wenn Sasse sich auf mich stürzen will wie der Wolf auf die sieben Geißlein, dann habe ich einen Stein für ihn, der ihm mächtig schwer im Magen liegen wird.«
In Erinnerung an das Gespräch mit Beatrice lächelte Jennifer. Beatrice war gern bereit ihr zu helfen. Die Idee, ihrem Ex-Mann ein wenig das armselige Verhalten heimzuzahlen, das er ihr gegenüber bei der Trennung an den Tag gelegt hatte, gefiel Beatrice. Die Beschimpfungen und Flüche, die sie ertragen musste, seine Drohungen, und als das nichts half, sein Flehen, all das stieß ihr immer noch unangenehm auf. Allerdings hatte Beatrice Jennifer das Versprechen abgenommen, dass sie nichts mit Freys Tod zu tun hatte.
»Diese Sarah Wagner war hundert Prozent bei dir?«
»Ja, Beatrice«, versicherte sie. Dass es sich dabei um eine Halbwahrheit handelte, störte Jennifer nicht. Immerhin hatte sie Frey nicht getötet. Nur darum ging es schließlich.
»Ich werde das nachprüfen. Du weißt, als Journalistin habe auch ich so meine Leute. Und wehe dir, du hast mich verarscht. Ich kann dir das Leben mindestens genauso zur Hölle machen wie mein debiler Ex-Mann.«
Nach dem Telefonat mit Beatrice hatte Jennifer aus dem Hotel ausgecheckt, war in ein Restaurant gegangen, hatte das beste gegessen, was die Karte hergegeben hatte, einen guten Wein getrunken und sich ein Taxi bestellt, das sie zum Krankenhaus gebracht hatte.
Sie fühlte sich wie neugeboren. Die Welt drehte sich wieder richtigherum. Die Dinge liefen, wie sie sollten. Und vor allem: Sie sah nicht mehr ohnmächtig zu, sondern hatte wieder das Ruder in der Hand.
Dass Caroline sich gerade auch noch verraten und ihre . . . Sympathie? . . . Zuneigung? . . . jedenfalls etwas in dieser Richtung gestanden hatte, rundete die
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