Liebe Unerwuenscht
ich.«
Auch Caroline schaltete auf das ursprüngliche Thema um. »Aber dann gibt diese neue Alibizeugin Ihnen ein falsches Alibi?«
Jennifer schüttelte den Kopf. »Sie gibt mir kein falsches Alibi, sie ist nur die falsche, die das Alibi gibt. Das Alibi selbst ist echt.« Na ja, fast jedenfalls.
»Nennen Sie mich spitzfindig, aber ist das bei einer Verhandlung nicht unzulässig?«
»Was soll ich tun? Laut Sasse hat meine eigentliche Alibizeugin sich gegen mich gewendet, und zu allem Überfluss versteckt er sie.«
»Und was ist an der neuen Zeugin so Besonderes? Sie sagten, sie würde Sasse schwer im Magen liegen.«
»Es ist Beatrice, seine Ex-Frau.«
Caroline starrte Jennifer mit offenem Mund an.
Die grinste. »Sehen Sie, bei Ihnen wirkt es auch. Was meinen Sie, wie er darauf erst reagieren wird?«
»Weiß er es schon?«
Jennifer hob ihren linken Arm, sah auf ihre Uhr. »Vor zwanzig Minuten hat mein Anwalt ihn von der Neuigkeit informiert. Ich vermute, Sasse kocht bereits wie ein Dampfkessel. Mein Anwalt hat ihn auch informiert, dass ich zurück ins Krankenhaus gehe. Wie Sie sehen, ist Sasse nicht hier. Ich schätze, der Fall ist damit für mich erledigt. Es ist Sasses Entscheidung, von welcher der beiden Zeuginnen er die Aussage aufnehmen will.«
Caroline schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Mit allem hätte ich gerechnet, aber nicht damit.«
»Ja, ich war auch begeistert, als ich die Idee hatte«, erwiderte Jennifer selbstzufrieden.
»Und nun?«
»Nun flicken Sie mich wieder zusammen. Ich verspreche Ihnen, diesmal werde ich eine ganz pflegeleichte Patientin sein.«
6.
J ennifer hielt ihr Versprechen, ergab sich ohne Murren den Untersuchungen, die Caroline anordnete, schluckte brav ihre Medikamente. Nach vier Tagen konnte Jennifer Feiler das Krankenhaus verlassen. Caroline teilte es ihr am Morgen bei der Visite mit.
»Sie können Ihren Chauffeur anrufen, dass er Sie abholt. Eine Kopie Ihrer Krankengeschichte schicke ich an Doktor Karsten. Das war’s.«
Jennifer nickte. »Danke.«
»Aber nicht, dass Sie jetzt denken, Sie sind schon wieder völlig hergestellt. Ich empfehle Ihnen, die nächste Woche noch kürzerzutreten. Für den Sechzehn-Stunden-Tag eines Workaholics, der Sie sicher sind, reicht es noch nicht.«
»Ist angekommen«, sagte Jennifer folgsam, so dass es Caroline schon fast wieder unheimlich vorkam. Überhaupt war Jennifer in den Tagen nach ihrer Rückkehr ins Krankenhaus nicht nur weniger nervig, sondern richtig umgänglich gewesen. Beinah eine angenehme Gesellschaft, wie Caroline bei ihren Besuchen in Jennifers Zimmer empfand. Was dazu führte, dass sie sie öfter besuchte, als ihre Arbeit es erforderte. Jennifer schien das zu gefallen. Sie lächelte ihr freudig zu, sobald sie den Raum betrat. Schnell gerieten sie in eine Unterhaltung über Gott weiß was, stritten schon mal ein wenig lauter, bis eine von beiden rigoros abbrach oder einfach in Lachen ausbrach. Jennifer machte auch hier und da Witzchen, aber keine schlüpfrigen.
Caroline hatte dafür nur eine Erklärung. Die Anspannung, unter der Jennifer gestanden hatte, als sie von der Polizei bewacht und des Mordes verdächtigt worden war, war schuld daran gewesen, dass sie so unausstehlich gewesen war.
Denn dass die kürzliche Standpauke eine solche Wirkung auf Jennifer gehabt haben sollte, das glaubte Caroline kaum. Oder spielte Jennifer ihr nur etwas vor?
»Dann habe ich so gesehen Zeit, Sie zum Essen einzuladen«, meinte Jennifer jetzt wie nebenbei. »Was mögen Sie lieber, italienisch oder griechisch oder was ganz anderes?«
Caroline versuchte sich ihre Überraschung und – ja verdammt! – Freude nicht anmerken zu lassen. Allerdings begleitet von einem Zwiespalt. Sie hatte zwar keine Regel in der Art, sich nie von einem Patienten oder einer Patientin einladen zu lassen, aber sie hatte die Regel, diese Einladung nur anzunehmen, wenn sie nicht mehr als ein Dankeschön sein sollte. Jennifer hatte, sogar deutlich erklärte, Absichten. Allerdings, argumentierte Caroline sich selbst gegenüber, in den letzten Tagen hatte Jennifer keinerlei Andeutungen mehr in diese Richtung gemacht. Vielleicht war die Einladung also wirklich nur eine Geste des Dankes. Vielleicht hatte Jennifer sich aber auch alle Andeutungen verkniffen, um sich eine Chance zu erhalten, diese Einladung auszusprechen, ohne von vornherein damit rechnen zu müssen, einen Korb zu bekommen.
Was wäre so schlimm daran, Caroline? Das
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